Legendär schlecht und maximal absurd
Ein Filmfestival der anderen Art ist gerade in Köln zu Ende gegangen: "Besonders wertlos". Präsentiert wurden Filme wie "Macho Man" oder "Auch Ninotschka lässt ihr Höschen fallen". Unser Autor Christoph Sterz hat sich in die Höhle des schlechten Geschmacks gewagt.
Mal kurz zur Ausgangslage: Ein Kinosaal in Köln, komplett voll, am Rand sitzen sogar Leute auf Holzbänken. Die meisten kennen den Film noch nicht, der hier gleich läuft. Das ist so gewollt, weil auf dem Festival "Besonders wertlos" Filme gezeigt werden, die zu Unrecht oder auch zu Recht in Vergessenheit geraten sind. Aber einen großen Freund von "Macho Man" finde ich dann wenigstens doch noch.
Autor: "Was habe ich bis jetzt verpasst?"
Besucher: "Meilenstein der Filmgeschichte."
Autor: "Warum?"
Besucher: "Wirst du gleich sehen."
Autor: "Aber du kennst den doch schon, kannst du doch verrraten ein bisschen."
Besucher: "Nein! Ich spoiler doch nicht!"
Autor: "Das heißt, der Film ist so wertvoll, dass Spoilern auf jeden Fall verboten ist?"
Besucher: "Ja, natürlich."
Autor: "Ach, komm, zwei Stichwörter."
Besucher: "Ähm..."
"Betrunken ist besser"
Autor: "Schnurrbart ist das erste; das zweite?"
Besucher: "Ja, Martial-Art-Verschnitt?"
Autor: "Wie oft hast du den schon gesehen?"
Besucher: "Ich weiß nicht. Nüchtern am Stück vielleicht zweimal. Oder? Ich weiß es nicht mehr."
Autor: "Aber betrunken ist besser?"
Besucher: "Nein.... Ja."
Autor: "Dann würd ich mir noch schn...ja?"
Besucher: "Ja (lacht)."
Von Anfang an mit Vokuhilas
Ich bleibe dann aber doch nüchtern; ich will ja kein Detail verpassen von dieser unentdeckten Perle der deutschen Filmgeschichte. "Macho Man" hatte Mitte der 80er nur so um die 10.000 Zuschauer, war jahrelang nicht erhältlich, hat sich aber trotz allem einen Ruf als richtig schlechter Film erarbeitet.
Und dann geht's auch endlich los; von Anfang an mit Vokuhilas, einer wirklich beeindruckenden Zahl an Schnurrbärten, seltsamen Dialogen, bizarren Kleidungsstücken und einer Story, die sich gefühlt eher erst während des Drehens ergeben hat.
Filmausschnitt: "Alles klar, Keule?"
"Macho Man" gucken ist ein bisschen wie einen Unfall mitzubekommen. Man will nicht hinsehen, guckt aber doch – weil bei "Macho Man" alles so maximal absurd ist. Und weil eben sehr verlässlich bis zum Schluss immer neue seltsame Szenen kommen, ist das Publikum bis zum Ende auch voll dabei. So wie "Macho Man" einen kompletten Kinosaal auf seine Seite kriegen kann, bekommt das wahrscheinlich kein noch so teurer Hollywood-Film hin.
(Applaus)
Autor: "Warum hat René Weller nicht den Erfolg gehabt, den er eigentlich verdient hat als Filmstar?"
Besucher: "Ich versteh's im Moment auch nicht. Keine Ahnung."
Autor: "Was meinst du, du bist ja ein großer René-Weller-Kenner?"
Besucher: "Ja, ich bin ein großer Fan von René. Es ist mir völlig unerklärlich, warum hier der große Durchbruch ausgeblieben ist."
Klassiker des schlechten Geschmacks auf Super-8
Autor: "Ja, jetzt steht der nächste Film an, der hier gezeigt wird, Ein großer Moment ist gekommen, neben mir steht jetzt Rinaldo Talamonti, Hauptdarsteller von ‚Auch Ninotschka zieht ihr Höschen aus' von 1973. Herr Talamonti, kurze Einführung in den Film: Was erwartet mich in den nächsten ungefähr 82 Minuten?"
"Also das werde ich Ihnen überlassen, ob Sie Spaß haben oder keinen Spaß. Ich weiß, dass dieser Film damals einen ganz großen Erfolg hatte. Dieser Film wurde gedacht mit einer bestimmten versteckten Komik."
Autor: "Kennt ihr den Wikipedia-Eintrag von dem?"
Zuschauer 1: "Von wem?"
Autor: "Von Herrn Talamonti. Wollt ihr mal sehen? Die besten vielleicht?"
Zuschauer 1: "Beichte einer Liebestollen. Sie liebten sich in einem Sommer. Blutjung und liebeshungrig. Der ist gut: Semmel, Wurst und Birkenwasser.
Autor: "Sehr vielversprechend."
Zuschauer 2: "Aber was auch sehr modern ist, ist guck mal hier: Geh, zieh dein Dirndl aus. Das könnte auch ein Schlager sein."
Zuschauer 1: "Aber das sind die Klassiker hier. 'Bohr weiter, Kumpel', 'Hausfrauenreport'. Gibt's alles auf Super-8.Oh, 'Zwei Däninnen in Lederhose', der ist auch noch auf meiner Liste."
Flache Witze und eine wahnsinnig seltsame Story
Auf meiner Liste steht jetzt aber erstmal "Auch Ninotschka zieht ihr Höschen aus". Übrigens spielt in dem Film gar keine Ninotschka mit. Stattdessen geht's von Anfang an zur Sache, also zumindest fast. Was in dem Sexfilm aus den 70ern nämlich aussehen soll wie Sex, ist meistens eher harmloses Gewackel. Zwischendurch gibt's flache Witze und bis zur letzten Minute eine wahnsinnig seltsame Story.
Autor: "Wie war der Film, wie fanden Sie Ninotschka?"
Besucher: "Den Film fand ich besonders wertlos, aber der Herr Talamonti ist natürlich ein Schatz."
Autor: "Wieso fanden Sie den wertlos? Die wertloseste Szene? Oder alle Szenen?"
Besucher: "Oder alle. Oder alle, ja. Ich muss den auch erstmal sacken lassen."
Autor: "Ja? Tatsächlich? So einen Film muss man sacken lassen?"
Besucher: "So einen muss man, aber ganz tief."