Aktivisten rufen zu Boykott von Disneyproduktion auf
08:13 Minuten
Beim Dreh des Films "Mulan" soll Disney mit den Behörden in der chinesischen Provinz Xinjiang zusammengearbeitet haben. Chinas Regierung geht dort gegen die uigurische Minderheit vor. Aktivisten rufen zum Boykott des Films auf.
An die 200 Millionen US-Dollar soll die Disney-Produktion "Mulan" gekostet haben. Ob die Summe wieder eingespielt werden kann, ist ziemlich ungewiss. Wegen Corona wurde der Kinostart verschoben, der Film ist stattdessen als Stream bei Disney+ abrufbar. Hinzu kommt allerdings, dass Menschenrechtsaktivisten dazu aufrufen, den Film zu boykottieren.
"Wenn Sie sich ‚Mulan’ ansehen, blenden Sie nicht nur die Brutalität der Polizei und die rassistische Ungerechtigkeit aus, sondern sind auch potenziell an der Masseneinkerkerung muslimischer Uiguren beteiligt", schreibt beispielsweise auf Twitter der Aktivist Joshua Wong aus Hongkong.
Denn der neue Disney-Film "Mulan" spielt nicht nur im Norden Chinas, er wurde dort auch gedreht, in der Provinz Xinjiang. In diesem Landesteil geht der chinesische Staat gegen die Uiguren vor. Aktivisten sagen, dass rund eine Million Menschen der muslimischen Minderheit ohne Anklage und ohne Urteil in Internierungslagern eingesperrt wurden.
Im Abspann wird den Sicherheitsbehörden gedankt
"Das ist auch ein Grund dafür, dass da heftige Kritik kommt: Dass dort gedreht wurde, wo der chinesische Staat massiv die Menschenrechte verletzt und die Menschen dort unterdrückt", sagt unser Chinakorrespondent Steffen Wurzel. "Natürlich hat da Disney mit der kommunistischen Staatsführung Chinas zusammengearbeitet." Das belegt auch der Abspann des Films, in dem den Sicherheitsbehörden aus Xinjiang gedankt wird.
"Dass im Abspann wirklich explizit vier verschiedenen offiziellen Propagandabüros der kommunistischen Führung in Xinjiang gedankt wird, außerdem noch dem Büro für Staatssicherheit in der Stadt Turpan – das ist eine der besonders von den Menschenrechtsverletzungen betroffenen Städte, sagen Aktivisten –, das ist aus der Sicht vieler ein Riesenskandal."
Boykottaufrufe werden in China ignoriert
In China sei davon allerdings kaum etwas zu spüren, so Wurzel: "Die ganzen Protest- und Boykottaufrufe werden von der chinesischen Staatspresse ignoriert." Stattdessen sei man in dem Land "stolz", dass die asiatisch-chinesische Geschichte verfilmt wurde.
Denn in der Disney-Produktion wird ein altes chinesisches Gedicht über Hua Mulan aufgegriffen: Es handelt von einer jungen Frau, die verkleidet als Soldat in den Krieg zieht, weil es sonst ihr altersschwacher Vater tun müsste. Nicht nur, dass diese Geschichte verfilmt wurde, auch dass in China gedreht wurde, sei für die Propagandaabteilung der chinesischen Staats- und Parteiführung ein "Riesenerfolg".
China gewinnt in Hollywood an Einfluss
Der Film sei ein weiterer Beleg dafür, dass China einen größeren Einfluss in Hollywood bekomme, meint Wurzel. Anzeichen und Warnungen diesbezüglich gebe es allerdings schon seit vielen Jahren. Denn die Einnahmen für Hollywoodfilme aus China werden immer wichtiger, die Zahl der Kinos und Kinobesucher steigt in dem asiatischen Land stetig.
Deswegen schaut Hollywood immer genauer darauf, was beim chinesischen Publikum ankommt. Auch die Finanzierung von Hollywoodprojekten durch chinesische Investoren wie den Online- und Computerspielkonzern Tencent hat zugelegt.
Das sei auch in Bezug auf Themen wie Zivilgesellschaft, Überwachung oder Aufbegehren gegen Diktaturen zu spüren. "All solche Themen werden von der Staatszensur nicht zugelassen. Da kann man natürlich sagen: Je mehr China Einfluss in Hollywood hat, desto weniger gesellschaftskritische Themen tauchen auf."
(lkn)