Flüchtlinge, Schlepper, Zäune

Von Steffen Wurzel |
Der Name der EU-Grenzschutzagentur Frontex stammt von den französischen "frontieres exterieures", den Außengrenzen. Frontex soll die operative Zusammenarbeit der 27 europäischen Länder koordinieren, dabei geht es um Grenzen, die insgesamt deutlich länger sind als der Äquator. Doch Frontex hat wenig Macht, besitzt weder Schiffe noch Helikopter noch Entscheidungsgewalt.
"Mein Name ist Gennaro Di Bello, ich bin Polizeihauptkommissar und mein Wohnort ist Wuppertal."

Seit einigen Wochen befindet sich Gennaro Di Bellos Arbeitsplatz nicht in Nordrhein-Westfalen, sondern in Griechenland, ganz im Osten des Landes, unmittelbar an der Grenze zur Türkei. Gerade fährt der 42-Jährige mit einem schweren Geländewagen der Bundespolizei durch ein Dorf nördlich des Städtchens Orestiada. Neben Gennaro Di Bello sitzt ein Kollege der italienischen Polizei im Geländewagen. Beide arbeiten im Rahmen der europäischen Frontex-Mission in Griechenland. Seit November helfen Beamte aus allen EU-Staaten den griechischen Kollegen bei der Sicherung der EU-Außengrenze zur Türkei.

"Als Griechenland RABIT-Fall ausgelöst hat, war es so, dass hier an der Landgrenze täglich bis zu 250 Leute rübergekommen sind. Deswegen ist das der Brennpunkt. Das ist der einzige Punkt zwischen Griechenland und der Türkei, an dem man trockenen Fußes von der Türkei nach Griechenland kommen kann, und so auch in die Europäische Union."

Drei Jugendliche - 14, 15 Jahre alt - schlurfen am Straßenrand entlang. Ihre Hände stecken tief in den Hosentaschen und sie schauen etwas grimmig aus der Wäsche. Grund genug für die beiden Frontex-Beamten, die drei Jungs anzuhalten.

Ein kurzes Gespräch in einer Mischung aus Englisch und Griechisch und schnell ist klar: Die Drei sind keine illegalen Einwanderer, sondern drei gelangweilte Jungs aus der Nachbarschaft. Es geht über einen holprigen, völlig vermatschten Feldweg entlang der griechisch-türkischen Grenze. Überall stehen Büsche, kleine Bäume, die Gegend ist sehr unübersichtlich. Genau hier will die griechische Regierung in den kommenden Monaten einen Zaun bauen, um den Strom der illegalen Flüchtlinge, die hier einreisen, zu stoppen.

Der Polizeichef der Region Orestiada, Georgios Salamagkas:

"Wir werden mit dem Zaun dieses 12,5 Kilometer breite Tor schließen. Auf der einen Seite ist Griechenland, auf der anderen Seite die Türkei. Mit diesem Zaun schließen wir dieses Tor, durch das in einem Jahr 36.000 Menschen illegal zu uns gekommen sind: Frauen, Männer, Kinder - zu Fuß, in Rollstühlen und auf Krücken."

Noch steht der Zaun nicht. Vor einigen Tagen ist Nadir Abdallawi mit verhältnismäßig geringem Aufwand über die Grenze nach Griechenland gekommen. Nadir Abdallawi kommt aus Oran, der zweitgrößten Stadt Algeriens. Jetzt will sich Nadir ins gut 900 Kilometer entfernte Athen durchschlagen. Wie genau, weiß er noch nicht. Irgendwie wird er schon durchkommen, sagt er. Und dann:

"Ich will erstmal duschen, mich rasieren und mich umziehen. Das ist das Erste, was ich tun werde. Und dann, mal sehen. Vielleicht suche ich mir einen Job in Athen oder sonst wo. Wenn ich die Chance habe, aus Griechenland rauszukommen, dann mache ich das. Keine Ahnung, was mit mir passieren wird. Ich weiß noch nicht mal, was in den nächsten Minuten passieren wird. Aber ich hoffe mal, dass sich alles gut für mich entwickelt."
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