Fließende Grenze
Neonazis, Arbeitslosigkeit, Autoklau: Geschichten, die man schon häufiger über die deutsch-polnische Grenzregion gehört hat. Was aber ist dran an diesen Geschichten? Was ist Klischee und was Realität?
Wie nah sind sich Deutsche und Polen dort, wo sie sich geografisch am nächsten sind? Acht Volontäre des Deutschlandradios wollten das herausfinden und waren eine Woche lang in der Oder-Neiße-Region unterwegs.
"My wymierzacze granicy jestesmy strasznie nie wyspani"
"My wymierzacze granicy jestesmy strasznie nie wyspani"
Diebe ohne Grenzen
Polen und Deutsche im Kampf gegen die Grenzkriminalität
O-Ton Polizei "Da fahren die Kollegen jetzt schon mal hinterher. Ja, wir kommen mit."
Die Autobahn A 12, bei Frankfurt (Oder). Frank Jakob lenkt vom Seitenstreifen auf die Fahrbahn und tritt aufs Gas: Die Grenzschützer haben ein verdächtiges Auto ausfindig gemacht. Neben ihm sitzt sein polnischer Kollege David Lenard. Die Polizisten sind gerade auf ihrer grenzüberschreitenden Streife. Eigentlich ist die Grenze hier seit Ende 2007 offen. Aber die Polizei hat alle Hände voll zu tun, um sie zu sichern.
Frank Jakob: "Es geht auf der Autobahn richtig zur Sache. Sowohl auf der deutschen als auch auf der polnischen Seite. Gerade was die Eigentumsgeschichten angeht. Die Fahrer, die die gestohlenen Fahrzeuge außer Landes bringen, die halten definitiv nicht mehr an. Auch mit drei vier Fahrzeugen, die rammen die Polizeifahrzeuge von der Straße."
Die Hauptaufgabe der beiden Polizisten ist es, illegale Einwanderung zu stoppen. Aber auf diesem Autobahnabschnitt an der deutsch-polnischen Grenze verkehrt so viel Diebesgut, dass sie heute wieder nach auffälligen Autos Ausschau halten.
Gut möglich, dass auf dieser Route auch die Autos von Frank Losensky abtransportiert wurden. Dem Autohändler, der gerade in seinem Eisenhüttenstädter Büro sitzt, wurden in den letzten beiden Jahren zwei Autos vom Parkplatz geklaut und immer wieder kommen Metallteile weg. Auch das Auto seiner Frau verschwand in Frankfurt (Oder). Das ist eindeutig erst seit der Öffnung der Grenze so, sagt Losensky.
"Viele Kunden sagen schon ketzerisch: So schnell und billig kann man hier nicht einkaufen, innerhalb von zwanzig Minuten ist man über die Grenze und dann hat man eigentlich keine Befürchtungen mehr in dem Moment."
Ganz so einfach, wie Losensky das formuliert, soll es natürlich nicht gehen. Eine eigens eingerichtete SOKO der Polizei, mit der schönen Bezeichnung: "Besondere Aufbauorganisation Grenze", geht gegen alle Diebstähle in der brandenburgischen Grenzregion vor. Meistens fallen sie unter den Begriff "Grenzkriminalität."
Timo Lück: "Wir haben es hier natürlich mit gut strukturierten Täterbanden zu tun, die arbeitsteilig handeln. Und wir konzentrieren uns auf drei Tätergruppen hinsichtlich der Nationalität. Das sind einmal die deutschen Täter, dann die polnischen Täter und dann die Litauischen. Das sind die drei am meisten vertretenen Tatverdächtigen, beziehungsweise. Täter, die wir hier festgestellt haben in unserem Bereich."
Polizeioberkommissar Timo Lück von der SOKO Grenze unterstreicht, was eigentlich längst bekannt ist: Das abgenutzte Klischee vom allein klauenden Polen ist zu platt. Die Banden arbeiten meist grenzübergreifend zusammen. Von der seit knapp sechs Jahren existierenden Durchlässigkeit der deutsch-polnischen Grenze profitieren eben auch Kriminelle. Die Polizei versucht dagegen zu halten: Für Großeinsätze kann die SOKO bis zu drei Hundertschaften der Bereitschaftspolizei anfordern.
