Filmfestspiele Venedig

Mit Freiluftkino zurück zu den Anfängen

05:27 Minuten
Das Festivalpalais - der Mostra Internazionale d'Arte Cinematografica - der Filmfestspiele Venedig
Das Festival findet statt - aber mit weniger internationaler Presse und Publikum, vermutet Filmkritiker Patrick Wellinski. © dpa / picture alliance / Soeren Stache
Patrick Wellinski im Gespräch mit Marietta Schwarz |
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Auch unter Corona-Bedingungen sollen die Filmfestspiele in Venedig im September stattfinden. Die Pläne zur Einhaltung der Hygieneregeln findet Filmkritiker Patrick Wellinski realistisch. Stars aus den USA auf dem roten Teppich würden allerdings fehlen.
Vom 2. bis zum 12. September finden die Filmfestspiele von Venedig statt. Jetzt haben die Verantwortlichen das Programm und die Pläne vorgestellt, wie das bedeutende Festival auch im Zeichen der Pandemie realisiert werden kann.
Das Festival werde kompakter und mit rund 60 Filmen gebe es diesmal ein Drittel weniger als in den üblichen Ausgaben, sagt Filmkritiker Patrick Wellinski. Er berichtet schon seit mehreren Jahren vom Festival aus Venedig.
Zudem würden einige Sektionen aus Venedig ausgelagert – etwa die der restaurierten Filmklassiker. Diese sollen nun in Bologna gezeigt werden: "Man feiert so ein bisschen in ganz Norditalien dieses Festival." Das Festival sei in diesem Jahr auch eine Frage des Selbstbewusstseins Italiens: "Dieser Norden ist so gebeutelt von Corona. Sie wollen zeigen, sie können so eine Veranstaltung auf die Beine stellen."

Überzeugendes Hygienekonzept

Richtig findet Wellinski, dass zum Hygienekonzept Fiebermessungen beim Einlass ins Kino gehörten und die Lenkung von Zuschauerströmen durch mehrere Ein- und Ausgänge geplant ist. Auch gelte Maskenpflicht in Venedig.
Und auch zwei Open Air Kinos - eins in der Parkanlage Giardini, das andere auf dem Lido – seien vorgesehen. Die Infrastruktur gebe dies sehr gut her, so Wellinskis Einschätzung. Damit kehre man auch zu den Anfängen des Festivals vor 77 Jahren zurück, das damals als reines Open-Air-Festival gestartet ist.
Klug geplant sei, dass die Filme mindestens viermal gezeigt werden sollen, damit Zuschauer nicht in vollen Kino sitzen müssten.
Insgesamt erwartet Venedig weniger Publikum: Viele Redaktionen zögerten noch, ihre Mitarbeiter zu schicken und es gebe aufgrund der Pandemie auch Reisehindernisse. Gründe, die deutlich weniger internationale Presse und Publikum auf dem Lido erwarten lassen.

Roter Teppich ohne Hollywood-Stars

Wegen der Pandemie werden auch Hollywood und die großen Streamingdienste nicht vertreten sein, erläutert Wellinski. Möglicherweise bleibe Jury-Präsidentin Kate Blanchet der einzige Star aus den USA.
"Der Fokus liegt ganz stark auf europäischen Filmemachern oder auch Filmemachern, die in Europa leben. Malgorzata Szumowska aus Polen, Kiyoshi Kurosawa aus Japan, Michael Franke aus Mexiko, das sind die Highlights." Diese Regisseure ließen starke Filme erwarten.

Deutscher Film im Wettbewerb

Sehr erfreulich findet Wellinski, dass unter den 18 Filmen, auch Julia von Heinz' Spielfilm "Und morgen die ganze Welt" um eine junge Antifa-Aktivistin mit dabei ist: "Die erste Regisseurin aus Deutschland seit 2003, die um den Goldenen Löwen konkurriert". Insgesamt habe man in Venedig das Beste aus der Lage gemacht.
"Es ist nicht substanzlos, was man hätte vielleicht vermuten können, und auch ein reines italienisches Filmfestival ist es auch nicht geworden."
(mle)
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