Finanzkrise unbewältigt
"Was macht Ihr eigentlich zur Finanzkrise?" Diese Frage wird gerne und in vielen Städten an die einheimische Bühne gestellt. Das Düsseldorfer Schauspielhaus suchte eine Antwort in der Weltliteratur und fand Émile Zolas hierzulande selten gelesenen, zurzeit vergriffenen, Roman "Das Geld".
Die Intendanz beauftragte einen Spezialisten für Theaterfassungen von dicken Romanen, den in Hamburg lebenden Autor und Dramaturgen John von Düffel. Er hat für Düsseldorf bereits Thomas Manns "Buddenbrooks" sowie "Joseph und seine Brüder" bearbeitet.
Émile Zola schrieb den Roman 1890/91 und siedelte ihn in den 1860er-Jahren an. Er nahm Bezug auf den für die Dritte Republik bedeutsamen Zusammenbruch der Banque l'Union Generale. Deren Börsenspekulationen, so was gab's bereits vor 120 Jahren, rissen viele kleine Anleger ins Unglück. Die Romanhandlung spielt auf mehreren Ebenen: bei den Geschädigten, den kleinen Gewinnlern, Erpressern, den marxistischen Mahnern und den Bankiers. Letztere, die aktiven Teilnehmer an den Spekulationen, versucht der Autor nicht als die "Bösen" darzustellen. Er sieht ihre Taten als Teil des Systems und seiner Zeit, die er als moralisch krank empfindet.
Die Bearbeitung John von Düffels lässt, bis auf den Marxisten, die Nebenlinien weg und stellt den scheiternden Spekulanten in den Mittelpunkt. Aufstieg und Fall des Finanzjongleurs Saccard könnte seine Version heißen. Regisseurin Tina Lanik bemüht sich, den Gang der Dinge mit Spannung zu versehen und entfaltet ein großes stilistisches Durcheinander. Die Inszenierung beginnt im Foyer. Spekulanten, die alle ein bisschen wie Hotelpersonal aussehen, rennen laut brüllend und leere Zettel schmeißend durchs Publikum und über den Balkon. Eine Reporterin mit dem blauen Mikrophon eines "Börsen-TV" berichtet über Zusammenbrüche und Neueinstiege. Das wirkt hier, pardon, wie Schülertheater.
Wenn die Publikumskarawane dann ins Schauspielhaus und die Schauspielertruppe auf die Bühne gezogen sind, erleben wir eine durchaus opulente Ausstattung. Mit der großen Drehbühne fahren Akteure hinein und herum. Es gibt noch eine kleinere Drehscheibe, auf der im Spot die Vorentscheidungen verhandelt werden. Dabei wird wenig zu gespielt, das Ensemble ist bloß Stichwortgeber für Saccard, bleibt statisch, stilisiert. Saccards Frauengeschichten, etwa die mit Caroline, der Ehefrau des Ingenieurs Hamelin, gewinnen keine emotionale Substanz. Saccard fasst die Damen grob und gierig an und lässt sie fallen: Was ist eine schöne Frau gegen ein gutes Geschäft. Eine Reaktion der Frauen erfolgt kaum.
Da der Inszenierung die inhaltlichen Ideen fehlen, rettet sie sich in symbolträchtige Mätzchen. Seifenblasen werden verpustet, leere Papiere regnen vom Himmel, Goldstaub wird verrieselt, Saccard ziert sich mit der Maske eines goldenen Kalbs. Das Geschehen ist historisch nicht verortet. Der viel zu häufige und nervige Einsatz der "Börsen-TV-Reporterin" soll das Geschehen nach heute transportieren. Das klingt unfreiwillig komisch, wenn die Dame von einem, heute schwer vorstellbaren, Krieg zwischen Österreich und Italien berichtet.