Aus der Sicht von Autohändler Frank Losensky haben diese Hundertschaften aber nicht den erhofften Erfolg gebracht: zu punktuell ihr Einsatz, zu berechenbar für Diebesbanden.
Frank Losensky: "Die wussten ganz genau, wo die Polizei jetzt präsent ist und wo sie nicht mehr hin müssen."
Wenn die Diebe erst einmal im Nachbarland sind, wird es schwer, nach ihnen und ihrer Beute zu suchen. Seit 2007 versucht die Polizei mit einem gemeinsamen Stützpunkt Brücken für die Ermittler zu bauen.
Das deutsch-polnische Lagezentrum am Grenzübergang im polnischen Swiecko. Ein großer, heller Raum. In der Mitte: ein langer Tisch. Acht Polizisten sitzen drum herum, getrennt nach Nationalität: Zum Fenster sitzen die vier deutschen Kollegen, zur Wand die polnischen. Ständig klingeln Telefone, rattern Drucker, die Beamten besprechen sich auf Deutsch und Polnisch. Sie verstehen sich als Dienstleister für die Kollegen im Einsatz. Auch wegen der Sprachbarriere und der grenzüberschreitenden Bürokratie erklärt Marek Fila, der polnische Leiter des Zentrums:
"Wenn ein Auto auf deutscher Seite verfolgt wird, dann wird ein Beamter informiert und der muss dann hier aufstehen und laut sagen, damit alle Behörden mitbekommen, was passiert. Und dann wird das Auto weiter in Polen verfolgt."
Das klingt gut, aber praktisch fühlt sich Autohändler Losenksy trotzdem oft im Stich gelassen. Wie viele Bewohner und Unternehmer in der Grenzregion greift sein Autohaus jetzt zur Selbsthilfe und bezahlt zusätzlich eine private Wachfirma, die nachts ihre Runden dreht. Die Verzweiflung ist dem Autohändler anzuhören:
"Es gibt Kollegen, denen haben sie das Fahrzeug aus der Werkstatt entwendet. Also, wir haben ne Menge damit zu tun - und das kann nicht alles auf Lasten der Firmen gehen."
Entweder … Oder
Tourismuspläne für einen Grenzfluss
Die letzten Schönheitsreparaturen vor der großen Fahrt: Sebastian Lucko verschraubt eine weiß lackierte Holzplatte in seinem Motorboot, das an der Anlegestelle des Motoryachtclubs Eisenhüttenstadt hin und her schaukelt. In ein paar Stunden will er losfahren, mit der ganzen Familie, in Richtung Spree.
Sein Vater Christian Lucko, Chef des Vereins, schaut von oben zu, ob sein Sohn auch alles richtig verschraubt. Dann geht er zu seinem eigenen Boot, das ebenfalls im ehemaligen Industriehafen von Eisenhüttenstadt liegt, und mit dem er inzwischen häufiger auch auf der Oder unterwegs ist.
Die letzten Schönheitsreparaturen vor der großen Fahrt: Sebastian Lucko verschraubt eine weiß lackierte Holzplatte in seinem Motorboot, das an der Anlegestelle des Motoryachtclubs Eisenhüttenstadt hin und her schaukelt. In ein paar Stunden will er losfahren, mit der ganzen Familie, in Richtung Spree.
Sein Vater Christian Lucko, Chef des Vereins, schaut von oben zu, ob sein Sohn auch alles richtig verschraubt. Dann geht er zu seinem eigenen Boot, das ebenfalls im ehemaligen Industriehafen von Eisenhüttenstadt liegt, und mit dem er inzwischen häufiger auch auf der Oder unterwegs ist.
Lucko: "Die Oder ist verstärkt in den letzten zwei Jahren von uns befahren worden, weil wir ein Gemeinschaftsprojekt hatten mit den polnischen Skippern, zur Erstellung einer Oderkarte von Nowa Sol bis nach Eisenhüttenstadt beziehungsweise von Eisenhüttenstadt nach Kostrzyn."
Bis zum polnischen Schengen-Beitritt Ende 2007 waren die Skipper aus Eisenhüttenstadt kaum in Polen unterwegs, weil es auf polnischer Seite komplizierte Grenzkontrollen und keine passenden Anlegestellen gab.
