Filmfestival Toronto

Aufbegehren gegen Kolonialismus als Leitmotiv

08:28 Minuten
Porträtaufnahme der Filmemacherin Alanis Obomsawin in einem roten Kleid.
Alanis Obomsawin macht seit den 1970er-Jahren Dokumentarfilme über die Lage der Indigenen in Kanada. © picture alliance / empics | Chris Young
Susanne Burg im Gespräch mit Christine Watty · 13.09.2021
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Eine große Retrospektive der indigenen Filmemacherin Alanis Obomsawin: Für Susanne Burg ein Highlight des Filmfestivals in Toronto 2021. Auch die Serie "Panthers" über die polynesische Minderheit in Neuseeland hat unsere Filmredakteurin beeindruckt.
Herausstechendes Thema beim Internationalen Filmfestival in Toronto ist nach Einschätzung unserer Filmredakteurin Susanne Burg der Umgang mit der indigenen Bevölkerung und dem kolonialen Erbe in verschiedenen Ländern der Welt.

Indigene Lebensrealitäten in Kananda

Das vielleicht augenfälligste Zeichen dafür ist die Retrospektive, die das Festival der 1932 geborenen amerikanisch-kanadischen Filmemacherin Alanis Obomsawin widmet. Diese gehört selbst dem Volk der Abenaki an und hat seit den 1970er-Jahren Dokumentarfilme über die Situation der indigenen Bevölkerung gemacht.
"Über die Jahre ist da wirklich ein unglaubliches Werk entstanden, das zum einen das Leben in unterschiedlichen Stämmen in Kanada festhält, aber auch von den Folgen der jahrhundertelangen Diskriminierung erzählt", unterstreicht Burg.

Misshandlung und Demütigung in Pflegefamilien

Am meisten berührt habe sie der Film "Richard Cardinal" von 1986, der die Geschichte eines Metís-Jungen erzählt, also eines Nachfahren eines europäischen Pelzhändlers und einer indigenen Frau. Dieser Junge habe sich als 17-Jähriger bei seinen Pflegeeltern erhängt und hatte zu diesem Zeitpunkt bereits 28 Pflegefamilien und Heim durchlaufen.
"Der Film erzählt die Geschichte der Misshandlungen und der Demütigungen dieses Jugendlichen", so Burg. Damit habe die Produktion massive Missstände im kanadischen Sozialsystem offengelegt.
Bemerkenswert findet unsere Filmredakteurin auch die neuseeländische Miniserie "Panthers", die in den 1970er-Jahren spielt und vom kulturellen Erwachen der polynesischen Bevölkerung Neuseelands erzähle, "ohne dabei sehr nach Geschichtsbuch zu klingen".

Atmosphäre der Coolness und der Rebellion

Im Zentrum der Serie stehe ein Student, der aus einer Maori-Mittelschichtsfamilie stamme und im Verlauf der Geschichte durch die Diskriminierung, die seine Community erfahre, immer mehr politisiert werde:
"Und so gründet er zusammen mit ein paar Freunden 1971 die Polynesische Panther-Partei, inspiriert natürlich durch das Vorbild der Black Panthers in den USA, und die kämpfen dann gegen die Abschiebung der polynesischen Bevölkerung, für mehr Rechte und ein Bewusstsein überhaupt für ihre Probleme."
Der Serie sei es mit viel Witz und Tempo gelungen, eine Atmosphäre der Coolness und der jugendlichen Rebellion zu schaffen, und sie sei "unglaublich spannend". In Neuseeland ist "Panthers" kurz vor dem Filmfestival im TV angelaufen und habe dort alle möglichen Zuschauerrekorde gebrochen. "Es ist zu hoffen, dass man die auch mal in Deutschland zu sehen bekommt", sagt unsere Filmredakteurin.
(uko)
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