Die besten Filme über Gehörlose
Worte aus Zeichen: Die junge Lara (Sylivie Testud, links) übersetzt für ihre gehörlosen Eltern in allen möglichen Lebenslagen. © picture-alliance / KPA Copyright, KPA Honorar und B
Jenseits der Stille
05:34 Minuten
Oscar-Favorit „Coda“ ist das Remake der französischen Tragikomödie „Verstehen Sie die Béliers?“ und erzählt die Geschichte einer hörenden Tochter von gehörlosen Eltern. Gehörlosigkeit ist im Kino jedoch nicht neu, wie unsere Top Five zeigen.
Mit drei Nominierungen – Bester Film, Bestes Drehbuch, Bester Nebendarsteller – gilt Siân Heders Film „Coda“ als ziemlich heißer Oscar-Favorit. „Coda“ – bei uns auf AppleTV+ zu sehen – ist der Fachbegriff für „Children of deaf adults“. Hartwig Tegeler mit den besten Filmen über Gehörlose, darunter einige Oscar-Kandidaten bzw. Gewinner der Trophäe.
Platz 5 – "Gottes vergessene Kinder“ von Randa Haines (1986)
Ein vertrautes Kinobild: neuer Lehrer voller Elan, Engagement, Ambitionen. Aber das Besondere dieser Schule: Sie ist für gehörlose Kinder. „Gottes vergessene Kinder“ ist kein Schuldrama à la „Der Club der toten Dichter“, sondern eine Liebesgeschichte zwischen diesem neuen Lehrer und Sarah. Sarah, die Putzfrau, ist ehemalige Schülerin der Schule, und sie ist gehörlos.
Randa Haines erzählt von einer komplexen Beziehung, deren Kern der Respekt über die unterschiedliche Wahrnehmung der Welt durch den Hörenden und die Gehörlose ist. Der im März verstorbene William Hurt und die gehörlose Schauspielerin Marlee Matlin spielen bewegend herausragend. Matlin gewann 1986 für ihre Rolle den Oscar. In „Coda“, dem heißen Kandidaten-Film im Jahr 2022, spielt sie die Mutter.
Platz 4 – „Jenseits der Stille“ von Caroline Link (1996)
Auch Lara in diesem Oscar-nominierten Film ist eine „Coda“ — hörendes Kind gehörloser Eltern. Man könnte bei dieser Geschichte über eine Tochter, die für ihre gehörlosen Eltern die Stütze in deren Leben ist, die die Liebe zur Musik entdeckt und sie als Sprungbrett für ihren Freiheitsentwurf wählt, man könnte den Eindruck haben, dass der Regisseur von „Verstehen Sie die Béliers“ – die „Coda“-Vorlage – bei „Jenseits der Stille“ kräftig abgekupfert hat. C
aroline Link ist dabei gegenüber dem französischen und US-Feel-Good-Movie um einiges realistischer bei den sozialen und familiären Konflikten, die die hörende Tochter und die gehörlosen Eltern austragen. Lara jedenfalls – gespielt von Sylvie Testud – braucht viel Kraft, um sich vom Vater zu lösen. Caroline Link inszeniert sehr sensibel einen Selbstfindungsprozess.
Platz 3 – „The Tribe“ von Myroslaw Slaboshpyzkiy (2014)
Die Radikalität des ukrainischen Jugenddramas zeigt sich in diesen zwei Sätzen auf schwarzen Hintergrund: „Dieser Film ist in Gebärdensprache. Er gibt keine Untertitel und kein Voice-Over“. Eine radikale ästhetische Entscheidung, die konsequent ist bei dieser gnadenlosen Geschichte, bei dieser Inszenierung eines sprachlosen Raums, in den der gehörlose Teenager Sergey eintritt, als der neu in das Gehörlosen-Internat kommt.
"The Tribe“ ist der Namen der Gang in dieser Institution, in der Gewalt und Prostitution Alltag sind – organisiert und koordiniert vom Hausmeister. Die Welt der Gehörlosen als Metapher für den Kapitalismus, denn verdienen wolle alle in dieser Schule – ob Anerkennung oder Geld. Und eine düstere Erkenntnis hält „The Tribe“ auch noch bereit: Weil jemand ein Defizit hat, nicht hören kann, wird er nicht zum besseren Menschen. Diese Illusion treibt uns Filmemacher Myroslaw Slaboshpyzkiy aus.
Platz 2 – „Wonderstruck“ von Todd Haynes (2017)
Die Geschichte zweier Jugendlicher im Abstand von 50 Jahren. Ben, zwölf Jahr alt, verliert bei einem Blitzschlag sein Gehör. Die 1970er-Jahre. Das von Geburt an gehörlose Mädchen Rose lebt in den 1920er in New Jersey. Sowohl Ben wie Rose machen sich auf nach New York, auf der Suche nach Verwandten und ihren Träumen.
Und die laute Welt, da draußen, in welchem Jahrzehnt auch immer, wird für die beiden gehörlosen Kinder zu einer wahren Heldenreise. Roses Geschichte in „Wonderstruck“ ist übrigens inszeniert als Schwarz-weiß-Stummfilm.
Platz 1 – „Sound of Metal“ von Darius Marder (2019)
Ruben, Schlagzeuger, verliert sein Gehör und damit den Halt in seiner Welt. „Sound of Metal“ hat eine außergewöhnliche Klangkulisse, inszeniert vom französischen Sounddesigner Nicolas Becker, in denen Stimmen und Geräusche gedämpft wie unter Wasser wirken. Wir bekommen so einen Eindruck von dem, was dieser immer verzweifeltere Mann noch akustisch wahrzunehmen fähig ist.
Eine eindrucksvolle Inszenierung, doch am Ende zählt vor allem der Moment, in dem Ruben seine Implantate abnimmt, um so den verzerrten Störgeräuschen, die die produzieren, zu entkommen. Das Staunen über die Stille, die Ruben jetzt das erste Mal hört und akzeptiert, in Riz Ahmeds Gesicht zu sehen … tief bewegend.