Filme der Woche
"Eine andere Liga" zeigt den Kampf eines jungen türkischen Mädchens gegen eine tödliche Krankheit und für ihre Liebe. In "München" rekonstruiert Regisseur Steven Spielberg die Ereignisse nach den Olympischen Spielen 1972 in München, bei denen elf israelische Sportler von palästinensischen Terroristen getötet wurden. Danach startete der israelische Geheimdienst einen blutigen Rachefeldzug. Parallelen zum "Krieg gegen Terror" drängen sich nahezu auf.
"Eine andere Liga"
Deutschland 2004; Regie: Buket Alakus; Darsteller: Karoline Herfurth, Thierry van Wervecke, Ken Duken u.a.
Der zweite Spielfilm der 1971 in Istanbul geborenen und im Alter von vier Jahren nach Hamburg gekommenen Deutschtürkin Buket Alakus provoziert sofort den Vergleich mit dem erfolgreichen Mädchenfußballfilm "Kick it like Beckham", ohne wirklich dieselbe Problematik zu haben. Auch hier behauptet sich ein Mädchen in einer Konfliktsituation, indem sie darauf besteht, Fußball zu spielen. Aber der Konflikt besteht nicht darin, sich gegen Traditionen ihrer Herkunft zur Wehr setzten zu müssen (würde sie ihren Vater nicht Baba nennen, wäre die Heldin anfangs gar nicht als Deutsch-Türkin zu identifizieren), sondern in einem einsamen Kampf gegen sich selbst, gegen ihren kranken Körper.
Wie ihre Mutter, die daran starb, hat Hayat Brustkrebs. Nach der Amputation besteht ihr liebevoll-verständnisloser Vater darauf, das Training abzubrechen, die Medikamente schwächen die 20-Jährige derart, dass es einfach ein Gebot der Vernunft ist. Aber für sie würde das die Aufgabe jeglichen Lebenswillens bedeuten und so macht sie in einer kuriosen, multikulturellen Mädchenmannschaft in Hamburg St. Pauli heimlich weiter.
Dort trifft sie auch den eigenwilligen Trainer Tony. Die Liebesgeschichte, die sich daraus entspinnt, hat dann die starken emotionalen Momente, die der Film bis dahin vermissen ließ. Mit ihrem verstümmelten Körper, ohne die Unterstützung ihres Vaters, hat die gebeutelte Einzelkämpferin Angst, sich zu offenbaren, überhaupt eine Lebensmöglichkeit als Frau zu finden.
Dieser emotionale, wirklich berührende Kraftakt wird von der jungen Darstellerin Karoline Herfurth auf bewundernswerte Weise gemeistert. Eine Konzentration darauf hätte dem Film sicher gut getan, der sonst in eine Schublade rutscht, in die er eigentlich nicht gehört: um Mädchenfußball geht es hier wirklich nur der Optik wegen, es ist ein Vehikel, dass möglicherweise junge Zuschauer ins Kino ziehen soll.
Auf dem Saarbrücker Max-Ophüls-Festival und beim Filmfest Emden bekam "Eine andere Liga" den Publikumspreis.
"München"
USA 2005, Regie: Steven Spielberg; Darsteller: Eric Bana, Geoffrey Rush, Daniel Craig, Hans Zischler u.a.
In seinem Politthriller wirft Steven Spielberg ethisch-moralische Fragen des Krieges gegen den islamischen Terror auf, die so aktuell sind, dass sie kontroverse Bewertungen des Hollywoodfilmes provozieren. Das geht bis dahin, Steven Spielberg Parteinahme für die Terroristen zu unterstellen. Die Handlung beginnt 1972 mit Bildern vom Attentat der palästinensischen Terrororganisation "Schwarzer September" auf israelische Sportler bei den Olympischen Spielen in München und endet mit einem Panoramablick auf die Skyline von New York, der die Zwillingstürme des World Trade Centers noch nicht fehlen.
