Die besten Papstfilme
Porträt des Papstes als junger Mann: Im Film "Karol - Ein Mann, der Papst wurde" verkörpert Piotr Adamczyk den polnischen Priester Karol Wojtyła, der 1978 sein Amt als Johannes Paul II. antrat. © picture-alliance / dpa / dpaweb
Wo Päpste auch Mensch sein dürfen
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Kurz nach dem Zweiten Weltkrieg erschien der erste Papstfilm. Seither floriert das Genre – womöglich auch deshalb, weil Päpste so gute Projektionsflächen für die Krisen und Utopien ihrer Zeit sind.
Papst Leo XIII. spricht 1903 das „Ave Maria“ auf Platte, es ist die älteste überlieferte Tonaufnahme eines Papstes. Sieben Jahre zuvor hatte er sich bereits als erster Papst filmen lassen.
Der Vatikan zeigte früh Interesse an den neuen Medien. 1931 wurde als einer der ersten staatlichen Sender der Welt „Radio Vatikan“ gegründet, 1942 ließ Pius XII. einen Dokumentarfilm über sich drehen. Aber zu Kinohelden wurden die Päpste erst nach dem Zweiten Weltkrieg. Hollywoodstars wie Rex Harrison oder Anthony Quinn spielten sie als historische aber auch aktuelle, hochpolitische Filmfiguren.
Ein späterer Papst als politischer Häftling
Die Romanverfilmung „In den Schuhen des Fischers“ von 1968 etwa beginnt in einem sowjetischen Arbeitslager. Der frühere Bischof Lakota schuftet hier als politischer Häftling, doch dann wird er plötzlich entlassen. Der Vatikan hat seine Freilassung erreicht, er soll in einer internationalen Krise als Kirchenmann zwischen Ost und West vermitteln. Lakota wird nach Rom geholt. Als überraschend der Papst stirbt, wählt man den inzwischen zum Kardinal ernannten Russen aus politischen Erwägungen zum Nachfolger Petri.
Die Geschichte ist ihrer Zeit voraus: 15 Jahre bevor mit Karol Wojtyła ein Geistlicher aus dem damals sogenannten Ostblock Papst wurde, wird hier ein Russe zum Kirchenoberhaupt gewählt – auch das mit politischen Folgen. Der von Anthony Quinn verkörperte Papst rettet nicht nur den Frieden, sondern revolutioniert auch noch die Kirche, indem er ihr ganzes Vermögen spendet.
Im Film klingt das so: „Ich bin der oberste Verwalter des Vermögens der Kirche. Ich gebe es nun hin, unser gesamtes Geld, all unseren Besitz, um ihnen zu helfen, unseren hungernden Brüdern.“
Der Papstfilm als moderne Heiligenerzählung
Mit dieser Utopie steht „In den Schuhen des Fischers“ am Anfang einer Reihe von Filmen, die Päpste zu politischen Helden machen: von den vielen Biopics über Johannes Paul II. bis hin zu Wim Wenders' Dokumentarfilm „Papst Franziskus – Ein Mann seines Wortes“ von 2018.
Aus dem Film, der Franziskus in Reden und Interviews ausführlich zu Wort kommen lässt, macht Wenders eine Art moderner Heiligenerzählung: Es gibt keine Nachfragen oder kritischen Worte, stattdessen überall Jubel, wo Franziskus auftaucht. Wenders stellt den Papst quasi in eine Reihe mit seinem Namenspatron: dem Heiligen Franziskus.
Im Kino funktioniert die Figur des Papstes als Projektionsfläche für gesellschaftliche Utopien bis heute. Aber auch die Popkultur entdeckte die Päpste ab den Sechzigerjahren. 1975 spielt sogar ein Ex-Beatle den Papst.
Psychedelischer Papst und „Papst zum Küssen“
Ringo Starr spielt den Papst als psychedelischen Glamour-Hippie in Ken Russells surrealer Filmorgie „Lisztomania“. Päpste haben immer wieder Auftritte in Komödien, aber selbst dort wurden sie zur Projektionsfläche für Utopien, etwa in der britischen Klamotte „Ein Papst zum Küssen“ von 1991. Hier wird aufgrund einer Verwechslung versehentlich ein sinnenfroher Priester und früherer Automechaniker zum Papst gewählt, der mit gewagten Ideen überrascht:
„Wie stehen Sie eigentlich zur Geburtenkontrolle? – Ich finde, das ist eine ganz gute Sache. (Raunen) – Was halten Sie von weiblichen Priestern? – Das ist auch nicht schlecht. – Seine Heiligkeit sucht noch nach göttlicher Eingebung.“
Im Film darf der Papst Mensch sein
Ob schillernd oder volkstümlich: Immer wieder stellt das Kino Päpste sehr menschlich dar. In Nanni Morettis „Habemus Papam“ von 2011 spielt Michel Piccoli einen melancholischen Papst, der nach seiner Wahl Panik bekommt und aus dem Vatikan flieht. 2019 schildert Fernando Meirelles in seinem Film „Die zwei Päpste“ eine fiktive Begegnung zwischen Benedikt XVI. und Kardinal Bergoglio, seinem späteren Nachfolger Franziskus.
Zunächst scheinen sich der konservative deutsche Papst und der sozialreformerische Argentinier wenig zu sagen zu haben: „Glauben Sie, dass die Kirche versagt? – Wir verlieren Menschen. – Und da liegt die Schuld bei der Kirche? Nicht bei festlichem Relativismus und Freizügigkeit? Wie heißt das jetzt, ach ja, 'alles geht'?“
Doch trotz aller Gegensätze kommen sich die beiden näher: „In der Tat sind Sie sehr aktiv, Sie laufen überall hin und manchmal benutzen Sie ein Fahrrad. – Ja, und einmal in der Woche Tango. – Tango ist ein Tanz? – Ich bin Argentinier, Tango und Fußball sind Pflicht. – Aber sicher, ja. Sie tanzen mit jemandem? – Man würde ziemlich eigenartig aussehen, wenn man alleine tanzt. (Benedikt lacht)"
Säkularisiert – und gerade deshalb erfolgreich
„Die zwei Päpste“ ist eine amüsante Reflexion über die Konfliktlinien zwischen Tradition und Moderne in der katholischen Kirche. Anthony Hopkins in der Rolle Benedikts verkörpert einen verknöcherten, aber schlagfertigen Papst, der auch einfache Freuden genießt und gern „Kommissar Rex“ im Fernsehen schaut. Der Blick des Films ist warmherzig, aber durchaus politisch.
Das gilt auch für Paolo Sorrentinos Serie „The Young Pope“ von 2016. Jude Law spielt einen jungen US-amerikanischen Papst, der gewählt wurde, weil sich die Kardinäle von ihm einen lenkbaren Kirchenherren versprechen. Aber der neue Papst hat eigene Vorstellungen: „Ich habe jenen nichts zu sagen, die auch nur den leisesten Zweifel an Gott haben. Ich kann ihnen nur meine Verachtung ins Gedächtnis rufen, und ihre Erbärmlichkeit.“
Mit seinen reaktionären Ideen löst der junge, charismatische Papst Schockwellen aus, er ist eine Art Trump im Papstamt. Die Päpste sind in den letzten Jahren in Filmen und Serien präsent wie selten zuvor. Und sie sind ambivalent wie wohl noch nie. Es scheint, als würden die Päpste im Film säkularisiert. Ihrer Aura schadet das nicht. Im Gegenteil: Sie werden als politische Figuren im Film immer relevanter.