Lucko:. "Da jetzt aber die Möglichkeit gegeben ist und auch von polnischer Seite forciert wird, gehe ich davon aus, dass diese Sache mit diesem Grenzfluss sich insofern verwäscht, dass das ein gemeinsamer Fluss ist, der von allen auch entsprechend genutzt wird."
Einem anderen Hobby-Kapitän, wenige Meter weiter an Anlegestelle sieben, gefällt die grenzübergreifende Oder zwar auch - für Wilfried Syring ist aber einfach noch viel zu wenig los auf dem Fluss.
Syring: "Hin und wieder mal vielleicht die Polen mit ihrem Kontrollboot, oder von unserer Seite mal der Wasserschutz. Dann kommt hin und wieder mal ein Sportboot im Sommer, aber sonst wenn die Jahreszeit vorbei ist, ist praktisch Schluss.""
Auch im kleinen Aurith, ein paar Kilometer von Eisenhüttenstadt entfernt, ist die Oder sehr ruhig. Boote sind keine zu sehen. Früher war das ganz anders: Ständig fuhren Schiffe die Oder rauf und runter. Bis zum Zweiten Weltkrieg pendelte eine Fähre zwischen beiden Seiten hin und her. Seit 1945 muss man einen Umweg von 40 Kilometern fahren, um vom polnischen Urad ins deutsche Aurith zu gelangen. Künftig soll es aber wieder eine Fähre geben, sagt der Leiter des Fördervereins Schlaubemündung-Odertal, Lukasz Kaczmarek.
Kaczmarek: "Also das ist das Ziel auch, dass wir die Oder, aber auch die Ufer und die Bevölkerung auch ein bisschen einbeziehen wollen. Dass sie auch ihre Kraft, ihre Möglichkeiten auch präsentieren können."
Zwar wird es auf der Fähre kaum Berufspendler zwischen Aurith und Urad geben, sagt Kaczmarek. Aber wenn mehr Touristen kommen, um die Fähre zu nutzen, dann würden die Anwohner davon trotzdem profitieren: Sie könnten den Gästen ein Bett, etwas zu essen oder andere Dienstleistungen anbieten.
Auf die Karte Tourismus setzt auch ein länderübergreifendes Projekt mit dem Namen "Oder für Touristen 2014". Seit sechs Jahren wird daran gearbeitet: Ein kleiner Hafen in Eisenhüttenstadt, im Ortsteil Fürstenberg, ist schon fertig. Dennoch: Auch hier sind nur ein paar Kanuten auf der Oder unterwegs, trotz besten Wetters. Typisch, sagt die Koordinatorin des Projekts, Agnieszka Zdziabek-Bollmann, denn noch sei die Oder nicht attraktiv für größere Boote.
Bollmann: "Bei dem schönsten Wetter im Sommer haben wir entweder Hochwasser oder wir können barfuß auf das andere Ufer gehen, weil wir nur 75 Zentimeter Tiefgang haben. Und wenn man bei dem schönsten Wetter, bei der Top-Urlaubszeit, nicht schwimmen kann, dann nützt uns auch die beste Marketingstrategie nichts."
Die Oderrinne soll tiefer gegraben werden - so wünschen sich das die zwölf Städte und Gemeinden, die beim Oder-Projekt 2014 mitmachen. Ansonsten sind sie fast startklar: Die zehn Häfen mit modernen Schwimmstegen sind fertig, in einem Monat sollen zwei Boote vom Stapel laufen. Fast sieben Millionen Euro hat das Oder-für-Touristen-Programm bisher gekostet - finanziert zum großen Teil von der Europäischen Union. Weil sich kein externer Betreiber der Schiffe gefunden hat, nehmen die Städte und Gemeinden das Heft jetzt selbst in die Hand und wollen verschiedene Touren anbieten. Ob das alles so klappt mit der Oder für Touristen, das weiß auch Agnieszka Zdziabek-Bollmann nicht. Aber sie gibt die Hoffnung nicht auf.
