Finanziers prägen den amerikanischen Wahlkampf

Die Präsidentenmacher

Wackelfiguren mit stilisierten Köpfen des republikanischen Kandidaten Donald Trump und der demokratischen Kandidatin Hillary Clinton
Clinton gegen Trump - auch ein Kampf der Geldgeber © dpa / Kay Nietfeld
Von Nana Brink |
Mehr als eine Milliarde Euro werden sowohl Hillary Clinton als auch Donald Trump in ihren Wahlkampf investieren. Das Geld müssen sie nicht allein aufbringen - im Hintergrund ziehen mächtige Finanziers die Strippen.
In seinem letzten Wahlkampf 2012 warnte Präsident Obama noch vor den "Jungs, die einen 10-Millionen-Dollar-Scheck ausstellen" und ihren "Superpacs". Die "Political Action Committees" - übersetzt am besten mit politische Lobbygruppen - haben im Wahlkampf weitestgehend die Funktionen von Parteien übernommen, wie wir sie in Europa kennen. Sie sammeln Geld, organisieren Kampagnen, bilden Wahlkämpfer aus und schalten Werbespots. Sie sind eine amerikanische Spezialität, so der USA-Experte Josef Braml von der Deutschen Gesellschaft für Auswärtige Politik.
"Im amerikanischen System haben Parteien nicht die Rolle wie bei uns in einem parlamentarischen Regierungssystem, Parteien sind in den USA größere Wahlvereine und selbst diese Minimalfunktion haben sie mittlerweile an Pacs, Superpacs, Interessengruppen und Vermögende abgegeben, nicht zuletzt dank des Urteils des Supreme Courts, das eben Meinungsfreiheit mit Geld ausgeben gleich setzt."
Die Entscheidung des Supreme Court – des Obersten Gerichts in den USA – war bahnbrechend: War es Unternehmen und Gewerkschaften bislang verboten, Wahlkampfkomitees mit Geld zu unterstützen, erlaubte das Urteil 2010 nun eine direkte Finanzierung. Bruce Stokes, vom renommierten Meinungsforschungsinstitut PEW Research Center in Washington:
"Unser Oberstes Gericht hat entschieden, dass das Recht, Geld auszugeben, um einen Kandidaten zu unterstützen, verfassungskonform ist. In unserer Verfassung fällt das unter 'Redefreiheit'. Bis die Verfassung geändert wird oder das Oberste Gericht eine andere Mehrheit bekommt, ist das Gesetz. Es wird also unbegrenzt Geld in die Kampagnen fließen."

Geld von Firmen ohne Limits

Weshalb diese Lobbygruppen auch "Superpacs" genannt werden: Sie können Geld von Firmen und Einzelpersonen einsammeln, ohne Limitierung und ohne die Spender offen zu legen.
"Wenn Europäer beunruhigt sind über den Einfluss des Geldes auf die Politik – dann ist das berechtigt. Eben weil wir wissen, dass das Geld direkt in Kampagnen gesteckt wird und die Politik beeinflusst."
"Money talks" - Geld gibt den Ton an – so könnte man das Prinzip dieser Wahlkampfkomitees beschreiben. Wie sie funktionieren, kann man anhand von "Priorities for USA Action" erklären, einer demokratischen Lobbygruppe mit einem geschätzten Budget von 76 Millionen Dollar. Größter Einzelspender mit 6,5 Millionen: Der Börsenmogul George Soros. "Priorities for USA Action" schaltet Werbespots gegen Donald Trump. In diesem geht es um seine abwertende Äußerungen gegenüber Frauen und das Abtreibungsrecht.
"Die Pacs dürfen nicht kooperieren mit den offiziellen Kampagnen der Parteien oder der Kandidaten, aber wer will das nachweisen, oft ist es der ehemalige Campaign-Manager, der dann einen Superpacs leitet und rein zufällig dann den Gegenkandidaten mit Dreck beschmeißt, dass ist die beliebteste Strategie, also negativ campaigning."
Längst ist es gängige Praxis, dass ehemalige Wahlkampfmanager diese Komitees leiten, die meist nur einen Zweck haben: Den Ruf des politischen Gegners durch negative Werbung zu beschädigen. Wie negativ solche Kampagnen sein können, zeigt ein kürzlich veröffentlichter Werbespot gegen Hillary Clinton aus dem Lager der Trump-Unterstützer. Zu sehen sind ein IS-Kämpfer und ein eingeblendeter Text: Wie wollen wir unseren schlimmsten Feinden begegnen?

Meinungsfreiheit auch im Portemonnaie

Eine bellende Hillary Clinton – und danach ein lachender Vladimir Putin. Persönliche Angriffe sind nicht unüblich in amerikanischen Wahlkämpfen. Aber noch nie wurde so viel Geld dafür ausgegeben. Man schätzt, dass sowohl Donald Trump als auch Hillary Clinton am Ende eine Milliarde Dollar in diesen Wahlkampf stecken. Zum Vergleich: Im Bundestagswahljahr 2013 haben alle Parteien rund 150 Millionen Euro ausgegeben. "Money talks": Geld gleich Kommunikation, gleich Meinungsfreiheit, so das Urteil des Supreme Court, des Obersten Gerichts der USA.
"Natürlich kann man sagen, was der Court damals proklamiert hat, ist "free speech'. Für alle die Möglichkeit, sich frei zu äußern, ohne zu bedenken, dass das eine Unausgewogenheit bringt… und meine Meinung, es kann ja nicht wieder von einem Gericht korrigiert werden, es muss von dem Kongress korrigiert werden. Bloß ich frage mich, wer hat Interesse an dieser Korrektur."
Der Politikwissenschaftler Jackson Janes von der John-Hopkins-Universität in Washington bleibt skeptisch. Donald Trump hatte noch Mitte Mai bestritten, überhaupt solche Lobbygruppen hinter sich zu haben, frei nach dem Trump'schen Motto: Ich habe so viel Geld, ich lasse mich nicht kaufen. Ein Irrtum, wie die New York Times und der Fernsehsender NBC herausfanden. Und Hillary Clinton, die über die Wahlkampfkomitees mit den meisten Geldern verfügt, will als Präsidentin den Ast absägen, auf dem sie jetzt sitzt: Ich kämpfe dafür, den Einfluss des Geldes auf die Wahlen zu begrenzen!
"We all have a personal stake in this... If the court doesn't overturn the Citzien United I will fight for a constitutional amendment to limit the influence of money in the elections."
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