Ein Überwachungsskandal als Komödie
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Während des Kalten Krieges überwachte die Schweiz Hunderttausende ihrer Bürger. "Linke und Ausländer und alle, die nicht ganz dem System entsprachen", sagt Micha Lewinsky. Der Regisseur hat die Ereignisse in der Komödie "Moskau einfach!" verarbeitet.
Der brave Polizeibeamte Viktor wird als verdeckter Ermittler ins Züricher Schauspielhaus eingeschleust, um Informationen über linke Theaterleute zu sammeln. Viktor verliebt sich in die Schauspielerin Odile, die er eigentlich observieren soll, und muss sich entscheiden zwischen Auftrag und Herz.
Das ist in Kurzfassung die Story der Komödie "Moskau einfach!" des Schweizer Regisseurs Micha Lewinsky, die ab November in die deutschen Kinos kommt. Das Besondere an dem Film: Er hat einen realen Hintergrund, den sogenannten "Fichenskandal", der die Schweiz vor etwa 30 Jahren erschütterte.
Damals wurde öffentlich, dass über Jahrzehnte "Linke und Ausländer und alle, die nicht ganz dem System entsprachen", überwacht worden seien, sagt Regisseur Micha Lewinsky. "Und zwar richtig viele!"
Prominentes Fichen-Opfer: Max Frisch
Informationen über Hunderttausende Bürger hatte der Staatsschutz auf sogenannten "Fichen", einer Art Karteikarten, gesammelt.
"Und es gab kleine Polizeibeamte, die auch ziemlich überfordert waren mit dem Job, denen man gesagt hat: Jetzt lass dir die Haare wachsen, zieh dir schmutzige Hosen an und geh zum Feind. Und die standen dann in der Jugendbewegung rum oder sonst unter vermeintlichen Staatsfeinden und haben sich notiert, was sie halt mitgekriegt haben." Und auch wenn das meist nicht sehr viel war, hätten sie damit doch einige Biografien ruiniert: "Unter anderem auch ihre eigenen, ihre Karrieren."
Auch Regisseur Lewinsky hat es zu einer Fiche gebracht, obwohl er in den 1980er-Jahren gerade mal ein Teenager war. "Da stand drin, dass ich als Primarschüler die russische Botschaft angerufen hätte – was ich auch gemacht habe – um zu fragen, ob sie Informationen über die Transsibirische Eisenbahn haben, weil ich in der Schule einen Vortrag halten musste", sagt er. "Und diese Anfrage bei der russischen Botschaft wurde vermerkt, dafür habe ich eine Karte gekriegt inklusive 'Alias nicht bekannt' etc."
Natürlich sei im Grunde nicht er überwacht worden, sondern offenbar routinemäßig die russische Botschaft. Aber: "Wer dort angerufen hat, war schon mal verdächtig."
(uko)