"Ein durchaus starker Wettbewerb"
Nachdem das erste Drittel der Filmfestspiele Venedig vorbei ist, zieht der Filmkritiker Peter Claus einen erfreudigen Zwischenstand: "Es ist, von Ausreißern abgesehen, ein durchaus starker Wettbewerb." Von einer Krise des Festivals sei nichts zu spüren.
Es sei auffallend, "dass das leise, das verhaltene, das fragende Kino dominiert - und das politisch engagierte Kino", sagte Claus am Sonntag im Deutschlandradio Kultur. Der zuletzt mit Spannung erwartete Film "The Cut" von Regisseur Fatih Akin konnte ihn hingegen nicht überzeugen.
"Er ist nicht so recht gelungen", sagte er am Sonntag im Deutschlandradio Kultur. Der Film über den Völkermord an den Armeniern gehe am Thema vorbei: "Ganz am Anfang wird die politische Situation vor etwa 100 Jahren im Osmanischen Reich angetippt: Wir sehen, wie Männer entführt werden, zu Sklaven gemacht werden im Straßenbau. Wir sehen, wie sie erschossen werden." Doch die Charakterisierungen blieben zu skizzenhaft, meint Claus: "Man kommt nicht wirklich ran an die Figuren, man fühlt nicht mit ihnen mit - und man fühlt sich um eine politische Auseinandersetzungen geradezu betrogen."
Fragen nach Freiheit und Toleranz
Ein Beitrag, der "The Cut" nicht unähnlich ist, kommt aus Frankreich: In "Loin des hommes" von Regisseur David Oelhoffen geht es um die Geschichte eines Mannes, der zur Zeit des Algerienkrieges einen vermeintlichen Mörder an die Gerichtsbarkeit bringen soll. "Auch hier ist die Weite der Landschaft zu sehen, aber der Regisseur konzentriert sich auf die zwei Protagonisten und auf den Gedankenaustausch der beiden Männer." Der Film stelle "die Fragen, die ich zum Beispiel in 'The Cut' vermisst habe. Fragen wie: Was ist bitteschön eigentlich wirklich Freiheit? Was ist Toleranz? Wie können Menschen unterschiedlicher Kulturen miteinander leben?"