Am Anfang war Gewalt
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Mit Gewaltexzessen geriet die norwegische Black-Metal-Szene in den 80er-Jahren in die Schlagzeilen. "Lords of Chaos" von Skandalregisseur Jonas Åkerlund thematisiert diese Jahre und der Film sei überraschend sensibel, meint Kritiker Jörg Buttgereit.
Satanismus, angezündete Kirchen, Mord und Selbstmord: Mit spektakulären Gewaltexzessen und drastischen Provokationen geriet die norwegische Black-Metal-Szene in den 1980er-Jahren in die Schlagzeilen.
So habe beispielsweise die Band Mayhem die Leiche ihres Sängers "Dead", der sich mit einer Schrotflinte das Leben genommen hatte, auf einem Plattencover abbilden wollen, sagt der Autor, Regisseur und Filmkritiker Jörg Buttgereit. "So weit ist es nicht gekommen, aber das waren alles so Gerüchte, die haben dieser Metalszene international unheimliche Glaubwürdigkeit gegeben."
Regisseur Jonas Åkerlund - immer für einen Skandal gut
Der Geschichte dieser Szene widmet sich jetzt der Spielfilm "Lords of Chaos", der in ausgewählten Kinos zu sehen ist. Regie führte Jonas Åkerlund, früher selbst Schlagzeuger in einer Metal-Band und bekannt als Regisseur skandalträchtiger Musikvideos wie Prodigy's "Smack my bitch up" oder das "pornografische Video 'Pussy'" für die Band Rammstein. "Also, das sind so eigentlich kalkulierte Skandale, die der auf seiner Agenda hat", sagt Buttgereit.
Diesem Ruf ist Åkerlund bei "Lords of Chaos" offenbar nicht gerecht geworden. Im Gegenteil: "Es scheint dem Akerlund hier wirklich um was zu gehen. Er hat eigentlich eine sehr sensible und fast subtile Art, die Sachen zu zeigen." So verzichte der Film darauf, zu dämonisieren oder zu glorifizieren:
"Mich hat der Film an die Hand genommen und hat mir gezeigt: okay, die wollten eigentlich nur spielen, aber sie haben es so ernst gemeint, dass alles ganz schrecklich wurde", sagt Buttgereit. "Man kommt da raus und denkt sich: Oh Gott, die armen Kinder!"
Gleichzeitig sensibilisiere "Lords of Chaos" auch für den Extremismus dieser Szene, die sich schließlich auch auf Nazis oder die Wikinger berufen hätte:
"Die haben auch wirklich mit Symbolen wie Hakenkreuzen und so um sich geworfen, weil die einfach respektlos waren und weil die ihren Weltschmerz eben rausbrüllen wollten", so Buttgereit. "Also, da ist einfach eine Todessehnsucht mit drin."
Insgesamt sei der Film "ein bisschen so wie Aktenzeichen XY gucken, nur mit ein bisschen mehr Blut, weil die Szenen, in denen der Selbstmord passiert oder der Mord an dem Mayhem-Gitarristen am Schluss – diese Szenen sind schon extrem eklig und gewalttätig", findet unser Kritiker. Aber die Gewalt würde nicht voyeuristisch dargestellt, sondern hätte eher abschreckenden Charakter.
(uko)