Michele Cuciuffo als Saccard hat die einzig dankbare Rolle. Er nutzt sie durch körperliche Präsenz und verharmlost sie mit verqueren tänzerischen Gesten. Der Rest des Ensembles quält sich mit diesen Figuren, genau wie das Publikum. Diese Romanbearbeitung bleibt getragen, ermüdend und wenig durchdacht. Die gute alte Vorlage von Zola führt nicht zu einem klugen, originellen und neuen Beitrag zur Finanzkrise.
Émile Zola schrieb den Roman 1890/91 und siedelte ihn in den 1860er-Jahren an. Er nahm Bezug auf den für die Dritte Republik bedeutsamen Zusammenbruch der Banque l'Union Generale. Deren Börsenspekulationen, so was gab's bereits vor 120 Jahren, rissen viele kleine Anleger ins Unglück. Die Romanhandlung spielt auf mehreren Ebenen: bei den Geschädigten, den kleinen Gewinnlern, Erpressern, den marxistischen Mahnern und den Bankiers. Letztere, die aktiven Teilnehmer an den Spekulationen, versucht der Autor nicht als die "Bösen" darzustellen. Er sieht ihre Taten als Teil des Systems und seiner Zeit, die er als moralisch krank empfindet.
Die Bearbeitung John von Düffels lässt, bis auf den Marxisten, die Nebenlinien weg und stellt den scheiternden Spekulanten in den Mittelpunkt. Aufstieg und Fall des Finanzjongleurs Saccard könnte seine Version heißen. Regisseurin Tina Lanik bemüht sich, den Gang der Dinge mit Spannung zu versehen und entfaltet ein großes stilistisches Durcheinander. Die Inszenierung beginnt im Foyer. Spekulanten, die alle ein bisschen wie Hotelpersonal aussehen, rennen laut brüllend und leere Zettel schmeißend durchs Publikum und über den Balkon. Eine Reporterin mit dem blauen Mikrophon eines "Börsen-TV" berichtet über Zusammenbrüche und Neueinstiege. Das wirkt hier, pardon, wie Schülertheater.
Wenn die Publikumskarawane dann ins Schauspielhaus und die Schauspielertruppe auf die Bühne gezogen sind, erleben wir eine durchaus opulente Ausstattung. Mit der großen Drehbühne fahren Akteure hinein und herum. Es gibt noch eine kleinere Drehscheibe, auf der im Spot die Vorentscheidungen verhandelt werden. Dabei wird wenig zu gespielt, das Ensemble ist bloß Stichwortgeber für Saccard, bleibt statisch, stilisiert. Saccards Frauengeschichten, etwa die mit Caroline, der Ehefrau des Ingenieurs Hamelin, gewinnen keine emotionale Substanz. Saccard fasst die Damen grob und gierig an und lässt sie fallen: Was ist eine schöne Frau gegen ein gutes Geschäft. Eine Reaktion der Frauen erfolgt kaum.
Da der Inszenierung die inhaltlichen Ideen fehlen, rettet sie sich in symbolträchtige Mätzchen. Seifenblasen werden verpustet, leere Papiere regnen vom Himmel, Goldstaub wird verrieselt, Saccard ziert sich mit der Maske eines goldenen Kalbs. Das Geschehen ist historisch nicht verortet. Der viel zu häufige und nervige Einsatz der "Börsen-TV-Reporterin" soll das Geschehen nach heute transportieren. Das klingt unfreiwillig komisch, wenn die Dame von einem, heute schwer vorstellbaren, Krieg zwischen Österreich und Italien berichtet.
Michele Cuciuffo als Saccard hat die einzig dankbare Rolle. Er nutzt sie durch körperliche Präsenz und verharmlost sie mit verqueren tänzerischen Gesten. Der Rest des Ensembles quält sich mit diesen Figuren, genau wie das Publikum. Diese Romanbearbeitung bleibt getragen, ermüdend und wenig durchdacht. Die gute alte Vorlage von Zola führt nicht zu einem klugen, originellen und neuen Beitrag zur Finanzkrise.