Filmfestival Cannes
Entgegen dem Titel "Triangle of Sadness" herrschte viel Spaß beim Fototermin des Teams rund um Ruben Östlund (Mitte) in Cannes. Mit dabei: Iris Berben (rechts), die in dem Film nur drei Worte zu sprechen hat: "In den Wolken". © imago/PA Images/Doug Peters
"Kein Tiefgang, aber viel Wellengang"
07:06 Minuten
Viel Potenzial, und doch enttäuschend: Die Gesellschaftssatire "Triangle of Sadness“ von Ruben Östlund steht für einen bisher eher braven Filmjahrgang in Cannes. Doch es gibt Ausnahmen, auch außerhalb des Wettbewerbs. Zum Beispiel aus der Ukraine.
Man sollte „seefest“ sein, wenn man sich den neuen Film des schwedischen Regisseurs Ruben Östlund ansieht: „Triangle of Sadness“ führt die Welt der Schönen und Reichen auf einer Luxusjacht vor. Nach einem Piratenüberfall und der Explosion des Schiffes landen einige der Passagiere auf einer einsamen Insel. Dort verkehren sich die Verhältnisse: Nun hat das bisherige Personal das Sagen.
Eine "sarkastische Gesellschaftssatire" mit viel Schadenfreude sei das, sagt Filmkritikerin Anke Leweke. "Dieser Stoff hat das Potential, um gesellschaftliche Utopien zu entwickeln." Doch Östlund belasse es dabei, sein Personal vorzuführen: "Es hat keinen Tiefgang, aber viel Wellengang." Eher fraglich also, ob der Regisseur mit seinem neuen Film an seinen großen Cannes-Erfolg "The Square" von 2017 anknüpfen kann.
Emily Atef kann in Cannes eher überzeugen
Mehr überzeugen konnte die Berliner Regisseurin Emily Atef mit ihrem Liebesdrama "Plus que jamais". In der norwegisch-luxemburgisch-französisch-deutschen Koproduktion spielt Vicky Krieps die unheilbar erkrankte Hélène. Wie diese zu sich selbst finde und sich ihrer Krankheit stelle, sei sehenswert. Ein "schöner Film", trotz des schweren Themas, meint Leweke. Er läuft in der Sektion "Un certain regard".
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Insgesamt allerdings lautet zur Halbzeit an der Croisette das Urteil der Kritikerin: "Ein braver, solider Jahrgang mit wenigen Ausschlägen nach oben". In der Kollegenschaft fühle man sich "unterfordert". Das Programm könne eine Verjüngung und andere Perspektiven gebrauchen. "Cannes muss sich ein wenig neu erfinden."
Ukrainischer Film "Pamfir" gefeiert
Zu den Lichtblicken zählt Kritikerkollege
Patrick Wellinski
den Film "Pamfir" des ukrainischen Regisseurs Dmytro Sukholytkyy-Sobchuk. Auch diese Vater-Sohn-Geschichte läuft außerhalb des Wettbewerbs. Film und Team seien in Cannes begeistert gefeiert worden. Spielort sei die Grenzregion zu Rumänien – die EU so nah und doch so fern.
Ein "starker Film", der zeige, wie der Vater von seiner Schmugglervergangenheit eingeholt werde. Den Namen des Regisseurs sollte man sich merken, so Wellinski.
Zu den stärkeren Wettbewerbsfilmen zählt er "R.M.N." – einen "spannenden Rätselthriller", der in einem Dorf in Transsilvanien spielt. Der rumänische Regisseur Cristian Mungiu beobachte genau, wie Rassismus und Fremdenhass im heutigen Europa entstehen.
Vor zehn Jahren wäre das der Favorit auf die Goldene Palme gewesen, meint Wellinski. Doch der Stil sei mittlerweile "etwas zu bekannt". Mungiu erhielt 2007 den Hauptpreis für sein Abtreibungsdrama "4 Monate, 3 Wochen und 2 Tage".
Nun hofft Wellinski auf David Cronenbergs Wettbewerbsbeitrag "CRIMES OF THE FUTURE": Dieser Film solle mit "Körperhorror" aufrütteln. "Ich hoffe, dass er in den schüchternen Wettbewerb etwas Leben reinbringen wird."
(bth)
(bth)