Neu im Kino: "Holy Spider"

Erdrosselt mit dem eigenen Kopftuch

08:21 Minuten
Filmstill aus dem Film "Holy Spider": Eine Frau mit Kopftuch telefoniert an einer Telefonzelle.
Ermittelt, um Morde an Prostituierten aufzuklären: die Journalistin Rahimi (Sahra Amir Ebrahimi). © picture alliance / ASSOCIATED PRESS
Von Anke Leweke |
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Der Regisseur Ali Abbasi erzählt in "Holy Spider" von einem Serienmörder im Iran, der es auf Prostituierte abgesehen hat. Das Töten wird effektvoll in Szene gesetzt, doch Opfer und gesellschaftliche Hintergründe der Taten bleiben unterbelichtet.

Um was geht es?

Die Journalistin Rahimi reist in die Heilige Stadt Maschhad. Dort wurden innerhalb weniger Monate mehrere Frauen brutal ermordet. Sie möchte herausfinden, warum die Ermittlungen nur schleppend vorangehen, und wer der Täter ist. Bei den mit ihrem eigenen Kopftuch erdrosselten Frauen handelt es sich ausschließlich um Prostituierte. Auf eigene Faust recherchiert Rahimi nachts allein auf dunklen Straßen und Plätzen.

Was ist das Besondere?

Der Film basiert auf realen Ereignissen. Von 2000 bis 2001 tötete Saeed Hanaei Prostituierte aus religiösem Fanatismus, weil er seine Stadt Maschhad „säubern“ wollte. Der Regisseur Ali Abbasi ist in Teheran aufgewachsen, mittlerweile lebt und arbeitet er in Schweden. Mit seinem vorherigen Film „Border“ um skandinavische Trolle katapultierte er sich auf die Landkarte des internationalen Autorenkinos – und bewies, dass man im Gewand des Fantasy-Genres durchaus Themen wie Ausgrenzung und Fremdenfeindlichkeit verhandeln kann.

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„Holy Spider“ wiederum ist von seiner Dramaturgie und seinem Spannungsaufbau her eine Mischung aus Ermittlungs- und Serienmörderfilm. Man erfährt, dass es sich bei den ermordeten Prostituierten fast ausschließlich um alleinerziehende Mütter handelte, die in einer finanziellen Misere steckten. Doch warum müssen wir dem Serienkiller in aller Ausführlichkeit beim Töten zusehen? Weshalb bleibt die Kamera nicht bei der Journalistin? Seltsam fasziniert arbeiten sich Regie und Drehbuch an der Psyche des Killers ab, der, wenn seine Taten nicht auf dem Titelblatt erscheinen, erbost die Zeitungsredaktion anruft.

Fazit

„Holy Spider“ setzt die pervertierten Symptome einer misogynen Gesellschaft effektvoll in Szene, doch letztlich bleiben die Opfer und die gesellschaftlichen Hintergründe der Morde unterbelichtet.

„Holy Spider“
2022 Dänemark, Deutschland, Schweden, Frankreich
Regie: Ali Abbasi
mit Sahra Amir Ebrahimi, Mehdi Bajestani, Arash Ashtiani
119 Minuten, FSK 16

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