Finale in Salzburg
Zum fünften und letzten Mal gibt der italienische Dirigent Muti bei den Salzburger Pfingstfestspielen Einblicke in die neapolitanische Komponistenschule des 18. Jahrhunderts. Zum Auftakt der Festspiele präsentiert er die Oper "I due Figaro" von Saverio Mercadante - eine Opern-Rarität.
Der zweite Figaro, um es gleich vorwegzunehmen, ist Cherubino. Er ist beim Militär avanciert und ist unter dem Namen Figaro im Haus des Grafen aufgetaucht, er stellt nämlich Inez, der Tochter des Grafen nach. Eine Generation später im Biedermeier ist Figaro nicht mehr revolutionär, sondern ein hinterlistiger und intriganter Bürger, er will die Tochter des Grafen mit einem Diener verkuppeln, den er als Adeligen ausgibt und für diesen Coup die Hälfte der Mitgift kassieren.
Solche Fortsetzungen von Beaumarchais Figaro-Komödien "Der Barbier von Sevilla" und "Die Hochzeit des Figaro" waren sehr beliebt, auch Beaumarchais selbst schrieb eine und das Libretto "I due Figaro" ist in Italien zwei Mal vertont worden, von Michele Carafa, vor wenigen Jahren in Bad Wildbad ausgegraben und von Saverio Mercadante, 2011 die Opernaufführung der Salzburger Pfingstfestspiele unter Riccardo Muti.
"I due Figaro" beendet ein einzigartiges Salzburger Experiment: Fünf Jahre lang stand die Musikkultur Neapels- vor allem die aus dem 18. Jahrhundert - im Mittelpunkt dieser Festspiele, eine musikalische, vielfach vergessene in Bibliotheken schlummernde musikalische Welt, doch mit großem Einfluss auf die Wiener Klassik, auch auf die Entwicklung der Oper überhaupt.
Mercadante gehört zu jener neapolitanischen Musikkultur, er war zuletzt Leiter des Konservatoriums in Neapel, aber "I due Figaro" ist eine Oper die 1836 in und für Spanien komponiert wurde, auch spanische Musik, Boleros und Chachuchas, enthält. Aber natürlich ist es dramaturgisch einleuchtend, wenn man die Wechselwirkung neapolitanischer Musikkultur mit der Wiener Klassik zeigen will, diesen Figaro vorzuführen, zumal Mercadante deutlich Mozarts "Hochzeit des Figaro" zitiert.
Allerdings es gäbe, wie die zaghafte Mercadante-Rennaissance der letzten Jahre zeigte, interessantere Mercadante-Opern zu entdecken, eines Komponisten nämlich, der den spannenden Übergang zwischen dem abstrakten Belcanto zu der expressiveren Theatralik des frühen Verdi markiert. Und auch im Vergleich mit der in Wildbad gezeigten "I due Figaro" Oper von Michele Carafa fällt Mercadante ab.
Das liegt vor allem an der harmlos netten Inszenierung von Emilio Sagi und wohl auch an dem allzu jugendlichen Ensemble: kein Sänger unter dreißig! Sicherlich, es sind dabei Entdeckungen zu machen, wie Antonio Polli als Graf, ein Tenor wie bei Rossini, kein Bariton wie bei Mozart. Aber die Oper handelt von alten Ehepaaren voller Zynismus und altem lang angestautem Ehefrust. Auch ist es dramaturgisch reizvoller aus Cherubino einen alten dicken Bassbuffo zu machen wie bei Carafa. Bei Mercadante hat auch der alt gewordene Cherubino noch keinen Stimmbruch und ist weiterhin eine Hosenrolle – doch mit dem Rokoko-Jüngling aus Mozarts Oper hat er nichts zu tun. Auch beim sehr jugendlichen Orchester Mutis, "Giovanile Luigi Cherubini" hat man bisweilen das Gefühl, dass Jugendlichkeit eher Kostengründe hat, da man Souveränität hin und wieder vermisst. Allerdings gelingt es Riccard Muti dennoch im allgemeinen Geplätscher der Musik plötzlich tief berührende Stellen der Traurigkeit zu schaffen. Denn "I due Figaro" ist keine harmlose Komödie, sondern ein ernstes "Dramma giocoso" – und das macht Muti dann vor allem im zweiten Teil zumindest musikalisch klar. Bei Carafas "I due Figaro" wird der spießig intrigante Figaro im Finale aus dem Haus gejagt, bei Mercadante, in Salzburg, bittet Susanna, obwohl auch unglücklich verheiratet, beim Grafen, der ihr keinen Wunsch abschlagen kann, für ihren Ehemann. Figaro darf auf Wiederanstellung hoffen.