Dieser Rahmen ist eindeutig, Steven Spielberg zeigt die Spirale der Gewalt, die zur Katastrophe führte und immer von neuem führt. Und er lässt sie beginnen mit einem Auftrag, den Israels Ministerpräsidentin Golda Meir persönlich einem jungen Mossad-Agenten erteilt: Avner soll die Drahtzieher des Münchener Attentats ausfindig machen und töten. Für dieses "unmoralische Angebot" muss er den israelischen Geheimdienst verlassen, bekommt aber unbegrenzte Mittel, den Freibrief zu töten, wen er will, und ein hoch motiviertes Team internationaler Spezialisten, die als Schläfer in Europa aktiviert werden.
Dann läuft die gut geölte Todesmaschinerie ab. Der Terrortrupp eilt von Schauplatz zu Schauplatz und tötet vermeintliche palästinensische Rädelsführer, bis sich bei Avner Zweifel an der Legitimität seines Tuns einstellen. Nicht nur, dass er für das Aufspüren der Opfer einen privaten, wie ein Familienunternehmen geführten, französischen Geheimdienst in Anspruch nehmen muss, der nur die Orte, aber keine Beweise liefert, nicht nur, dass sein Team im blutigen Kampf dezimiert wird, er lernt auch die "Gegenseite" kennen und erfährt, dass ihre Sehnsucht die gleiche ist, wie seine: einen Platz auf Erden, den man Heimat nennen kann. Aus Gewissengründen wird Avner seinen Auftrag nicht zu Ende führen und als Gehetzter enden.
Steven Spielberg möchte seinen Film als "Gebet für Frieden" verstanden wissen, als Appell, die Gewaltspirale endlich zu durchbrechen. In dieser Absicht wird er von Menschen guten Willens sicher verstanden. Trotzdem oder vielleicht gerade deshalb ist dieses Filmerlebnis genauso quälend wie der politische Prozess: eine Gewaltspirale, in der immer wieder Menschen sterben, die wir nicht kennen, getötet von Menschen, mit denen wir uns nicht identifizieren können.
Links bei dradio.de:
Kulturinterview: Wolffsohn: Eine Demokratie muss ihre Bürger schützen
Historiker hält Vergeltungsaktionen Israels nach 1972 für gerechtfertigt
Deutschland 2004; Regie: Buket Alakus; Darsteller: Karoline Herfurth, Thierry van Wervecke, Ken Duken u.a.
Der zweite Spielfilm der 1971 in Istanbul geborenen und im Alter von vier Jahren nach Hamburg gekommenen Deutschtürkin Buket Alakus provoziert sofort den Vergleich mit dem erfolgreichen Mädchenfußballfilm "Kick it like Beckham", ohne wirklich dieselbe Problematik zu haben. Auch hier behauptet sich ein Mädchen in einer Konfliktsituation, indem sie darauf besteht, Fußball zu spielen. Aber der Konflikt besteht nicht darin, sich gegen Traditionen ihrer Herkunft zur Wehr setzten zu müssen (würde sie ihren Vater nicht Baba nennen, wäre die Heldin anfangs gar nicht als Deutsch-Türkin zu identifizieren), sondern in einem einsamen Kampf gegen sich selbst, gegen ihren kranken Körper.
Wie ihre Mutter, die daran starb, hat Hayat Brustkrebs. Nach der Amputation besteht ihr liebevoll-verständnisloser Vater darauf, das Training abzubrechen, die Medikamente schwächen die 20-Jährige derart, dass es einfach ein Gebot der Vernunft ist. Aber für sie würde das die Aufgabe jeglichen Lebenswillens bedeuten und so macht sie in einer kuriosen, multikulturellen Mädchenmannschaft in Hamburg St. Pauli heimlich weiter.
