Wolfram Eilenberger, geboren 1972, ist Autor zahlreicher philosophischer Sachbücher. Der Publizist lehrte an der University of Toronto (Kanada), der Indiana University (USA) und an der Berliner Universität der Künste. Eilenberger war Chefredakteur des Philosophie Magazins zu dessen Gründung. Er ist zudem Mitglied der Programmleitung des Philosophie-Festivals phil.cologne und Moderator der Sendung "Sternstunde Philosophie" im Schweizer Fernsehen SRF.
"Weder ethisch noch ökologisch zu rechfertigen"
06:35 Minuten
Fleisch soll künftig besteuert werden können, um den tiergerechten Umbau von Ställen zu finanzieren. Der Fleischkonsum sei "eskaliert und aus dem Ruder gelaufen", sagt Wolfram Eilenberger. Der Philosoph begrüßt höhere Fleischpreise.
Schnitzel und Wurst könnten bald teurer werden. Eine von Landwirtschaftsministerin Julia Klöckner (CDU) eingesetzte Kommission schlägt eine Abgabe von 40 Cent pro Kilo Fleisch vor, um Ställe tiergerechter umbauen zu können. Eine am 2. März vorgestellte Machbarkeitsstudie gibt grünes Licht für eine Abgabe oder Besteuerung, dem Tierwohl zuliebe.
Dieser kleine Betrag zeige, "wie skandalös klein die Fleischpreise sind", sagt unser Studiogast Wolfram Eilenberger. Der Philosoph begrüßt eine Erhöhung dieser Preise: "Grundsätzlich denke ich, dass die Art und Weise, wie Massentierhaltung bei uns geschieht, fern jeder Argumentierbarkeit ist. Ich glaube, es gibt keinen ethischen, sozialen, ökologischen Weg, das noch zu rechtfertigen."
Eskaliert und aus dem Ruder gelaufen
Es gehe nicht darum, infrage zu stellen, dass Menschen Tiere essen. Aber: "Der Fleischkonsum, wie wir ihn in den letzten 30, 40 Jahren betrieben haben, ist natürlich in jeder Hinsicht eskaliert und aus dem Ruder gelaufen. Und die Massentierhaltung ist die Bedürfnisbedienungsmaschine dieses Sachverhalts."
Über kurz oder lang werde die Zahl jener, die ihren Fleischkonsum deutlich einschränken oder sogar ganz verzichten, deutlich zunehmen, prognostiziert Eilenberger. Viele Jugendliche und Kinder äßen kein Fleisch – und das beeinflusse auch die Erwachsenen.
Wer gebildet ist, verzichtet eher auf Fleisch
Fleischkonsum stelle sich zusehends als milieuabhängig dar. Mittlerweile sei er eher "ein proletarisches Phänomen": Wer gebildet sei, verzichte eher darauf.
Der Philosoph bezeichnet sich selbst in diesem Zusammenhang als "Jan-Assmann-Vegetarier", in Anlehnung an den gleichnamigen Altertumswissenschaftler, der beschrieben hat, dass in den antiken Kulturen lediglich einmal im Monat ein Fleischgericht auf den Tisch gekommen sei – und dieses dann als etwas Besonderes betrachtet wurde.
Es sei sinnvoll, es in unserer Gesellschaft ebenfalls so zu handhaben – "zu Festtagen". Selbst in Ländern wie China, wo Fleisch ein Statussymbol für die zu Geld Gekommenen sei, sei es vorstellbar, dass auch dort eine starke Bewegung gegen Fleischkonsum entstehen könne.
(mkn)
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Wir haben außerdem mit Achim Spiller gesprochen, Professor für Marketing für Lebensmittel und Agrarprodukte an der Universität Göttingen. Er hält es grundsätzlich für möglich, den Wunsch von Verbrauchern nach günstigen Produkten mit der Notwendigkeit zu vereinbaren, Landwirten mehr Geld für eine bessere Tierhaltung zu geben. Spiller spricht sich ebenfalls für weniger Fleischkonsum aus, weist aber dabei auf die Herausforderungen für die Landwirtschaft hin, die sich daraus ergeben würden: