Finnland, Schweden und die NATO
Provokationen werden hier im Falle eines NATO-Beitritts erwartet: Grenzkontrolle an der 1300 Kilometer langen finnisch-russischen Grenze, drei Fahrtstunden entfernt von Helsinki.
© IMAGO/Willi Schewski
Der Ukraine-Krieg und Putins Grenzen
23:24 Minuten
Die Entscheidung, ob Finnland und Schweden als Konsequenz aus Russlands Angriffskrieg in der Ukraine der NATO beitreten, steht unmittelbar bevor. Damit hätte Russland an seiner Nordwestgrenze ausschliesslich NATO-Staaten. Droht dann eine Eskalation?
Auch wenn sich im hohen Norden noch niemand offiziell zu der Entscheidung von Finnland und Schweden für oder gegen einen NATO-Beitritt äußern will: Es ist nach Einschätzung von Skandinavien-Korrespondentin Sofie Donges sehr wahrscheinlich, dass das Votum im Fall von Finnland ein "Ja" sein wird. Auch über 60 Prozent der Bevölkerung seien dafür.
Im Moment tagten vor allem die Ausschüsse des finnischen Parlaments. Außerdem gebe es einen regen Flugverkehr zwischen Finnland und seinem Nachbarn Schweden, wo ebenfalls über diese Frage debattiert werde.
Man arbeite sehr eng zusammen, auch die Ministerpräsidentinnen beider Länder, Sanna Marin und Magdalena Andersson träfen regelmäßig aufeinander, so unsere Korrespondentin, die von Stockholm aus über die Entwicklung berichtet.
Ist der 16. Mai der Tag der Entscheidung?
Noch gebe es keinen genauen Fahrplan darüber, wann sich wer der verantwortlichen Politikerinnen und Politiker öffentlich auf ein Pro oder Contra zum Beitritt zur Allianz äußern werde.
Aber es gebe Hinweise:
Am 12. Mai werde sich der finnische Präsident Sauli Niinistö zu seiner persönlichen Entscheidung äußern. Am 14. Mai werde sich möglicherweise die finnische Ministerpräsidentin Sanna Marin äußern.
Und am 16. Mai - so die persönliche "Büro-Wette" unserer Korrespondentin - werden sich Finnland und Schweden offiziell zum Thema Beitritt zur Verteidigungsallianz erklären.
Allerdings - so räumt Sofie Donges ein - bewege sich vieles im Hinblick auf die Terminen noch im Bereich der Spekulation, da man von offizieller Seite noch keine genauen Angaben dazu bekomme.
Im Fall von Schweden ist sich unsere Skandinavien-Expertin nicht so sicher wie bei Finnland, ob es etwas werde mit dem schnellen NATO-Beitritt.
Zwar seien mittlerweile knapp über 50 Prozent der Bevölkerung dafür. Aber unter den regierenden Sozialdemokraten gebe es einige Stimmen, die mahnen, jetzt nichts zu überstürzen. Umso mehr als die Reichstagswahlen im September vor der Tür stünden.
Schwedens Beitritt ist nicht so sicher
Und auch wenn die schwedische Ministerpräsidentin Andersson immer wieder betone, dass die Entscheidung Finnlands die schwedische mitbeeinflussen werde - Sofie Donges will sich hier nicht festlegen.
Nichtsdestotrotz gebe es in beiden Ländern eine Tendenz zu einem "Ja zur NATO" - wie sie noch nie vorher existiert habe. In Finnland wie in Schweden sei die Angst vor einem russischen Angriff relativ hoch.
Seit vielen Jahren arbeite man hier schon mit dem Verteidigungsbündnis zusammen. Seit mindestens 2014 gebe es eine sehr enge Kooperation, die gemeinsame Übungen und Treffen beinhalte. Die Partnerschaft sei also schon jetzt sehr eng, so Donges.
Der offizielle Beitritt würde aber ergänzend bedeuten, dass die Neuzugänge unter den Schutz von Artikel 5 fallen würden, der die Garantie beinhalte, dass im Angriffsfall die anderen NATO-Länder aktive Unterstützung leisteten.
Moskau: "Es wird etwas passieren"
Moskau habe schon offen Drohungen ausgesprochen, dass wenn Finnland und Schweden der NATO beitreten, dann werde "etwas passieren". Was genau wurde nicht benannt, sagt unsere Korrespondentin.
Trotzdem gehe man aktuell in beiden skandinavischen Ländern im Fall eines Beitritts nicht von einem militärischen Angriff durch Putins Russland aus. Aber man rechne durchaus mit Cyberattacken und Provokationen, wie der Entsendung von Flüchtlingen über die russische Grenze nach Finnland.
Die Politik in beiden Ländern betone derzeit aber, so Sofie Donges, dass Russland wegen des Krieges in der Ukraine keine militärischen Kapazitäten mehr frei und man starke Partner im Rücken habe, die im Fall der Fälle auch eingreifen würden.
(ik)