Filmische Verbeugung
"Milk", der derzeit auf der Berlinale zu sehen ist, ist Gus Van Sants bisher konventionellster Film. Er ist kein Denkmal für den ersten offen homosexuellen Politiker der Vereinigten Staaten Harvey Milk, sondern eine Verbeugung vor ihm. Milk wurde 1978 von einem Politikerkollegen erschossen. Er ist Gus Van Sants erster schwuler Held, der den Weg in die Mitte der Gesellschaft schafft.
Am liebsten schaut er jungen Außenseitern dabei zu, wie sie ihr Leben leben. Immer wieder hat der amerikanische Regisseur Gus Van Sant in seinen Filmen auch von schwulen Außenseitern erzählt. In seinem 1986 entstandenen Regiedebüt "Mala Noche" ging es um die Liebe eines amerikanischen Ladenbesitzers zu einem mexikanischen Straßenjungen. In "My own Private Idaho" mit Keanu Reeves und River Phoenix überhöhte er 1991 das Strichermilieu von Portland mit Shakespeare-Versen.
Jetzt widmet sich Gus Van Sant in seinem neuen Film "Milk" einer Galionsfigur der Schwulenbewegung: Harvey Milk, Stadtrat von San Francisco, wurde 1978 von einem Politikerkollegen erschossen. Er war der erste offen homosexuelle Politiker der Vereinigten Staaten - eine Legende. Und er ist Gus Van Sants erster schwuler Held, der den Weg in die Mitte der Gesellschaft schafft:
"Ich habe Harvey Milk nie als Außenseiter gesehen. Natürlich kann man Schwule als Außenseiter jenseits des heterosexuellen Mainstreams sehen. Aber für mich war Harvey Milk immer das Gegenteil: Ein Insider. Auch was die Kommunalpolitik von San Francisco betraf. Denn Harvey Milk definierte sich im Stadtrat ja nicht durch seine sexuelle Identität, sondern durch seine Politik. Auch wenn er kein klassischer Politiker war, sondern sich durch seine Politik selbst erschuf."
Sean Penn, der für diese Rolle auch eine Oscar-Nominierung erhielt, verleiht Harvey Milk eine Mischung aus Enthusiasmus, Schlagfertigkeit und Liebenswürdigkeit. Van Sant zeichnet den Weg dieses Mannes nach, der Anfang der siebziger Jahre von New York ins schwule Castro-Viertel von San Francisco zog, dort einen Fotoladen eröffnete und irgendwann in die Politik ging.
Der Film lässt viel Raum für den Privatmenschen Milk, für seine Flirts, seine Liebesbeziehungen, Beziehungskrisen. Er habe Harvey Milk als Liebenden und Kämpfer zeigen wollen, sagt Gus Van Sant - und nicht in erster Linie als Opfer, daher habe man die Motive des Attentäters Dan White nicht tiefer ergründen wollen.
"Wir hätten uns in die Psychologie des Attentäters hineinbegeben können. Aber wir wollten nur die Hintergründe liefern: Das Rathaus hatte sich verändert. Plötzlich konnten die einzelnen Bezirke ihre Stadträte wählen. Vorher waren die Stadträte in der Regel mänliche konservative Katholiken aus alten Familien in San Francisco, genauso wie der Staatsanwalt und der Polizeichef. Durch das neue Wahlsystem gab es plötzlich asiatische, schwarze, schwule, weibliche Bezirksbürgermeister. Und die konservativen Alteingesessenen sagten sich: 'Was zur Hölle geht hier vor?'"
Um teure Statisten zu sparen, arbeitete Gus Van Sant mit dokumentarischen Originalaufnahmen von Demonstrationen und Versammlungen. Auch Harvey Milks politische Gegner jener Zeit kommen durch authentische Fernsehaufnahmen in den Film. Am erschreckendsten sind die Auftritte der ultrakonservativen christlichen Sängerin Anita Bryant, die in den siebziger Jahren mehrere Hasskampagnen gegen Schwule und Lesben anführte. Für Gus Van Sant verkörpert die Extremistin Anita Bryant einen Teil von Amerika, der sich leider nicht allzu sehr verändert hat:
"Sarah Palin hätte ohne weiteres die Nachfolge von Anita Bryant antreten können. Mit ähnlichen Ansichten über Menschen, die nicht so sind wie sie. Nicht auszudenken, was geschehen wäre, hätte John McCain gewonnen und sie wäre Vize-Präsidentin oder sogar Präsidentin geworden. Das ist das ultrakonservative Amerika, das Angst vor dem Wandel und vor dem Außen hat. Eine tiefe Angst um das isolierte, geschützte Leben, das sie führen. "
"Milk" ist Gus Van Sants bisher konventionellster Film, und zugleich sein militantester. Kein Denkmal für Harvey Milk, sondern eine Verbeugung vor ihm, vor seinem Mut, seinem Humor und seinem Kampfgeist. Für Gus Van Sant geht Harvey Milks Kampf weiter, auch wenn er selbst ihn auf andere, diskretere Weise führt.
