Aserbaidschanische Kulturschaffende werden bedroht
Immer mehr aserbaidschanische Kulturschaffende fliehen aus dem Land, weil sie bedroht werden. Einige von ihnen sammeln sich im benachbarten Georgien und organisieren von dort eine Art Exil-Opposition.
"Tod, Gefängnis oder Emigration – das sind die Alternativen für Aserbaidschaner, die gegen den Allmachtanspruch von Präsident Ilham Alliev kämpfen." So beschreibt Günel Movlud ihre eigene Situation. Die aserbaidschanische Dichterin hat sich wegen permanenter Drohungen vor drei Jahren für die Emigration entschieden.
"Jetzt hat man meine Brüder verhaftet, um mich zum Schweigen zu bringen", sagt die Dichterin. "Alliev praktiziert inzwischen Formen der Sippenhaft."
Kolonie der ausgewanderten Aserbaidschaner in Georgien
Gunel Movlud verstärkt jetzt die stark angewachsene Kolonie aserbaidschanischer Oppositioneller, die im Nachbarland Georgien Zuflucht und Sicherheit suchen. In Georgiens Hauptstadt trifft sich inzwischen die kritische aserbaidschanische Kulturelite.
Gerade hat Movlud einen Leseabend mit dem ebenfalls aus Aserbaidschan geflohenen Komponisten Elmir Mirzoev beendet. Mirzoev entschied nach dem Mord an einem bekannten Journalisten, nicht mehr nur Noten, sondern auch kritische Zeitungsartikel zu schreiben, bis auch er bedroht wurde. Von Tiflis aus arbeitet er nun für den unabhängigen und allievkritischen Sender "Meydan-TV", der ausschließlich über Internet sendet.
Die einen fliehen, die anderen schweigen
Hart geht Mirzoev mit dem Schweigen zahlreicher aserbaidschanischen Intellektueller ins Gericht: "Sie lassen sich mit Ehrungen korrumpieren und halten als Gegenleistung den Mund."
Günel Movlud bangt um ihrer Brüder. "Man wird sie wahrscheinlich solange nicht entlassen, wie ich mich weiter kritisch äußere", sagt sie. "Aber was soll ich machen? Wenn ich jetzt aufhöre zu schreiben, dann sieht es so aus, als hätte ich Angst vor dem Regime. Das wäre für mich künslterischer Selbstmord…."