Fleischfressende Pflanzen
Während alle Welt die Vorteile einer vegetarischen Kost predigt, scheinen viele Pflanzen nichts davon wissen zu wollen. Statt sich an Sonne und Wasser zu laben, schätzen sie eine fleischreiche Ernährung – die fleischfressenden Pflanzen, so wie Sonnentau oder Frauenschuh.
Fleischverzehr ist in der Pflanzenwelt ja eine exotische Ausnahme? Das dachte man bisher, aber inzwischen hat sich gezeigt, dass diese Form der Ernährung viel weiter verbreitet ist als angenommen. Viele Pflanzen schätzen Tierisches als Beilage. Die Erforschung hat im Grunde erst begonnen. Sie genießen eine abwechslungsreiche Kost: Neben Insekten und Spinnen stehen auch Schnecken und Frösche auf dem Speiseplan.
Als Beilage? Was ist denn der Hauptgang? Da die Pflanzen Wurzeln haben, um sich festzuhalten, holen sie natürlich auch Nährstoffe aus dem Boden. Aber das reicht vielfach nicht. Wenn sie auf nährstoffarmen Böden wie zum Beispiel Torfmooren gedeihen wollen, müssen sie sich nach anderen Futterquellen umsehen. Und da haben sie die Tierwelt im Visier. Für ihr Wachstum benötigen sie vor allem Phosphor und Stickstoff. Aus letzterem bilden sie ihr Eiweiß. Dieses Eiweiß wiederum nährt Tiere und uns Menschen. Ein paar Pflanzen holen sich das einfach wieder zurück, verdauen es und gewinnen damit das Eiweiß beziehungsweise den Stickstoff um selbst wachsen zu können.
Aber Fliegenfangen stell ich mir ziemlich mühsam vor ... es ist halt eine Frage des Geschicks. Die Pflanzen nutzen den Hunger der Insekten, um sich dann die "Gäste" einzuverleiben. Manche Pflanzen bieten ihnen am Kannenrand Nektar an, dort rutschen sie aus und gleiten in die Falle. Eine besondere Technik hat die Kannenpflanze Nepenthes albomarginata entwickelt: Oben am Kannenrand wachsen Härchen, die vor allem Termiten mit Begeisterung abernten. Dabei rutschen sie auf der glitschigen Oberfläche in die etwa zehn Zentimeter tiefen Kannen. Es wurden Pflanzen beobachtet, die in einer Stunde 6000 Insekten erbeuteten.
6000 Insekten pro Stunde? Die würd ich mir zum Fliegenfangen in die Küche stellen. Vielleicht schmeckt den Getreidemotten der Nektar aber nicht und die Blattläuse bleiben lieber an ihren Zimmerpflanzen. Abgesehen davon, andere Lebewesen sind auch schon auf diese Idee gekommen. Es gibt Spinnen, die ihre Fangnetze an der Kannenöffnung anbringen, um die Beute selbst abzufangen. Hinzu kommt, dass sich nicht alle Pflanzen mit Käfern begnügen. Manche Nepenthes-Arten haben so große Kannen, dass darin schon zwei Liter Verdauungsflüssigkeit vorgefunden wurden. Da rutschen auch schon mal Eidechsen rein, oder auch Vögel und Nagetiere, die daraus trinken wollen. Selbst Ratten wurde das schon zum Verhängnis.
Wie muss man sich den Verdauungstrakt einer Kannenpflanze vorstellen? Im Grunde so wie bei einem Tier auch: Sie scheiden über zahlreiche Drüsen allerlei Enzyme aus, um die wichtigen Nährstoffe freizusetzen – im Grunde auch nicht anderes als beim Menschen. Dazu gehören vor allem Eiweiß spaltende Enzyme, also Proteasen. Dazu kommen Chitinasen, die den Insektenpanzer knacken. Die Insekten werden lebendigen Leibes komplett verdaut. Allerdings reichen die pflanzeneigenen Enzyme nicht aus, die Kannenpflanze beherbergt deshalb eine Art "Darmflora": Am Grunde ihres Kelchs befinden sich allerlei Bakterien, die beispielsweise die Peptide in Aminosäuren aufspalten, die nun von den Drüsenzellen der Pflanze resorbiert werden können.
Könnte man fleischfressende Pflanzen eigentlich vegetarisch ernähren? Diese Frage hat sich letztes Jahr eine Arbeitsgruppe bei Jugend forscht gestellt. Ergebnis: Man kann. Die jungen Forscherinnen haben die Pflänzchen erfolgreich mit Tofu gefüttert. Es müssen also nicht immer fette Brummer sein. Aus Sicht der Pflanzen ist Pflanzenkost natürlich Kannibalismus.
Wer tut sich dann an fleischfressenden Pflanzen gütlich? Beispielsweise Affen: Sie leeren gerne den Inhalt der Kannen. Sowohl wegen dem tierischem Eiweiß als auch den Verdauungssäften. Mancherorts heißen sie deshalb auch "Affenkrug". Die Menschen dort haben sich das abgeguckt und verwenden den Inhalt der Kannen in der Küche. Auf Borneo trinken sie die pflanzliche Verdauungsflüssigkeit auch als alkoholfreies "Verdauungsschnäpschen". Das ist nix anderes als bei uns die Verwendung von Ananas-Enzym-Zubereitungen.
