Filme der Woche

Vorgestellt von Hans-Ulrich Pönack |
"16 Blocks" ist ein passabler Spannungsfilm, in Quasi-Action-Thriller-Kammerspielform erzählt. In "The Big White" dominiert der ganz schräge Komödien-Charme. Der Film mit dem doppelbödigen Titel "Die Jahreszeit des Glücks" wiederum ist ein sensibel erzählter Gegenwarts-Blick auf die gespaltene Lebens-Seele bei unserem Nachbarn in Tschechien.
16 Blocks
USA 2006
Regie: Richard Donner
Darsteller: Bruce Willis, Mos Def, David Morse, Alfre Woodard, Nick Alachiotis, Brian Andersson, Robert Bizik, Shon Blotzer, Cylk Cozart, Heather Dawn, Tig Fong, Eli Harris, Sam Kung, Ben Li, Casey Sander, David Zayas

"16 Blocks" von Richard Donner, einem Genre-Haudegen (vom Jahrgang '39, heute also 66) in Hollywood (die "Lethal-Weapon"-Serie mit Mel Gibson und Danny Glover; "Superman - The Movie"; "Das Omen"), der hier ein passablen Spannungsfilm in Quasi-Action-Thriller-Kammerspielform erzählt. Mit Bruce Willis als ausgebranntem, alkoholabhängigem und beinverletztem New Yorker Cop, für den ein zunächst ganz unkomplizierter Auftrag zu einem Alptraum und Selbstfindungstrip werden soll.

Dabei gilt es, den schwarzen Kleinkriminellen Eddie in das nur 16 Häuserblocks entfernte New Yorker Gerichtsgebäude zu bringen, damit der dort seine Aussage machen kann. Doch dann stellen sich korrupte wie brutale Kollegen aus den eigenen Reihen in den Weg, um Eddie umzubringen. Und Jack Mosley sieht sich gezwungen, sofort Position beziehen zu müssen: Will er's weiterhin verhältnismäßig "bequem" haben, oder steigt er wieder in den Ring zurück und kämpft, fightet?

Bruce Willis als in die Jahre gekommener, abgewrackter, müder Polizist mit Schnauzbart und dicker Wampe ist ein Prima-Anti-Held-Erlebnis und eine ebensolche Klasse-Karikatur seiner sonstigen Leinwand-Kerle, während Hip-Hopper Mos Def als nervende, moralisierende Quasselstrippe bestens mithält. Gute, solide Unterhaltungsware.


The Big White - Immer Ärger mit Raymond
USA / Kanada / Neuseeland 2005
Regie: Mark Mylod
Darsteller: Robin Williams, Holly Hunter, Giovanni Ribisi, Alison Lohman, Woody Harrelson

"The Big White - Immer Ärger mit Raymond", von Mark Mylod (einem hierzulande unbekannten Regisseur); ist eine mit deutschem Fond-Geld hergestellte Co-Produktion Kanada/Neuseeland/USA und im "eisigsten Eis" überhaupt angesiedelt: In einer Kleinstadt in Alaska. Dort ist ein Reisebürobesitzer, der auf Südseereisen spezialisiert ist, völlig blank. Zudem leidet seine Ehefrau an einer "extremen" psychischen Störung, deren Behandlung die Krankenkasse nicht bezahlen will. Um die Pleite abzuwenden, will er an die Lebensversicherung seines seit fünf Jahren verschwundenen Bruders Raymond heran.

Doch fortan steht ihm sowohl ein von seinem Ehrgeiz zerfressener junger Versicherungsagent ebenso im Weg, wie zwei Möchtegern-Gangster, deren Leiche er "benutzt". Und die diese aber unbedingt für ihren Boss "benötigen". Und dann taucht auch noch sein widerwärtiger, "toter" Bruder auf. Alles klar? Hier sind die "Bösen" die, mit denen man mitfiebert, und die "Guten", denen man die Pest an den Hals wünscht. Dazu aberwitzige/abartige Situationen mit ebensolchem "schwarzem Humor", absurde Verwicklungen, kunterbunt-originelle eisige Wendungen. Also: Es dominiert der ganz schräge Komödien-Charme, mit durchweg skurrilem Personal und bissigen Pointen.