Salzburger Festspiele 2011: "I due Figaro"
Solche Fortsetzungen von Beaumarchais Figaro-Komödien "Der Barbier von Sevilla" und "Die Hochzeit des Figaro" waren sehr beliebt, auch Beaumarchais selbst schrieb eine und das Libretto "I due Figaro" ist in Italien zwei Mal vertont worden, von Michele Carafa, vor wenigen Jahren in Bad Wildbad ausgegraben und von Saverio Mercadante, 2011 die Opernaufführung der Salzburger Pfingstfestspiele unter Riccardo Muti.
"I due Figaro" beendet ein einzigartiges Salzburger Experiment: Fünf Jahre lang stand die Musikkultur Neapels- vor allem die aus dem 18. Jahrhundert - im Mittelpunkt dieser Festspiele, eine musikalische, vielfach vergessene in Bibliotheken schlummernde musikalische Welt, doch mit großem Einfluss auf die Wiener Klassik, auch auf die Entwicklung der Oper überhaupt.
Mercadante gehört zu jener neapolitanischen Musikkultur, er war zuletzt Leiter des Konservatoriums in Neapel, aber "I due Figaro" ist eine Oper die 1836 in und für Spanien komponiert wurde, auch spanische Musik, Boleros und Chachuchas, enthält. Aber natürlich ist es dramaturgisch einleuchtend, wenn man die Wechselwirkung neapolitanischer Musikkultur mit der Wiener Klassik zeigen will, diesen Figaro vorzuführen, zumal Mercadante deutlich Mozarts "Hochzeit des Figaro" zitiert.
Allerdings es gäbe, wie die zaghafte Mercadante-Rennaissance der letzten Jahre zeigte, interessantere Mercadante-Opern zu entdecken, eines Komponisten nämlich, der den spannenden Übergang zwischen dem abstrakten Belcanto zu der expressiveren Theatralik des frühen Verdi markiert. Und auch im Vergleich mit der in Wildbad gezeigten "I due Figaro" Oper von Michele Carafa fällt Mercadante ab.
Das liegt vor allem an der harmlos netten Inszenierung von Emilio Sagi und wohl auch an dem allzu jugendlichen Ensemble: kein Sänger unter dreißig! Sicherlich, es sind dabei Entdeckungen zu machen, wie Antonio Polli als Graf, ein Tenor wie bei Rossini, kein Bariton wie bei Mozart. Aber die Oper handelt von alten Ehepaaren voller Zynismus und altem lang angestautem Ehefrust. Auch ist es dramaturgisch reizvoller aus Cherubino einen alten dicken Bassbuffo zu machen wie bei Carafa. Bei Mercadante hat auch der alt gewordene Cherubino noch keinen Stimmbruch und ist weiterhin eine Hosenrolle – doch mit dem Rokoko-Jüngling aus Mozarts Oper hat er nichts zu tun. Auch beim sehr jugendlichen Orchester Mutis, "Giovanile Luigi Cherubini" hat man bisweilen das Gefühl, dass Jugendlichkeit eher Kostengründe hat, da man Souveränität hin und wieder vermisst. Allerdings gelingt es Riccard Muti dennoch im allgemeinen Geplätscher der Musik plötzlich tief berührende Stellen der Traurigkeit zu schaffen. Denn "I due Figaro" ist keine harmlose Komödie, sondern ein ernstes "Dramma giocoso" – und das macht Muti dann vor allem im zweiten Teil zumindest musikalisch klar. Bei Carafas "I due Figaro" wird der spießig intrigante Figaro im Finale aus dem Haus gejagt, bei Mercadante, in Salzburg, bittet Susanna, obwohl auch unglücklich verheiratet, beim Grafen, der ihr keinen Wunsch abschlagen kann, für ihren Ehemann. Figaro darf auf Wiederanstellung hoffen.
Salzburger Festspiele 2011: "I due Figaro"