So gut können Studentenfilme sein
Auf dem Filmfest München sind dieses Jahr auch vier Studierende der Hochschule für Fernsehen und Film vertreten. Gezeigt werden ein Dokumentarfilm und zwei Spielfilme, die man sich merken muss, meint unsere Reporterin Noemi Schneider.
"Worum geht es?"
"Um die Wahrheit und das Urteil."
"Eine tragische Freundschaftsgeschichte im Krimigewand."
"Sex!"
Um nicht weniger geht es in den drei studentischen Nachwuchs-Produktionen beim Filmfest München.
In "Mollath – und plötzlich bist du verrückt" nehmen sich Annika Blendl und Leonie Stade den bayerischen Justizskandal "Mollath" vor und begleiten den aus der Psychiatrie entlassenen Gustl Mollath bis zum Beginn des Wiederaufnahmeverfahrens und während des Prozesses.
Annika Blendl: "Jura und deutsches Recht und diese ganzen Geschichten sind sehr neu für uns gewesen. Wir haben das ja in unserem Film sehr vereinfacht, aber das war auch nicht einfach, also das 'Einfach machen' ist manchmal auch schon total schwer. Dann war auch das Vertrauen zu gewinnen eine riesige Schwierigkeit, denn wir haben ja praktisch versucht, alle Seiten miteinzubeziehen, und hatten natürlich immer Angst, dass einer irgendwie abspringt oder jemand mit einer Klage kommt."
Der Zuschauer wird gefordert
Fingerspitzengefühl ist gefragt und das beweisen die beiden Studentinnen in ihrem Film eindrucksvoll: Die absolute Wahrheit gibt es nicht – der Zuschauer muss sich sein eigenes Urteil bilden.
Annika Blendl: "Und das war das, was wir dann auch zeigen wollten, dass einfach diese Wahrheit, die für jeden einzelnen anders ist, dieses wahnsinnig Schwierige auch ausmacht. Und dieses Urteil, was man dann so fällen soll, als Gericht oder auch als Psychiater, das dieses Urteil halt auch unfassbar schwierig ist zu fällen."
"Mollath - Und plötzlich bist du verrückt" ist ein Dokumentarfilm im besten Sinne, weil er die Fragen an den Zuschauer weiterreicht, anstatt ihn zu belehren. In "Die Maßnahme" von Alexander Costea schließt ein verdeckter Ermittler Freundschaft mit einem Mordverdächtigen. Das hochspannende Kammerspiel zwischen zwei Männern in der Provinz ist inspiriert von einer wahren Begebenheit.
Alexander Costea: "Ich bin bei der Recherche für ein anderes Projekt auf einen Radiobeitrag gestoßen, da ging es um falsche Geständnisse und um einen realen Kriminalfall und ich habe dann angefangen, über verdeckte Ermittlungen zu recherchieren."
Große schauspielerische Leistung
Alexander Costeas Film überzeugt vor allem auch durch die hervorragende schauspielerische Leistung der beiden Hautdarsteller Max Wagner und Aljoscha Stadelmann. Letzterem scheint die Rolle auf den Leib geschrieben zu sein.
"Ab einem gewissen Punkt war das tatsächlich so, dass ich den Aljoscha im Kopf hatte, weil ich den irgendwann entdeckt hab und bin dann irgendwann sogar nach Hamburg gefahren und hab dem so nach dem Theater aufgelauert und dann mit zittriger Stimme so: Herr Stadelmann, ich will da so einen Film machen, und so. Und ab da hatte der dann Lust und dann war der für mich eigentlich gesetzt."
"Die Maßnahme" lässt den Zuschauer bis zuletzt im Ungewissen, ob der Mordverdächtige die Tat begangen hat oder nicht. Aber der Regisseur und Drehbuchautor muss es doch schließlich wissen, oder?
"Für mich ne klare Antwort."
"Er war's nicht?"
"Das sag ich nicht."
In "Schau mich nicht so an" von Uisenma Borchu übernimmt die Regisseurin selbst eine der Hauptrollen, mit Mut zu Nacktheit und vollem Körpereinsatz.
Provokanter Film über Frauenbilder und Sexualität
Uisenma Borchu: "Ich glaube, in unserer Gesellschaft ist Sexualität was ganz Komisches. Für mich ist das eine der schönsten Sachen und auch eine der banalsten Sachen, die es gibt. Und ich denke, es ist an der Zeit, dass man Sex zu etwas ganz alltäglichem macht, wie abwaschen."
Im Film beginnen die beiden Nachbarinnen Hedi und Iva eine leidenschaftliche Beziehung miteinander. Uisenma Borchu verkörpert die Karrierefrau Hedi, die sich nimmt, was sie will. Ein provokanter Film über Frauenbilder, Sexualität und weibliche Selbstinszenierung. Ein Film, den keine Förderinstitution unterstützen wollte.
"Wir haben kein Geld bekommen von keinem. Auch nicht von Sendern. Es hieß, es ist sehr weiblich, es ist sehr radikal, es ist sehr sexuell und dann noch Regisseurin und Darstellerin, das geht halt auch nicht. Da war ich natürlich schon enttäuscht, aber wir wollten das so oder so drehen, denn die Energie war da, alle waren da und der Bierbichler war da."
Genau, der Bierbichler. Joseph Bierbichler tritt im Film als Ivas Vater in Erscheinung und landet natürlich im Bett mit Hedi.
"Mir hat ein Freund mal erzählt, das ihm 'ne Freundin erzählt hätte, das die mal was mit einem älteren Türken hatte und der hat gesagt, sie soll sich ausziehen und dann hat sie sich ins Bett gelegt und dann hat er sich ne Stunde lang hingehockt und die Möse angeguckt und dann war er zufrieden. Ähnlich ist es bei mir mittlerweile auch schon."