Bob Dylan: "It Ain't Me, Babe"
In Stockholm wird der Literaturnobelpreis an Bob Dylan in Abwesenheit des Musikers verliehen. Einigen Mitgliedern der Schwedischen Akademie passt das sicherlich nicht - dabei hätte ein Song des Meisters, der schon seit 50 Jahren im Umlauf ist, sie warnen können.
Go away from my window
Leave at your own chosen speed
Leave at your own chosen speed
I’m not the one you want, babe
I’m not the one you need
I’m not the one you need
Es beginnt mit einer klassischen Ständchen-Szene, wie wir sie aus Theaterstücken wie "Romeo und Julia" oder den Liedern Franz Schuberts kennen. Ein Verehrer steht nachts vor dem Fenster - das Objekt der Begierde sitzt dahinter und überlegt, ob es ihm Herzklappen und Fensterflügel öffnen soll.
Allerdings sind die Rollen in Bob Dylans "It Ain’t Me, Babe" aus dem Jahr 1964 gleich in mehrfacher Hinsicht vertauscht: Zum einen ist es bei Dylan der Mann, der angebetet wird. Zum zweiten hat er, der Angebetete, die Gitarre. Und zum dritten benutzt er sie - und seinen Song -, um die Dame höflich des Fenstersimses zu verweisen.
Go lightly from the ledge, babe
Go lightly on the ground
I’m not the one you want, babe
I will only let you down
Go lightly on the ground
I’m not the one you want, babe
I will only let you down
Die abgedroschenste Ausrede
Geh vorsichtig - aber geh. Ich werde Dich sonst ja sowieso nur enttäuschen. Mit Verlaub: Der Literaturnobelpreisträger benutzt hier die abgedroschenste Ausrede, seitdem es das Chromosomenpaar XY gibt. Männer sind demnach von den exaltierten Ansprüchen ihrer Partnerinnen schlicht überfordert. Beziehungen scheitern vorzugsweise daran, dass die Frauen einfach viel zu viel erwarten.
You say you’re looking for someone
Who’s never weak, but always strong
Who’s never weak, but always strong
To protect you and defend you
Whether you are right or wrong
Whether you are right or wrong
Du suchst einen Mann, der dich beschützt und verteidigt? Wegen solcher Zeilen ist unter Dylanologen umstritten, ob sich der Song tatsächlich an eine Verehrerin wendet - oder doch eher an die amerikanische Regierung, die Männer für ihre kriegerischen Zwecke vereinnahmen will. Die jüngsten Ereignisse legen allerdings noch eine weitere Deutung nahe: Der Song könnte sich auch an die Mitglieder der Schwedischen Akademie richten, die Dylan den lästigen Literaturnobelpreis aufgedrängt haben.
You say you’re looking for someone
Who’ll pick you up each time you fall
To gather flowers constantly
And to come each time you call
Who’ll pick you up each time you fall
To gather flowers constantly
And to come each time you call
"It ain't me you’re looking for, babe"
Tatsächlich ließ sich die Entscheidung ja kaum literarisch, sondern vor allem als politische Geste verstehen: Sie sollte das gute, linksalternative Amerika stärken und die Wahl des Dumpfbeutels Trump verhindern.
Hat Dylan diesen matten Schachzug durchschaut und sich deshalb gegen die Reise nach Schweden entschieden? Fühlte er sich von den Erwartungen überfordert? Oder ist ihm Stockholm im Dezember einfach zu kalt und windig?
Man weiß es nicht. Man weiß nur: Wenn man zu aufdringlich um den Mann buhlt, gibt er seit über 50 Jahren verlässlich dieselbe Antwort:
But it ain't me, babe
No, no, no, it ain't me, babe
It ain't me you’re looking for, babe
No, no, no, it ain't me, babe
It ain't me you’re looking for, babe