Sechs Filme, die man nicht verpassen sollte
Heute wird das Filmfest München eröffnet – mit dem deutschen Cannes-Hit "Toni Erdmann". 207 Filme aus 62 Ländern sind in den nächsten zehn Tagen an der Isar zu sehen. Unsere Filmredaktion hat gründlich vorgekostet und nennt ihre sechs Favoriten.
"Sieranevada", Regie: Christi Puiu (Reihe: Wettbewerb CineMasters)
Der Film des rumänischen Regisseurs spielt größtenteils in einer Wohnung in Bukarest. Eine Großfamilie kommt für eine Beerdigung in einer Wohnung zusammen und diskutiert und diskutiert. "Sieranevada" ist klaustrophob, witzig, verstörend und brillant. Eine Studie einer Familie und ganz nebenbei auch eine gesellschaftliche Bestandsaufnahme ein gutes Vierteljahrhundert nach dem Ceaușescu-Regime. (Susanne Burg)
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"Die Hände meiner Mutter", Florian Eichinger (Neues Deutsches Kino)
Auch hier beginnt alles mit einem Familientreffen. Man feiert, umarmt sich und ist fröhlich – bis bei dem 39-jährigen Markus, Ehemann und Familienvater, jahrzehntelang verdrängte Bilder aus der frühen Kindheit ins Bewusstsein hochblubbern: der sexuelle Missbrauch durch die eigene Mutter. Schritt für Schritt (ohne dass jeder Schritt ausbuchstabiert wird) löst sich die scheinbare Familienidylle auf in eine bestürzende Chronik der Grausamkeiten. (Susanne Burg)
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"Alice lebt hier nicht mehr", Martin Scorsese (CineMerit Award)
Das Filmfest ehrt in diesem Jahr die US-amerikanische Schauspielerin Ellen Burstyn mit dem CineMerit Award für ihre Verdienste um die Filmkunst. "Alice lebt hier nicht mehr" ist der Film, der ihr 1975 einen Oscar als beste Hauptdarstellerin einbrachte. Zu sehen ist Ellen Burstyn als alleinerziehende Frau, die versucht, mit ihrem zwölfjährigen Sohn ein neues Leben anzufangen. Sie selbst hat das melancholisch-komische Melodram produziert und den damals noch unbekannten Regisseur Martin Scorsese angeheuert. (Susanne Burg)
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"Anishoara", Ana-Felicia Scutelnicu (Neues deutsches Kino)
Alles beginnt mit einer Legende von einem jungen Mädchen, das sich in die Sonne verliebt. Die Sonne nimmt sie auf, doch das Mädchen verbrennt und kehrt als Lerche auf die Erde zurück, um jeden Frühling von ihrem traurigen Schicksal zu singen. Und dann beginnt "Anishoara" von Ana-Felicia Scutelnicu, der zum absoluten Highlight der Reihe Neues Deutsches Kino gehört. Mit Laiendarstellern aus einem moldawischen Dorf wird die Legende in die Gegenwart geholt: Die 15-jährige Anishoara soll verheiratet werden, doch ihre wahre Liebe gilt einem anderen. "Anishoara" ist vielleicht kein deutsches Kino, wie es ein Alexander Gauland gerne sehen würde. Aber für alle, die verstehen, dass Geschichtenerzählen alle Grenzen überwindet und großangelegte Kinobilder uns für einen kurzen Kinoaugenblick das Gespür von Freiheit und Ewigkeit verleihen – für all die wird "Anishoara" eine kleine Offenbarung sein. (Patrick Wellinski)
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"Chant d’hiver", Otar Iosseliani (CineMaster)
Wer hätte gedacht, dass ein 81 Jahre alter Georgier einen der verspieltesten und freiesten Spielfilme der Festivalsaison gedreht hat. Es ist schwer, Iosselianis' stark am Stummfilm-Slapstick angelehnte philosophische Komödie "Chant d'hiver" zusammenzufassen. In dieser tragikomischen Odyssee zweier älterer Herren mischen sich rebellischer Widerstandsgeist, melancholischer Liebestaumel mit einem magischen und märchenhaften Surrealismus, die nur eines wollen: Das Leben feiern. Sehen Sie diesen Film, er wird Sie glücklich machen. Und über was kann man das heutzutage noch so einfach sagen? (Patrick Wellinski)
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"Happy Hour", Ryûsuke Hamaguchi (International Independents)
Lange Filme sind im weltweiten Kunstkinobetrieb gerade im Trend. Slow Cinema ist das Stichwort. Da reiht sich das 5,5-stündige japanische Werk "Happî awâ" ganz vorne ein. Es ist ein traurig-schöner Film, der vom Verschwinden des Lächelns erzählt. Eine Gruppe von Freundinnen wird durch die Scheidung einer von ihnen aufgerüttelt. Alle Frauen beginnen daraufhin, ihr Leben neu zu sortieren. Der Film lässt sich beim Beobachten dieser Neujustierung moderner Lebensformen ganz viel Zeit. Das resultiert dann in seiner gigantischen Länge. Aber dafür kommen wir diesen Frauen sehr nahe und lernen sie bald so gut kennen wie unsere eigenen Freundinnen und Freunde. (Patrick Wellinski)
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