Laute ohne Lungenluft
Wenn im Film "Avatar" die blauen Bewohner zum Sprechen ansetzen, dann hat einer die Fäden in der Hand: Paul Frommer. Er hat die Sprache der Außerirdischen entwickelt - und es gibt Fans, die lernen sie sogar.
Das war Na'vi. Eine typische Begrüßung, gesprochen vom Schöpfer der Sprache, Paul Frommer. Er hat Na'vi für den Film Avatar entworfen. James Cameron's Science-Fiction-Epos erzählt von der Bedrohung des Planeten Pandora und seiner katzenartigen, naturverbundenden blauen Bewohner durch Invasoren von der Erde.
Der promovierte Linguist lehrte eigentlich Managementkommunikation an der University of Southern California. Doch ein Uni-Kollege leitete ihm eine Mail weiter, in der Hollywood nach einem Sprachschöpfer suchte. Frommer las, war begeistert und bewarb sich.
Frommer erinnert sich noch gut an Camerons Vorgabe für die neue Sprache: "He wanted it to sound complicated and beautiful."
Kompliziert und doch schön sollte Na'vi klingen. Und natürlich anders, nicht wie eine schon bestehende Sprache. Vier Monate brauchte Frommer, um das Grundgerüst zu entwerfen. Er begann mit dem Klangbild und stützte sich dabei auf das Drehbuch von James Cameron, das schon die Namen der Charaktere enthielt und mancher Orte.
"Sie klangen für mich etwas polynesisch, ein bisschen wie Hawaiianisch. Ich habe aber weitere Laute hinzugefügt, die man nicht im Polynesischen findet, etwa die Ejektive: Diese Laute werden nicht mit Luft von der Lunge gebildet, sondern von der Stimmritze im Kehlkopf."
Eintopf verschiedener Sprachzutaten
Es sind Laute, die man eher in den indianischen Sprachen Nordamerikas findet. Na'vi ist also in gewisser Hinsicht ein Eintopf verschiedener Sprachzutaten. Den kulinarischen Vergleich zieht Frommer selbst.
"Die Laute, die man nicht in die Sprache aufnimmt sind genauso wichtig wie die, die man einbaut: Damit Na'vi fremd klingt, hat es zum Beispiel nicht die fürs Englische typischen stimmhaften Verschlusslaute. Es ist wie beim Kochen: Wenn Sie alle Gewürze ins Essen tun, die bei Ihnen im Regal stehen, gibt das einen Mansch - aber wenn Sie bewusst auswählen und verzichten, dann bekommen Sie etwas mit Charakter."
Auf der Basis dieses Klangbilds musste Frommer sich Hunderte von Wörtern ausdenken. Und manchmal ging er dabei - naja, nicht unbedingt streng wissenschaftlich vor. Etwa beim Wort für "glücklich".
Nitram ist gleichzeitig der Name von Frommers Bruder Martin, rückwärts gelesen.
Sprache den Schauspielern beibringen
Kaum standen die Grundzüge der Sprache, musste Frommer sie auch schon den Schauspielern beibringen, darunter auch echte Stars wie Sigourney Weaver. Frommer sprach für alle Beispieltexte ein, die die Schauspieler immer wieder anhören konnten.
"Ich finde, sie haben alle einen bemerkenswerten Job gemacht. Es war ja ziemlich schwierig: Sie mussten Text lernen in einer Sprache, die nie jemand gehört hat, da geht es nicht nur um die Aussprache von Wörtern, sondern auch um Intonation und Betonung, damit es natürlich klingt - als wäre es wirklich ihre Sprache."
Man muss kein Linguist sein, um zu verstehen, wie viel Spaß Frommer das alles gemacht hat. Fragt sich nur, ob der normaler Kinozuschauer diesen Aufwand auch zu schätzen weiß.
"Wahrscheinlich nicht."
Ein kleiner Teil des Publikums aber hat sich regelrecht in die neue Sprache verliebt: Es gibt inzwischen eine lebhafte Szene von Fans, die sich selbst Na'vi beigebracht haben: Sie diskutieren in Online-Foren über die Sprache, schreiben sich auf Facebook Na'vi-Botschaften - und es gibt bei YouTube sogar Na'vi-Sprachkurse.