Finten und Fallen
Als trickreicher "Fallensteller" wurde der Künstler Andreas Slominski international bekannt. Die Sammlung Goetz zeigt Werke des publikumsscheuen Bastlers, darunter auch große Reliefgemälde in Spritztechnik und metallene Garagentore.
Das ist ja schon infam: ausgerechnet ein alter Kinderwagen dient als Köder, um darin Vögel zu fangen. Eine Gitterkonstruktion ist dem scheinbar harmlosen Gefährt als Käfig aufgesetzt, als Lockspeise sind ein paar Körner ausgestreut, und wenn ein Vogel daran pickt, schnappt der Klappmechanismus zu und das Federvieh sitzt in der Falle.
Andreas Slominski ist der Bösewicht, der solche Apparate bastelt und ersinnt – und seien wir mal ehrlich: Ein bisschen Jäger, der gern Beute macht, steckt doch in jedem von uns. Denn wenn gleich daneben drei präparierte Kaffeesäcke als Rattenfalle dienen, hält sich unser Mitgefühl mit dem gefangenen Getier in Grenzen.
Slominski ist inzwischen Spezialist für Fallen und Finten, Käfige und Köder. Als trickreicher Tüftler hantiert er aus dem Hinterhalt seines Ateliers virtuos mit tückischen Tellereisen, Stahlbügeln und Metallbehältern, mit raffinierten Reusen aus Korbgeflecht und gefährlich stacheligen Holzstäben – hier drohen die schwarzen Blechhauben eines alten Gartengrills zuzuschnappen, und dort, draußen auf dem Rasen, steht eine mannshohe Unterwasserfalle wie eine bizarre Rostskulptur.
Denn natürlich ist das alles Kunst. Slominski spielt mit den archaischen Instinkten und dem zivilisierten Unbehagen, das uns hier befällt, sagt der Kurator Stephan Urbaschek:
"Also die Fallen sind alle gespannt. Wenn man da reingreifen würde, würden die durchaus zuschnappen. Aber es ist natürlich hauptsächlich eine konzeptuelle und intellektuelle Falle, die er da aufstellt."
In einem abgedunkelten Raum, den nur ein kreisrundes Mondlicht erhellt, lauert ein merkwürdiges, wie der Titel sagt, "Gerät zum Erschrecken von Personen, die sich nachts im Park aufhalten". Es ist mehr als ein Bubenstreich, eine verhaltenspsychologische Testanlage gewissermaßen.
Da steht, im Dämmerlicht eines anderen Raums, auch eine blank polierte Badewanne als Symbol der Sauberkeit, und wenn wir uns, von der Neugier verführt, über die Wanne beugen, haben wir das aufgeklebte Foto einer schmuddeligen Oralsexszene direkt vor der Nase. Selber schuld. So lässt Slominski uns genüsslich zappeln: Sind wir nun ertappte Täter oder Opfer seiner hintersinnig schlauen Strategie?
Slominski ist ein Schlitzohr und ein Schelm, und eine gewisse Verschlagenheit als Künstler ist ihm nicht ganz fremd. Verunsicherung ist sein Konzept, egal ob er ein mit den Habseligkeiten eines Obdachlosen behängtes Fahrrad in die Galerie stellt oder Windmühlenmodelle nachbaut, die man eher in spießigen Vorgärten vermuten würde. Es ist alles eine Frage der Wahrnehmung.
In einer Ecke stehen zwölf Farbeimer auf dem Boden und strapazieren den Kunstbegriff aufs Äußerste. Es ist, so erfahren wir, die Farbe zum Streichen eines Friedhofszauns. Konzeptkunst also, wenn man will.
Ja, was die Malerei betrifft, ist Slominski kein Meister. Bilder macht er trotzdem: Er testet eben, was so geht. Ausgestanzte Styroporformen montiert er zu riesigen Reliefbildern, sperrt sie hinter Glas und hängt sie an die Wand. Zahnräder und Krawatten, eine Bratpfanne mit Spiegeleiern, allerlei Gerätschaften wie Zangen und Feuerlöscher, Leitern, Schmetterlinge und Dekorformen mixt er zu verkitschten Tableaus zusammen und besprüht sie mit bonbonbunten Farben – es ist, als wäre dem Schaufenstergestalter eines Baumarkts der Geschmack entgleist.
Bad Painting nennt man diesen verzweifelten Versuch, die Malerei aus dem Korsett ihrer Konventionen zu befreien. Kurator Stephan Urbaschek:
"Er untersucht Dinge ja auch fast wie ein Wissenschaftler und war da an einem Punkt angekommen, von dem aus er sich überlegt hat, wie sein Werk auch weitergeführt werden kann. Und wie er gesagt hat, die Malerei ist schon etwas, was ihn interessiert. Er kann nur nicht malen. Und er meint ja auch so ironisch, dass er in seinem Alter auch gar nicht mehr das Malen erlernen könne."
Wie viele Tabus da noch zu brechen sind, zeigen zwei von Slominskis neuesten Arbeiten: handelsübliche Garagenschwingtore aus Metall, leicht verfremdet und an die Wand gehängt wie gerahmte Riesenbilder.
