Flüchtlinge in Jordanien

Zur Weiterreise bereit

Syrische Kinder in Flüchtlingslager Saatari in Jordanien.
Syrische Kinder in Flüchtlingslager Saatari in Jordanien. © picture alliance / Lehtikuva / Heikki Saukkomaa
Von Martin Zagatta |
Die UNO hat 630.000 syrische Flüchtlinge in Jordanien registriert. Die tatsächliche Zahl könnte höher sein. Neun von zehn Syrern dort leben unterhalb der Armutsgrenze. Weil ihnen die Perspektive fehlt, wollen viele weiter nach Europa.
Erleichterung, als sie jordanischen Boden betreten. Flüchtlinge aus Syrien, die sich unter Lebensgefahr bis in das Nachbarland durchgeschlagen haben, lassen den jordanischen König Adullah hochleben. Sie küssen den Soldaten die Hände, die sie an der schwerbewachten Grenze nach Jordanien hineinlassen haben und die sie nun in das Flüchtlingslager Zatari bringen, in eine ungewisse Zukunft.
"Wir wollen die arabischen Länder doch gar nicht verlassen. Wenn wir hier arbeiten könnten, dann würden wir nicht weggehen, niemand würde auswandern."
Der 27-jährige Abu Abdelmalek ist einer von mehr als 80.000 Syrern, die im UNO-Flüchtlingslager Zatari nahe der Grenze zu ihrem Heimatland untergebracht sind. Die UNO hat 630.000 syrische Flüchtlinge in Jordanien registriert. Die Regierung in Amman geht von 1,4 Millionen Syrern aus. Jeder fünfte Einwohner wäre das, eine Zahl, die das kleine Königreich überfordert.
Staatliche Unterstützung gibt es nicht für die Syrer. Auch keine Jobs - die Flüchtlinge müssen sich für Hungerlöhne auf dem Schwarzmarkt verdingen. Und ihre Lebensbedingungen haben sich noch weiter verschlechtert, seit ihnen Essensgutscheine gestrichen und die Hilfen der UNO gekürzt wurden, auf jetzt nur noch 50 Cent am Tag.
"Wenn Du es schaffst, dann steht Dir die Welt offen"
Das Flüchtlingshilfswerk UNHCR könne die Syrer nicht mehr genug unterstützen, so dessen Vertreterin in Amman, Helen Daubelcourt. Mittelknappheit, die darauf zurückzuführen ist, dass die Geberländer nicht einmal mehr die Hälfte der benötigten Summe überwiesen haben. Fast neun von zehn Syrern leben in Jordanien mittlerweile unter der Armutsgrenze. Viele Flüchtlinge hungern. Ihre Kinder können nicht mehr zur Schule gehen, sondern müssen arbeiten oder betteln.
Immer mehr brechen deshalb nach Europa auf - so die UNHCR-Vertreterin - und das, "obwohl die Flüchtlinge hier auch Leute gekannt haben, die dabei gestorben sind".
Auch der Syrer Abu Abdelmalek und sein Freund Yousef im Flüchtlingslager Zatari kennen die Bilder von ertrunkenen Flüchtlingen. Aber in Jordanien, sagen sie, sehen sie keine Perspektive. Ihre Ersparnisse seien aufgebraucht, und angesichts der Kämpfe in Syrien hätten sie die Hoffnung verloren, bald wieder in ihre Heimat zurückkehren zu können.
"Wir wissen, dass wir im Meer sterben können auf dem Weg nach Europa. Aber das Risiko gehen wir ein", so Abu Abdelmalek, und Yousef pflichtet ihm bei:
"Das ist sehr gefährlich, aber wenn Du es schaffst, dann steht Dir die Welt offen".
Und so wie die beiden jungen Syrer denken viele der Flüchtlinge in Jordanien. Nach einer Umfrage der UNO hegt inzwischen jeder zweite von ihnen Abwanderungsgedanken - in Richtung Europa.
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