""Ich habe keine eigene Aktivisten-Geschichte. Auch keine Schwulenaktivisten-Geschichte. Ich war immer die Schande meiner Schwulengemeinde in Portland. Ich nehme nicht an Schwulenparaden teil und auch nicht an den Paraden der Heteros. Ich zeige mich nicht gerne. Ich bin ein eher isolierter Mensch, ein Eremit. Aktivismus ist ehrenwert und sexy und romantisch. Manchmal wünschte ich, ich könnte das. Stattdessen drehe ich Filme über Aktivisten."
Jetzt widmet sich Gus Van Sant in seinem neuen Film "Milk" einer Galionsfigur der Schwulenbewegung: Harvey Milk, Stadtrat von San Francisco, wurde 1978 von einem Politikerkollegen erschossen. Er war der erste offen homosexuelle Politiker der Vereinigten Staaten - eine Legende. Und er ist Gus Van Sants erster schwuler Held, der den Weg in die Mitte der Gesellschaft schafft:
"Ich habe Harvey Milk nie als Außenseiter gesehen. Natürlich kann man Schwule als Außenseiter jenseits des heterosexuellen Mainstreams sehen. Aber für mich war Harvey Milk immer das Gegenteil: Ein Insider. Auch was die Kommunalpolitik von San Francisco betraf. Denn Harvey Milk definierte sich im Stadtrat ja nicht durch seine sexuelle Identität, sondern durch seine Politik. Auch wenn er kein klassischer Politiker war, sondern sich durch seine Politik selbst erschuf."
Sean Penn, der für diese Rolle auch eine Oscar-Nominierung erhielt, verleiht Harvey Milk eine Mischung aus Enthusiasmus, Schlagfertigkeit und Liebenswürdigkeit. Van Sant zeichnet den Weg dieses Mannes nach, der Anfang der siebziger Jahre von New York ins schwule Castro-Viertel von San Francisco zog, dort einen Fotoladen eröffnete und irgendwann in die Politik ging.
Der Film lässt viel Raum für den Privatmenschen Milk, für seine Flirts, seine Liebesbeziehungen, Beziehungskrisen. Er habe Harvey Milk als Liebenden und Kämpfer zeigen wollen, sagt Gus Van Sant - und nicht in erster Linie als Opfer, daher habe man die Motive des Attentäters Dan White nicht tiefer ergründen wollen.
"Wir hätten uns in die Psychologie des Attentäters hineinbegeben können. Aber wir wollten nur die Hintergründe liefern: Das Rathaus hatte sich verändert. Plötzlich konnten die einzelnen Bezirke ihre Stadträte wählen. Vorher waren die Stadträte in der Regel mänliche konservative Katholiken aus alten Familien in San Francisco, genauso wie der Staatsanwalt und der Polizeichef. Durch das neue Wahlsystem gab es plötzlich asiatische, schwarze, schwule, weibliche Bezirksbürgermeister. Und die konservativen Alteingesessenen sagten sich: 'Was zur Hölle geht hier vor?'"
Um teure Statisten zu sparen, arbeitete Gus Van Sant mit dokumentarischen Originalaufnahmen von Demonstrationen und Versammlungen. Auch Harvey Milks politische Gegner jener Zeit kommen durch authentische Fernsehaufnahmen in den Film. Am erschreckendsten sind die Auftritte der ultrakonservativen christlichen Sängerin Anita Bryant, die in den siebziger Jahren mehrere Hasskampagnen gegen Schwule und Lesben anführte. Für Gus Van Sant verkörpert die Extremistin Anita Bryant einen Teil von Amerika, der sich leider nicht allzu sehr verändert hat:
"Sarah Palin hätte ohne weiteres die Nachfolge von Anita Bryant antreten können. Mit ähnlichen Ansichten über Menschen, die nicht so sind wie sie. Nicht auszudenken, was geschehen wäre, hätte John McCain gewonnen und sie wäre Vize-Präsidentin oder sogar Präsidentin geworden. Das ist das ultrakonservative Amerika, das Angst vor dem Wandel und vor dem Außen hat. Eine tiefe Angst um das isolierte, geschützte Leben, das sie führen. "
"Milk" ist Gus Van Sants bisher konventionellster Film, und zugleich sein militantester. Kein Denkmal für Harvey Milk, sondern eine Verbeugung vor ihm, vor seinem Mut, seinem Humor und seinem Kampfgeist. Für Gus Van Sant geht Harvey Milks Kampf weiter, auch wenn er selbst ihn auf andere, diskretere Weise führt.
""Ich habe keine eigene Aktivisten-Geschichte. Auch keine Schwulenaktivisten-Geschichte. Ich war immer die Schande meiner Schwulengemeinde in Portland. Ich nehme nicht an Schwulenparaden teil und auch nicht an den Paraden der Heteros. Ich zeige mich nicht gerne. Ich bin ein eher isolierter Mensch, ein Eremit. Aktivismus ist ehrenwert und sexy und romantisch. Manchmal wünschte ich, ich könnte das. Stattdessen drehe ich Filme über Aktivisten."