Bollmann: "Jetzt wollen wir allen zeigen: Die Oder, die verbindet uns. Und das Wunderbare bei der ganzen Idee, bei dem, was uns die Natur gibt, ist, man kann auf die Oder mit den Schiffen oder mit den Paddelbooten sich bewegen und man entscheidet selber: Geht man nach rechts an Land, dann ist man in Polen, geht man Bigos und polnische Bier trinken. Geht man nach links, ist man auf der deutschen Seite. Hat man andere Kultur, andere Bräuche, andere Menü-Angebote. Und das ist das, was wir hoffen, das die Touristen erkennen werden und uns besuchen werden."
Strähnchen statt Stütze
Das polnische Dorf der Friseure
Salon Barbara, Jola oder einfach Frisyrskie – bunte Reklameschilder säumen die Hauptstraße von Osinów Dolny. Die dazugehörigen Läden sind untergebracht in kleinen Holz- und Wellblechhütten, zwischen Billig-Supermärkten, Billig-Tankstellen und Billig-Zigarettenläden, untergebracht in kleinen Holz- und Wellblechhütten. Etwa 150 Friseure aus der ganzen Region pendeln täglich in das 200-Seelendorf, um vor allem deutschen Kunden die Haare schön zu machen. Edyta Purczyrisko ist eine von ihnen. Die 28-Jährige verdient hier fast doppelt so viel wie ihre Kollegen im Landesinneren.
"Es ist nicht so wie auf dem polnischen Arbeitsmarkt. Es ist hier anders. Hier gibt es mehr zu verdienen und es gibt mehr Arbeit, weil es mehr Deutsche gibt. Auch weil es hier diesen billigen Supermarkt gibt, Biedronka, auch das lockt die Deutschen her."
Deutsche Kundinnen wie Berta Sitte. Entspannt sitzt die 68-Jährige auf dem Frisierstuhl im Salon Ada, während Purczyrisko ihr den Umhang anlegt. Die Rentnerin kommt seit 20 Jahren zum Haareschneiden in das "Dorf der Frisöre".
"Mir gefällt es hier. Ist preiswert, vor allen Dingen. Wenn ich sonst mit meine kleinen Haare in Deutschland gehe, bezahle ich 14, 15 Euro für so einen Schnitt, hier bezahle ich 8 und das ist ein Unterschied."
Acht Euro inklusive Föhnen: Das zieht deutsche Kunden in das polnische Dorf hinter der Grenze. An einen Ort, in dem es mehr Frisörläden gibt als Einfamilienhäuser. Das lockt die Schnäppchenjäger jenseits der Oder.
"Manchmal is proppenvoll hier. Wenn es Geld gibt. Die Arbeitslosen, ne. Also da muss man sich festhalten. Da braucht man schon mal zwei Stunden ehe man drankommt hier."
Salon Barbara, Jola oder einfach Frisyrskie – bunte Reklameschilder säumen die Hauptstraße von Osinów Dolny. Die dazugehörigen Läden sind untergebracht in kleinen Holz- und Wellblechhütten, zwischen Billig-Supermärkten, Billig-Tankstellen und Billig-Zigarettenläden, untergebracht in kleinen Holz- und Wellblechhütten. Etwa 150 Friseure aus der ganzen Region pendeln täglich in das 200-Seelendorf, um vor allem deutschen Kunden die Haare schön zu machen. Edyta Purczyrisko ist eine von ihnen. Die 28-Jährige verdient hier fast doppelt so viel wie ihre Kollegen im Landesinneren.
"Es ist nicht so wie auf dem polnischen Arbeitsmarkt. Es ist hier anders. Hier gibt es mehr zu verdienen und es gibt mehr Arbeit, weil es mehr Deutsche gibt. Auch weil es hier diesen billigen Supermarkt gibt, Biedronka, auch das lockt die Deutschen her."
Deutsche Kundinnen wie Berta Sitte. Entspannt sitzt die 68-Jährige auf dem Frisierstuhl im Salon Ada, während Purczyrisko ihr den Umhang anlegt. Die Rentnerin kommt seit 20 Jahren zum Haareschneiden in das "Dorf der Frisöre".