Literatur:
Amagase S et al: Digestive enzymes in insectivorous plants. Journal of Biochemistry 1972; 72: 73-81, 765-767
Lee CH: Carnivorous plants: new ornamentals. Chronica Horticulturae 2008; 48 (4): 11-14
Phillipps A: A second record of rats as prey in Nepenthes rajah. Carnivorous Plant Newsletter 1988; 17: 55
Als Beilage? Was ist denn der Hauptgang? Da die Pflanzen Wurzeln haben, um sich festzuhalten, holen sie natürlich auch Nährstoffe aus dem Boden. Aber das reicht vielfach nicht. Wenn sie auf nährstoffarmen Böden wie zum Beispiel Torfmooren gedeihen wollen, müssen sie sich nach anderen Futterquellen umsehen. Und da haben sie die Tierwelt im Visier. Für ihr Wachstum benötigen sie vor allem Phosphor und Stickstoff. Aus letzterem bilden sie ihr Eiweiß. Dieses Eiweiß wiederum nährt Tiere und uns Menschen. Ein paar Pflanzen holen sich das einfach wieder zurück, verdauen es und gewinnen damit das Eiweiß beziehungsweise den Stickstoff um selbst wachsen zu können.
Aber Fliegenfangen stell ich mir ziemlich mühsam vor ... es ist halt eine Frage des Geschicks. Die Pflanzen nutzen den Hunger der Insekten, um sich dann die "Gäste" einzuverleiben. Manche Pflanzen bieten ihnen am Kannenrand Nektar an, dort rutschen sie aus und gleiten in die Falle. Eine besondere Technik hat die Kannenpflanze Nepenthes albomarginata entwickelt: Oben am Kannenrand wachsen Härchen, die vor allem Termiten mit Begeisterung abernten. Dabei rutschen sie auf der glitschigen Oberfläche in die etwa zehn Zentimeter tiefen Kannen. Es wurden Pflanzen beobachtet, die in einer Stunde 6000 Insekten erbeuteten.
6000 Insekten pro Stunde? Die würd ich mir zum Fliegenfangen in die Küche stellen. Vielleicht schmeckt den Getreidemotten der Nektar aber nicht und die Blattläuse bleiben lieber an ihren Zimmerpflanzen. Abgesehen davon, andere Lebewesen sind auch schon auf diese Idee gekommen. Es gibt Spinnen, die ihre Fangnetze an der Kannenöffnung anbringen, um die Beute selbst abzufangen. Hinzu kommt, dass sich nicht alle Pflanzen mit Käfern begnügen. Manche Nepenthes-Arten haben so große Kannen, dass darin schon zwei Liter Verdauungsflüssigkeit vorgefunden wurden. Da rutschen auch schon mal Eidechsen rein, oder auch Vögel und Nagetiere, die daraus trinken wollen. Selbst Ratten wurde das schon zum Verhängnis.
Wie muss man sich den Verdauungstrakt einer Kannenpflanze vorstellen? Im Grunde so wie bei einem Tier auch: Sie scheiden über zahlreiche Drüsen allerlei Enzyme aus, um die wichtigen Nährstoffe freizusetzen – im Grunde auch nicht anderes als beim Menschen. Dazu gehören vor allem Eiweiß spaltende Enzyme, also Proteasen. Dazu kommen Chitinasen, die den Insektenpanzer knacken. Die Insekten werden lebendigen Leibes komplett verdaut. Allerdings reichen die pflanzeneigenen Enzyme nicht aus, die Kannenpflanze beherbergt deshalb eine Art "Darmflora": Am Grunde ihres Kelchs befinden sich allerlei Bakterien, die beispielsweise die Peptide in Aminosäuren aufspalten, die nun von den Drüsenzellen der Pflanze resorbiert werden können.
Könnte man fleischfressende Pflanzen eigentlich vegetarisch ernähren? Diese Frage hat sich letztes Jahr eine Arbeitsgruppe bei Jugend forscht gestellt. Ergebnis: Man kann. Die jungen Forscherinnen haben die Pflänzchen erfolgreich mit Tofu gefüttert. Es müssen also nicht immer fette Brummer sein. Aus Sicht der Pflanzen ist Pflanzenkost natürlich Kannibalismus.
Wer tut sich dann an fleischfressenden Pflanzen gütlich? Beispielsweise Affen: Sie leeren gerne den Inhalt der Kannen. Sowohl wegen dem tierischem Eiweiß als auch den Verdauungssäften. Mancherorts heißen sie deshalb auch "Affenkrug". Die Menschen dort haben sich das abgeguckt und verwenden den Inhalt der Kannen in der Küche. Auf Borneo trinken sie die pflanzliche Verdauungsflüssigkeit auch als alkoholfreies "Verdauungsschnäpschen". Das ist nix anderes als bei uns die Verwendung von Ananas-Enzym-Zubereitungen.
Literatur:
Amagase S et al: Digestive enzymes in insectivorous plants. Journal of Biochemistry 1972; 72: 73-81, 765-767
Lee CH: Carnivorous plants: new ornamentals. Chronica Horticulturae 2008; 48 (4): 11-14
Phillipps A: A second record of rats as prey in Nepenthes rajah. Carnivorous Plant Newsletter 1988; 17: 55