"Monsieur Claude und seine Töchter"
Regie: Philippe de Chauveron; u.a. mit Christian Clavier, Chantal Lauby, Noom Diawara
Frankreich 2014, 97 Minuten
Fratze des Rassismus
Die vier Töchter von Monsieur Claude haben sich in den Augen der Eltern zweifelhafte Partner gesucht: einen Juden, einen Moslem, einen Chinesen - und einen Schwarzen. Der Film könnte eine Antwort auf den Rechtsrutsch in Frankreich sein. Doch anstatt Stereotype zu demontieren, bestätigt der Film sie in einer Abfolge von Kalauern.
Den Culture Clash hat sich diese in Frankreich äußerst erfolgreiche Komödie schon mit der Handlung auf die Fahne geschrieben. Monsieur Claude und seine Frau führen ein bourgeoises Leben auf dem französischen Lande. Drei ihrer Töchter sind bereits verheiratet, nur zum Leidwesen der Eltern eben nicht mit einem "richtigen" Franzosen, sondern mit einem Juden, einem Moslem und einem Chinesen. Nun kündigt die vierte Tochter ihre Ehe an, ihr Herz hat ein katholischer Franzose erobert.
Was sie allerdings verschweigt, ist, dass er ein Schwarzer ist. Nicht nur die Eltern sind verstört, auch die drei Schwestern und deren Männer schauen mit Argusaugen auf die Beziehung. Bei den Versuchen, die Hochzeit und die zarte Liebe zu torpedieren, muss so mancher der Beteiligten einen Kulturschock erleiden, prallen nationale Ressentiments aufeinander. Man könnte denken, dass nach dem Rechtsrutsch in Frankreich dieser Film perfekt zur aktuellen Lage passt. Doch nur auf dem Papier!
Der Schwarze als Sexobjekt
"Ein bisschen rassistisch sind wir doch alle, nicht wahr ?" Was hat so ein Satz in dieser Komödie zu suchen, die kulturelle Differenzen aufgreift? Stellt sich Regisseur Philippe de Chauveron einen Freibrief aus? Dabei darf doch gerade die Komödie die Grenzen überschreiten, mit den Stereotypen und Klischees spielen. Nur muss das Genre sie mit gelebten Leben und Biografien füllen.
Doch einen Alltag gibt es in diesem Film erst gar nicht, einen Alltag, der zeigt zu welchen Konflikte das bunte multikulturelle Mit- und Gegeneinander führen kann. Statt dessen werden nur die offensichtlichsten Klischees zitiert, der Geschäftssinn des Juden, das intrigante Verhalten des Arabers, der Schwarze als Sexobjekt, geht es um Beschneidungsrituale und Vorhautzwischenfälle. Brav und bieder wird ein voraussehbarer Gag oder besser Kalauer an den anderen gereiht, ohne dass Tempo aufkommt, ohne die Situationen so richtig zu überdrehen, so dass der Rassismus seine wahre schreckliche Fratze zeigen kann.
De Chauveron macht es sich zu einfach
Und muss man uns direkt ansprechen? Mit dem Satz "Rassisten sind wir doch alle" holt der Regisseur den Zuschauer ins Boot, anstatt ihn des rassistischen Denken zu überführen. Und vielleicht passt der Film gerade deshalb in diese Zeiten, weil er zeigt, dass ja nicht nur die Franzosen rassistisch sind, sondern auch die anderen einander nicht tolerieren, sogar mit Fäusten aufeinander losgehen. In solchen Momenten werden Vorurteile eher bestätigt als demontiert.
Ohnehin macht es sich de Chauveron in vielerlei Hinsicht zu einfach, weil die drei Schwiegersöhne nicht aus der Banlieue kommen, sondern schon längst im Zentrum der Gesellschaft stehen. Sie sind tüchtige Geschäftsleute, angesagte Anwälte, alle sozialen Konflikte werden so von Beginn an ausgeblendet. Auch erfährt man nichts Näheres über ihre Biografie, über ihren Umgang mit ihrer Herkunft. Man erfährt aber, dass sie aufrechte Patrioten sind, wenn sie in voller Länge die Marseillaisse singen. Stolz blickt der Vater dann auf seine Schwiegersöhne.