Ja, was ist das eigentlich – ein Bild? Wie definiert es sich, wie funktioniert es, und wie nicht? Fragen, bei denen selbst Experten leicht ins Stottern kommen.
Sagen wir's mal so: Auch Garagen können Fallen sein: Klappe zu, Künstler drin. Aber Slominski wird schon wissen, wie er wieder herauskommt.
Links zum Thema:
Sammlung Goetz
Andreas Slominski ist der Bösewicht, der solche Apparate bastelt und ersinnt – und seien wir mal ehrlich: Ein bisschen Jäger, der gern Beute macht, steckt doch in jedem von uns. Denn wenn gleich daneben drei präparierte Kaffeesäcke als Rattenfalle dienen, hält sich unser Mitgefühl mit dem gefangenen Getier in Grenzen.
Slominski ist inzwischen Spezialist für Fallen und Finten, Käfige und Köder. Als trickreicher Tüftler hantiert er aus dem Hinterhalt seines Ateliers virtuos mit tückischen Tellereisen, Stahlbügeln und Metallbehältern, mit raffinierten Reusen aus Korbgeflecht und gefährlich stacheligen Holzstäben – hier drohen die schwarzen Blechhauben eines alten Gartengrills zuzuschnappen, und dort, draußen auf dem Rasen, steht eine mannshohe Unterwasserfalle wie eine bizarre Rostskulptur.
Denn natürlich ist das alles Kunst. Slominski spielt mit den archaischen Instinkten und dem zivilisierten Unbehagen, das uns hier befällt, sagt der Kurator Stephan Urbaschek:
"Also die Fallen sind alle gespannt. Wenn man da reingreifen würde, würden die durchaus zuschnappen. Aber es ist natürlich hauptsächlich eine konzeptuelle und intellektuelle Falle, die er da aufstellt."
In einem abgedunkelten Raum, den nur ein kreisrundes Mondlicht erhellt, lauert ein merkwürdiges, wie der Titel sagt, "Gerät zum Erschrecken von Personen, die sich nachts im Park aufhalten". Es ist mehr als ein Bubenstreich, eine verhaltenspsychologische Testanlage gewissermaßen.
Da steht, im Dämmerlicht eines anderen Raums, auch eine blank polierte Badewanne als Symbol der Sauberkeit, und wenn wir uns, von der Neugier verführt, über die Wanne beugen, haben wir das aufgeklebte Foto einer schmuddeligen Oralsexszene direkt vor der Nase. Selber schuld. So lässt Slominski uns genüsslich zappeln: Sind wir nun ertappte Täter oder Opfer seiner hintersinnig schlauen Strategie?
Slominski ist ein Schlitzohr und ein Schelm, und eine gewisse Verschlagenheit als Künstler ist ihm nicht ganz fremd. Verunsicherung ist sein Konzept, egal ob er ein mit den Habseligkeiten eines Obdachlosen behängtes Fahrrad in die Galerie stellt oder Windmühlenmodelle nachbaut, die man eher in spießigen Vorgärten vermuten würde. Es ist alles eine Frage der Wahrnehmung.
In einer Ecke stehen zwölf Farbeimer auf dem Boden und strapazieren den Kunstbegriff aufs Äußerste. Es ist, so erfahren wir, die Farbe zum Streichen eines Friedhofszauns. Konzeptkunst also, wenn man will.
Ja, was die Malerei betrifft, ist Slominski kein Meister. Bilder macht er trotzdem: Er testet eben, was so geht. Ausgestanzte Styroporformen montiert er zu riesigen Reliefbildern, sperrt sie hinter Glas und hängt sie an die Wand. Zahnräder und Krawatten, eine Bratpfanne mit Spiegeleiern, allerlei Gerätschaften wie Zangen und Feuerlöscher, Leitern, Schmetterlinge und Dekorformen mixt er zu verkitschten Tableaus zusammen und besprüht sie mit bonbonbunten Farben – es ist, als wäre dem Schaufenstergestalter eines Baumarkts der Geschmack entgleist.
Bad Painting nennt man diesen verzweifelten Versuch, die Malerei aus dem Korsett ihrer Konventionen zu befreien. Kurator Stephan Urbaschek:
"Er untersucht Dinge ja auch fast wie ein Wissenschaftler und war da an einem Punkt angekommen, von dem aus er sich überlegt hat, wie sein Werk auch weitergeführt werden kann. Und wie er gesagt hat, die Malerei ist schon etwas, was ihn interessiert. Er kann nur nicht malen. Und er meint ja auch so ironisch, dass er in seinem Alter auch gar nicht mehr das Malen erlernen könne."
Wie viele Tabus da noch zu brechen sind, zeigen zwei von Slominskis neuesten Arbeiten: handelsübliche Garagenschwingtore aus Metall, leicht verfremdet und an die Wand gehängt wie gerahmte Riesenbilder.
Ja, was ist das eigentlich – ein Bild? Wie definiert es sich, wie funktioniert es, und wie nicht? Fragen, bei denen selbst Experten leicht ins Stottern kommen.
Sagen wir's mal so: Auch Garagen können Fallen sein: Klappe zu, Künstler drin. Aber Slominski wird schon wissen, wie er wieder herauskommt.
Links zum Thema:
Sammlung Goetz