Gruß aus dem Analog-Zeitalter
Am Mittwochabend haben die 75. Filmfestspiele in Venedig begonnen. Im Eröffnungsfilm "First Man" von Regisseur Damien Chazelle betritt Ryan Gosling alias Neil Armstrong zum ersten Mal den Mond. Ein idealer Auftaktfilm findet unsere Kritikerin.
Eine Mondreise sei eine schöne Metapher für das Kino, sagt Kritikerin Anke Leweke im Gespräch mit Deutschlandfunk Kultur: "Es nimmt uns mit an fremde Orte, entführt uns an fremde Schauplätze und fremde Welten."
Außerdem sei die Reise zum Mond schon seit den frühesten Anfängen des Kinos erzählt worden. "Diesen Menschheitstraum hat das Kino immer wieder in Szene gesetzt. Und das entspricht ja auch dem Wesen des Kinos."
Deshalb sei "First Man" ein idealer Eröffnungsfilm der 75.Filmfestspiele in Venedig. Der Abend habe einen besonderen Gegensatz geboten: "Man hatte hier die fein gekleideten Leute auf dem roten Teppich, die darüber flaniert sind. Ja und die haben dann Männer in Asbestanzügen auf der großen Leinwand bewundert."
Die Herausforderung die Stille im Weltall zu inszenieren, sei zwar bei "First Man" nicht überragend - wie etwa bei Stanley Kubricks "2001"-Epos. Viel zu sehr ersetze Musik diese Stille: "Trotzdem hat mir der Sound schon gut gefallen. Da hört sich alles so an wie ein Güterzug. Und das ist eine Raumfahrttechnik gewesen, der ich noch gut folgen konnte: also wenn dann die Geschwindigkeitsanzeige auf über 300 geht, dann weiß ich, dass Gefahr droht."
Analoge Technik und kein Patriotismus
Die technischen Aspekte hätten noch mehr betont werden können, etwa wie hemdsärmelig defekte Sicherheitsgurte in der Rakete mit Schweizer Armeemessern repariert oder mit Schraubschlüsseln die Kapseln zugemacht werden.
Erstaunlich sei, wie unpatriotisch der Film ist: "Man könnte ja jetzt denken 'First Man-First America'. Aber der Moment, wo die amerikanische Flagge auf den Mond gestellt wird, wird gar nicht ins Szene gesetzt. Stattdessen sieht man die beiden Astronauten so rumhüpfen."
Ryan Gosling als Neil-Armstrong-Darsteller gefalle ihr gut, sagte Anke Leweke. Er könne in diesem Film mit wenig Gesichtsmimik doch sehr viel Emotionen ausdrücken: "Man glaubt ihm, dass er nicht als großer Missionar ins Weltall will."