Florian Freistetter: "Newton. Wie ein Arschloch das Universum neu erfand"

Egoistisch, streitlustig und intrigant

Buchcover von "Newton. Wie ein Arschloch das Universum erfand", im Hintergrund ein Porträtgemälde von Sir Isaac Newton.
Isaac Newton hatte keine Lust auf PR in eigener Sache, schreibt Autor Florian Freistetter. © Hanser Verlag/ dpa picture alliance
Von Gerrit Stratmann |
Den charakterlichen Abgründen des berühmten Naturwissenschaftlers widmet sich Florian Freistetter in "Newton. Wie ein Arschloch das Universum neu erfand". Der Autor diskutiert die Frage, ob Isaac Newton im heutigen Wissenschaftsbetrieb überhaupt durchgekommen wäre.
War Isaac Newton ein Arschloch? Florian Freistetter charakterisiert in Anekdoten die schwierigen Seiten des berühmten Wissenschaftlers und wirft die Frage auf, ob ein Forscher, der sich ähnlich verhielte, damit im heutigen Wissenschaftsbetrieb noch durchkäme.
Isaac Newton entdeckte im ausgehenden 17. Jahrhundert im Alleingang die Grundgesetze der Bewegung, fand ein universal gültiges Gravitationsgesetz, begriff das Farbspektrum des Lichts, baute eines der ersten Spiegelteleskope und entwickelte die Integral- und Differentialrechnung. Enorme Leistungen, die den Beginn moderner Naturwissenschaft anzeigen. Der Astro-Blogger und Autor Florian Freistetter würdigt diese Leistungen und stellt gleichzeitig die unbeweisbare Vermutung in den Raum, dass Newton nur so erfolgreich war, weil er einen so überaus schwierigen Charakter hatte.

Newton: Kompromisslos gegen sich selbst

In sieben Kapiteln beleuchtet Freistetter verschiedene Eigenschaften Newtons: seine Kompromisslosigkeit, seinen Egoismus, seine Kritikunfähigkeit, seine Streitlust, seine Geheimniskrämerei, seinen Hang zur Esoterik und sein Intrigantentum. Je nach eigener moralischer Eichung zeigen höchstens vier Kapitel menschlich zweifelhafte Charakterzüge Newtons. Die anderen zeigen ihn bestenfalls als seltsam oder eigenbrötlerisch, und erwecken den Eindruck, dass Titel und Inhalt des Buches nicht recht zueinander passen wollen.
Drei nennenswerte Streitigkeiten greift Freistetter aus Newtons Leben auf, in denen er sich gegenüber anderen rücksichtslos, egoistisch, aufbrausend und intrigant verhalten hat. Seine Gegner waren John Flamsteed, Robert Hooke und Gottfried Wilhelm Leibniz. Von Flamsteed, Hofastronom in Greenwich, forderte er die Herausgabe seiner Monddaten, um sie für seine eigene Theorie zu verwenden. Mit Robert Hooke, wie Newton Mitglied der Royal Society, legte er sich unter anderem an, weil der es gewagt hatte, Newtons Theorie über Licht und Farben zu kritisieren. Und der Streit zwischen Newton und Leibniz um die Erfindung der Differentialrechnung ist schon beinah legendär. Daneben beschreibt Freistetter ihn als überzeugten Alchemisten, der kompromisslos gegen sich selbst war und keine Lust auf PR in eigener Sache hatte. Ein schwieriger Charakter? Ohne Zweifel. Durch und durch ein Arschloch? Eher nicht.

Effekthascherischer Buchtitel

Freistetters Buch ist zwar keine Biografie und bringt auch keine neuen Erkenntnisse aus Newtons Leben. Neu ist hingegen der Blickwinkel, mit dem Freistetter Newtons Verhalten auf seine Tauglichkeit für den heutigen Wissenschaftsbetrieb abklopft. Die Unterschiede zu den gegenwärtigen Gepflogenheiten arbeitet er gekonnt heraus.
Sein Stil ist gewohnt locker und verständlich. Unterm Strich bleibt es ein sprachlich gut lesbares und kenntnisreiches Buch mit einem unnötig und effekthascherisch zugespitzten Titel.

Florian Freistetter: Newton. Wie ein Arschloch das Universum neu erfand
Carl Hanser Verlag, München 2017
207 Seiten, 16 Euro

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