Dort trifft sie auch den eigenwilligen Trainer Tony. Die Liebesgeschichte, die sich daraus entspinnt, hat dann die starken emotionalen Momente, die der Film bis dahin vermissen ließ. Mit ihrem verstümmelten Körper, ohne die Unterstützung ihres Vaters, hat die gebeutelte Einzelkämpferin Angst, sich zu offenbaren, überhaupt eine Lebensmöglichkeit als Frau zu finden.
Dieser emotionale, wirklich berührende Kraftakt wird von der jungen Darstellerin Karoline Herfurth auf bewundernswerte Weise gemeistert. Eine Konzentration darauf hätte dem Film sicher gut getan, der sonst in eine Schublade rutscht, in die er eigentlich nicht gehört: um Mädchenfußball geht es hier wirklich nur der Optik wegen, es ist ein Vehikel, dass möglicherweise junge Zuschauer ins Kino ziehen soll.
Auf dem Saarbrücker Max-Ophüls-Festival und beim Filmfest Emden bekam "Eine andere Liga" den Publikumspreis.
"München"
USA 2005, Regie: Steven Spielberg; Darsteller: Eric Bana, Geoffrey Rush, Daniel Craig, Hans Zischler u.a.
In seinem Politthriller wirft Steven Spielberg ethisch-moralische Fragen des Krieges gegen den islamischen Terror auf, die so aktuell sind, dass sie kontroverse Bewertungen des Hollywoodfilmes provozieren. Das geht bis dahin, Steven Spielberg Parteinahme für die Terroristen zu unterstellen. Die Handlung beginnt 1972 mit Bildern vom Attentat der palästinensischen Terrororganisation "Schwarzer September" auf israelische Sportler bei den Olympischen Spielen in München und endet mit einem Panoramablick auf die Skyline von New York, der die Zwillingstürme des World Trade Centers noch nicht fehlen.
Dieser Rahmen ist eindeutig, Steven Spielberg zeigt die Spirale der Gewalt, die zur Katastrophe führte und immer von neuem führt. Und er lässt sie beginnen mit einem Auftrag, den Israels Ministerpräsidentin Golda Meir persönlich einem jungen Mossad-Agenten erteilt: Avner soll die Drahtzieher des Münchener Attentats ausfindig machen und töten. Für dieses "unmoralische Angebot" muss er den israelischen Geheimdienst verlassen, bekommt aber unbegrenzte Mittel, den Freibrief zu töten, wen er will, und ein hoch motiviertes Team internationaler Spezialisten, die als Schläfer in Europa aktiviert werden.
Dann läuft die gut geölte Todesmaschinerie ab. Der Terrortrupp eilt von Schauplatz zu Schauplatz und tötet vermeintliche palästinensische Rädelsführer, bis sich bei Avner Zweifel an der Legitimität seines Tuns einstellen. Nicht nur, dass er für das Aufspüren der Opfer einen privaten, wie ein Familienunternehmen geführten, französischen Geheimdienst in Anspruch nehmen muss, der nur die Orte, aber keine Beweise liefert, nicht nur, dass sein Team im blutigen Kampf dezimiert wird, er lernt auch die "Gegenseite" kennen und erfährt, dass ihre Sehnsucht die gleiche ist, wie seine: einen Platz auf Erden, den man Heimat nennen kann. Aus Gewissengründen wird Avner seinen Auftrag nicht zu Ende führen und als Gehetzter enden.
Steven Spielberg möchte seinen Film als "Gebet für Frieden" verstanden wissen, als Appell, die Gewaltspirale endlich zu durchbrechen. In dieser Absicht wird er von Menschen guten Willens sicher verstanden. Trotzdem oder vielleicht gerade deshalb ist dieses Filmerlebnis genauso quälend wie der politische Prozess: eine Gewaltspirale, in der immer wieder Menschen sterben, die wir nicht kennen, getötet von Menschen, mit denen wir uns nicht identifizieren können.
Links bei dradio.de:
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