Eine Kulturtaxe für München?
07:50 Minuten
Die Corona-Pandemie fordert erste Sparmaßnahmen von Museen und Theatern. Die städtische Münchner Kultur muss alleine in diesem Jahr 16 Millionen Euro einsparen. Mit einer Kulturabgabe für Touristen könnte man das Finanzloch ausgleichen.
Die finanziellen Folgen der Pandemie sind erheblich, große Lücken in den städtischen Etats tun sich auf. Wie so oft wird dann auch in der Kultur gespart, so auch in München. Im Kulturbereich besteht dort ein Finanzloch von 16 Millionen.
Dieses könne man mit einer Kulturabgabe stopfen, schlug Alex Rühle von der "Süddeutschen Zeitung" in der vergangenen Woche in einem Feuilleton-Artikel vor.
"2019, vor der Pandemie, gab es in München über 18 Millionen touristische Übernachtungen. Wenn die Stadt zum Beispiel zwei Euro pro Nacht erheben würde, dann könnte sie schon mehr als das Doppelte von diesem Finanzloch stopfen", erklärt unser Bayernkorrespondent Tobias Krone die Idee.
In Köln und Hamburg ist die Kulturabgabe erfolgreich
Es geht also um eine Art Übernachtungssteuer für Menschen, die in München Urlaub machen, eine Art Kulturtaxe, wie es sie bereits in Köln, Hamburg und Berlin, aber auch in Florenz und Venedig gibt.
"In Köln kamen vor Corona sieben Millionen Euro im Jahr zusammen. Damit finanziert man teilweise die Stadtteilbibliotheken. In Hamburg kam man so auf 16 Millionen. Damit werden vor allem kulturtouristische Projekte finanziert, also zum Beispiel Musikevents oder Festivals, aber auch das Tourismusmarketing. Auch nach Corona will man in diesen Städten diese Taxe beibehalten."
Die Münchner Kulturschaffenden stehen der Idee teilweise aufgeschlossen gegenüber, wie Krone berichtet: "Vor allem in der freien Szene fürchtet man, dass man zwar noch ausgenommen ist vom Sparprogramm, aber in den kommenden Jahren auch was abgeben muss. Deshalb begrüßt zum Beispiel Ute Gröbel vom Theater für freie Gruppen 'HochX' die Idee der Kulturabgabe."
Abhängig von Übernachtungszahlen
Sehr viel kritischer dagegen sieht es Barbara Mundel, die Intendantin der Münchner Kammerspiele. Wenn mit dieser Abgabe strukturelle Maßnahmen finanziert werden sollten, für die bisher die Städte aufkommen, "dann ist es total schwierig, auf so eine Einnahme angewiesen zu sein", sagt sie, auch weil Übernachtungszahlen schwanken und somit die Einnahmen aus dieser Kulturtaxe unberechenbar wären.
Die Stadtpolitik steht der Idee jedenfalls aufgeschlossen gegenüber, wie Krone berichtet: "Egal ob bei den regierenden Grünen und der SPD oder bei der Opposition, Linke und CSU, alle sagen: Sympathische Idee, aber erst mal soll sich der Tourismus erholen. Natürlich sitzt den Politikerinnen und Politikern auch so ein bisschen die Hotelbranche im Nacken."
In der Hotelbranche sehe man so eine Abgabe als Wettbewerbsnachteil gegenüber anderen Städten, so Krone. Auch wenn es relativ unwahrscheinlich sei, dass Touristinnen aus China wegen zwei Euro nicht nach München reisen würden.
Kulturversorgung soll verpflichtend sein
Doch Barbara Mundel möchte das Problem grundlegender lösen und fordert, die Kulturversorgung analog zur Wasserversorgung zu einer verpflichtenden Aufgabe der Kommunalpolitik zu machen. Bisher ist Kultur eine sogenannte freiwillige Leistung der Städte in Deutschland:
"Dass Freiwilligkeit heißt, man könne sich dann daraus einfach verabschieden oder es so zusammenstreichen, dass es völlig marginalisiert wird, ist ein großes Missverständnis, würde ich behaupten. Und wenn man Kultur auch zur Pflichtaufgabe machen würde, hätte man zumindest diese Diskussion nicht mehr. Dann würde man tatsächlich auf Augenhöhe miteinander diskutieren."
(ckr)