"Mir gefällt es hier. Ist preiswert, vor allen Dingen. Wenn ich sonst mit meine kleinen Haare in Deutschland gehe, bezahle ich 14, 15 Euro für so einen Schnitt, hier bezahle ich 8 und das ist ein Unterschied."
Acht Euro inklusive Föhnen: Das zieht deutsche Kunden in das polnische Dorf hinter der Grenze. An einen Ort, in dem es mehr Frisörläden gibt als Einfamilienhäuser. Das lockt die Schnäppchenjäger jenseits der Oder.
"Manchmal is proppenvoll hier. Wenn es Geld gibt. Die Arbeitslosen, ne. Also da muss man sich festhalten. Da braucht man schon mal zwei Stunden ehe man drankommt hier."
Und weil das Interesse deutscher Käufer so groß und die Arbeitslosigkeit auf polnischer Seite so hoch waren, haben lokale Arbeitsagenturen die grenznahen Geschäfte unterstützt. Mit speziellen Umschulungen und Zuschüssen zu einer selbständigen Tätigkeit in der Gastronomie, im Bauwesen oder eben in der Friseurbranche, sagt Arbeitsvermittlerin Regina Gebhardt-Hille:
"Gerade die Dienstleistungen sind ja teilweise noch preiswerter als in Deutschland. Und dann hat man dann gesagt okay, wir bieten jetzt hier speziell in der Grenzregion was an, weil wir wissen, die deutschen Kunden kommen über die Grenze und nehmen die Dienstleistungen in Anspruch."
Die 55-jährige Berlinerin mit dem grauen Kurzhaarschnitt ist Beraterin für das europäische Arbeitsvermittlungsprogramm EURES. Sie ist jeden Montag und Freitag in der deutsch-polnischen Grenzregion unterwegs und vermittelt Jobs über die Grenzen hinweg. Hauptsächlich an Polen, die in Deutschland Arbeit suchen – umgekehrt sei das Interesse eher gering.
"Die Leute, die jetzt direkt aus Chojna kommen, aus kleineren Dörfern, haben manchmal nicht mal die Möglichkeit nach Chojna zu kommen, weil es fährt halt einfach nichts. Und wer kein eigenes Auto hat oder ein anderes Fahrzeug, der hat dann halt einfach Pech ne."
Findige Arbeitsuchende bilden mittlerweile private Fahrgemeinschaften, um zur Arbeitsstelle in Schwedt, Angermünde oder Eberswalde zu gelangen. Wieslaw Rzeszótko ist einer von ihnen. Der 52-Jährige sagt, das tägliche Pendeln über die Grenze störe ihn nicht. Er ist bereit, jeden Job anzunehmen – vom Fahrer bis zum Lagerarbeiter. Aber als ihm Gebhardt-Hille dann eine Stelle als Bestatter anbietet, lehnt er doch lachend ab. Trotzdem so flexibel ist nicht jeder, der sich bei Gebhardt-Hille beraten lässt. Und auch nicht so qualifiziert wie der gelernte Lagerist mit Deutschkenntnissen.
"Die größte Hürde ist das Sprachproblem und eine zweite Hürde ist die Bereitschaft der deutschen Arbeitgeber, auch ausländische Arbeitskräfte einzustellen. Obwohl der Weg teilweise relativ kurz ist über die Grenze, haben wir da noch relativ viel Aufklärungsarbeit zu leisten."
Während Berta Sitte sich die Haare föhnen lässt, ist ihr Mann unterwegs, um noch schnell den Wagen günstig vollzutanken. Im Osinów Dolny haben die Menschen eine Alternative gefunden zur Arbeit im Nachbarland. Die Geschäfte laufen gut, allein im Salon Ada können davon fünf Friseurinnen leben. Viel geredet wird bei der Arbeit allerdings nicht. Nur der Fernseher dröhnt in der Ecke. So gut wie keiner der Kunden spricht hier Polnisch. Ein Fingerzeig auf die Frisur in einer Frauenzeitschrift genügt. Die wichtigsten Vokabeln hat Purczyrisko allerdings parat.
"Strähnchen, Färben, Schneiden. So ist das. Dauerwelle. Wickler machen."
Völkerverständigung unter der Trockenhaube - in der deutsch-polnischen Grenzregion ist da noch Luft nach oben.