Und: Die ganze Chose funktioniert ordentlich, weil namhafte Akteure hier gerne "die krumme Sau" 'rauslassen: "Oscar"-Star Robin Williams ("Good Will Hunting"; "Good Morrning, Vietnam", "Der Club der toten Dichter") trickst vergnüglich-böse herum; "Oscar"-Preisträgerin Holly Hunter ("Das Piano") darf köstlich und ausgiebig herumfluchen; Woody Harrelson ("Larry Flint" - Die nackte Wahrheit"; "Natural Born Killers") ist einmal mehr der (ganz) üble Typ überhaupt, und Giovanni Ribisi ("Heaven" von Tom Tykwer) bekommt als Gerechtigkeitsfanatiker pausenlos-schön die Gusche poliert. Ein feines Ensemble, das sich hier zu einem angenehm- "schlimmen", überdrehten schwarzen Spaß zusammengefunden hat. Typisch-"unordentliche", feine "Okay"-Unterhaltung ...

Die Jahreszeit des Glücks
Tschechien/Deutschland 2005
Regie: Bohdan Slama
Darsteller: Tatiana Vilhelmová, Pavel Liska, Anna Geislerová, Marek Daniel, Bolek Polívka

"Die Jahreszeit des Glücks" von Bohdan Slama, heißt im Original "Stesti", was übersetzt wiederum "Freude, Glück" bedeutet, ist eine Co-Produktion Tschechien/D, gewann nicht nur das A-Festival von San Sebastian und die Hauptpreise bei den Festivals von Montreal und Athen, sondern kam zuhause in Tschechien auf fast beachtliche 200.000 Kino-Zuschauer, und wurde dort damit zum bislang erfolgreichsten Kinofilm überhaupt.

Der (nach dem vielfach Festival-prämierten Debütfilm "Wilde Bienen", 2001) zweite Film des 39-jährigen Nachwuchstalents Bohdan Slama entstand innerhalb von zwei Jahren chronologisch in der Industriestadt Most und erzählt von den zerfallenden Werten und der Lebensglücksuche innerhalb einer "schwierigen", gebeutelten Neuen Tschechischen Gesellschaft. Zwei Freundinnen, die eine wird krank, die andere "übernimmt" deren beider Kinder: Inmitten einer resignierenden Eltern-Generation, der Banalität des Alltäglichen, inmitten einer von der lokalen Industrie gebeutelten Landschaft und der vagen Sehnsucht nach Flucht, Wohlstand und überhaupt menschlicher Wärme geht es um den Dennoch-Lebensmut einiger "Anpackender". Mit "ungefilterten", wahrhaftigen, leisen Emotionen und vielen Berührungsmomenten, die zugleich wärmen wie dann auch erschüttern. Motto: Wie soll man das Leben hier gestalten? Wie findet man unter solch "unruhigen, trostlosen Bedingungen" überhaupt zu sich selbst?

Der Film mit dem doppelbödigen Titel "Die Jahreszeit des Glücks" ist ein sensibel wie glaubwürdig erzählter und gespielter Gegenwarts-Blick auf die gespaltene Lebens-Seele bei unserem Nachbarn. Mit sehr viel Feingefühl, aktueller Beobachtungsgabe und inszenatorischem Geschick hergestellt und einer schönen, abschließenden Realismus-Pointe: Autor und Regisseur Bohdan Slama und seine Frau adoptierten die beiden Kinder, die im Film mitspielen, nach dem Ende der Dreharbeiten. Was für ein wunderschönes Werk, die Arthouse-Kinos dürfen sich über einen neues Programm-Highlight freuen.