Herr der Blockbuster
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Jerry Bruckheimer hat mit "Top Gun", "Fluch der Karibik" oder "Bad Boys" mehrere Blockbuster produziert. Auch im Fernsehen und bei Streamingdiensten ist er erfolgreich. Doch es sind nicht nur die Einnahmen, die ihn interessieren.
Wie ein Star wirkt Jerry Bruckheimer überhaupt nicht. Tief in einen Sessel versunken sitzt er in einem mit Büchern vollgestopften Raum im Berliner Hotel Adlon und tippt auf seinem Handy eifrig eine Mail.
Als die Tür aufgeht, guckt er nur kurz auf, wartet darauf, dass man ihm gegenüber Platz nimmt und gibt nur wiederwillig zur Begrüßung die Hand. Bruckheimer steht nicht gerne im Rampenlicht, zieht die Fäden im Hintergrund. Mit großem Erfolg. Bruckheimer hat in den 90er-Jahren das testosterongeschwängerte Actionkino mitbegründet, gilt als Wegbereiter für den hyperaktiven Action-Regisseur Michael Bay, der unter bei der Transformers-Reihe Regie führte.
Junge Talente aus Belgien
Statt Bay, der aus Zeitgründen die Regie abgeben musste, setzt er bei "Bad Boys for Life" auf zwei neue, zumindest in Hollywood nahezu unbekannte Talente: die beiden belgischen Freunde Adil El Arbi und Bilall Fallah. Eine Taktik, mit der er schon oft gut gefahren ist.
"Ich schaue mir viel an. Filme, Fernsehfilme, Serien. Ich verlasse mich oft auf die Empfehlungen anderer. Mir hat jemand ‚Black‘ empfohlen, so bin ich auf die beiden jungen belgischen Regisseure aufmerksam geworden. Als sie nach Amerika kamen, wollte ich mich unbedingt mit ihnen treffen. Ich habe sie gefragt, was sie gerne machen würden. Sie haben ‚Bad Boys‘ geantwortet. Ich habe Ihnen gesagt, dass wir am Drehbuch sitzen und uns melden, sobald wir eine vorzeigbare Geschichte haben. Genau das haben wir gemacht."
Genres wiederbelebt
Bruckheimer denkt immer einen Schritt weiter als seine Kollegen. Mit "Top Gun" und "Fluch der Karibik" hat er damals zwei eigentlich tote Genres wiederbelebt: den Kampfpilotenfilm und das Piratenfilmgenre. "Top Gun 2" kommt diesen Sommer. Die Karriere von Johnny Depp ist eng mit der Paraderolle des Captain Jack Sparrow verknüpft – zumindest in der öffentlichen Wahrnehmung.
Bruckheimers größte Angst ist es, zu versagen. Ein Makel, den es in seiner Filmografie nur selten gibt.
"Ich bin auf alle meine Filme stolz. Selbst auf die, die vielleicht nicht funktioniert haben. ‚Lone Ranger‘ war für mich ein guter Film, mit talentierten Schauspielern. Es gibt Filme, die funktionieren – andere nicht. Da steckt man nicht immer drin. Klar kann ich mir die Kritiken durchlesen, aber die Guten sind nie gut genug und die Verrisse sind verheerend. Warum sollte ich mir das also antun? Manchmal ist es einfach ein anderer Film, der zur gleichen Zeit rauskommt und besser funktioniert. Es gibt hundert Gründe."
Bekennender Republikaner
Bruckheimer sieht sich selbst als Dienstleister. Ende der Neunziger stieg er ins damals noch übersichtlichere Fernsehgeschäft ein. "CSI: Crime Scene Investigation", die CSI-Ableger Miami und New York, True-Crime-Serien wie "Cold Case" oder "Without A Race". Zeitweilig hatte er sechs Serien parallel laufen. Im Zeitalter von Streamingdiensten ist er fast schon in Goldgräberstimmung.
"Was sich verändert hat, ist die Anzahl der Outlets. Als ich angefangen habe, gab es drei Fernsehsender. Das war es. Heute haben wir Hunderte. Plus Streaming. Ich will die Leute unterhalten – egal ob im Fernsehen oder im Kino. Für mich bedeutet das eine viel größere Möglichkeit, Talente zu entdecken. Überall. Es gibt so viel Inhalte. Auf Netflix, auf Amazon, im Kino, selbst im klassischen Fernsehen. Die Auswahl an guten Regisseuren, Schauspielern und Drehbuchautoren ist Wahnsinn."
Dabei ist Bruckheimer im liberal geprägten Hollywood ein Außenseiter. Ein bekennender Republikaner, der sich über Donald Trump zwar bedeckt hält, dessen Filme aber oft für sich sprechen.
Machen, was wichtig ist
"Top Gun" war der erste Fall einer direkten Kollaboration zwischen Hollywood und der U.S. Navy, sein Kriegsfilm "Operation 12 Strong" feiert die Übermacht des US-Militärs gegenüber Afghanistan. Das Branchenmagazin "Variety" schrieb einmal über Bruckheimer, dass seine Filme exzentrisch und immer einen drüber seien. Das Storytelling sei geleitet vom Glauben, besser zu sein als die anderen. Eine Strategie, die ihm Millionen gebracht hat. Egal wo.
"Natürlich versuche ich immer erst den großen Ansatz; versuche, die Leute ins Kino zu kriegen. Aber das klappt nicht immer. Die Fortsetzung von "Beverly Hills Cop" zum Beispiel will keiner machen. Also haben wir die Idee an Netflix verkauft und machen den Film jetzt da. Aber Hauptsache wir machen ihn, das ist mir das wichtigste."
Bruckheimer ist wendig und glatt wie ein Aal. Und im amerikanischen Film- und Fernsehen eine Macht. Auch mit seinen 76 Jahren.