Schulungen für ein besseres Verständnis
Bei der Unterbringung von Flüchtlingen sorgen sie für Sicherheit. Das klappt in der Praxis aber nicht immer reibungslos. Deshalb erhalten Security-Mitarbeiter in Berlin jetzt interkulturelle Schulungen - um die Situation in den Unterkünften zu verbessern.
Wir haben zwei Turnhallen hier. Das ist die untere, hier sind nur Männer. Da vorne sind afghanische, da hinten syrische, in der Mitte Iraker. Die meisten sind seit zwei Monaten hier. Und Privatsphäre ist natürlich nicht viel, wie Sie selber sehen.
Berthold Appel ist ein schlanker, großer Mann mit kurzem grauen Haar. Er trägt eine schwarze Weste mit der Aufschrift: RSD, Rheinische Sicherheitsdienste. Appel ist Sicherheitsmitarbeiter. Er geht durch eine Turnhalle in Berlin-Neukölln, in der Flüchtlinge untergebracht sind. Stockbetten sind aufgestellt, manche mit großen Laken verhangen, so dass man die Schlaffläche nicht sehen kann. Bis zu 100 Menschen wohnen hier, erzählt Appel. Die meisten sprechen Arabisch. Appel selbst verständigt sich teilweise auf Englisch, sonst mit Händen und Füßen, sagt er. Aber in jeder Schicht ist ein arabischsprachiger Kollege mit dabei. Heute ist es Ismail Hamza.
"Salamaleikum…"
Ein Tagesseminar für die Security
Der 28-jährige Hamza ist gebürtiger Berliner. Arabisch ist seine Muttersprache. Hamza und Appel arbeiten seit mehreren Jahren im Sicherheitsdienst. Bevor sie in der Flüchtlingsunterkunft anfingen, bewachten sie Neuköllner Schulen. Für die Arbeit mit den Flüchtlingen mussten sie eine zusätzliche interkulturelle Schulung absolvieren. Das meiste sei ihm als Neuköllner aber ohnehin bekannt gewesen, sagt Berthold Appel.
"Wie man mit muslimischen Frauen umzugehen hat und sowas alles. Das wurde uns allgemein, auch den Kollegen, die so eine Herkunft haben, vielleicht arabische Wurzeln, denen wurde das auch erklärt, dass wir auf sowas zu achten haben. Das war’s eigentlich."
Besonders zu beachten sei: Streng muslimische Frauen würden einem fremden Mann nicht die Hand geben und ihm auch bei einem Gespräch nicht in die Augen schauen. Das müsse man respektieren. Der arabischstämmige Referent habe in der Schulung auch über die islamische Kultur im Allgemeinen gesprochen, sagt Hamza.
"Hat uns erklärt, wie die Menschen in Arabien so leben, zum Beispiel, dass man, wenn ein Mann und eine Frau unterwegs sind, erstmal den Mann ansprechen, dann die Frau."
"Dann bei der Essensausgabe, dass wir – weil verschiedene Kulturen da sind, wo es auch Reibereien geben kann – uns zurückhalten und nicht Partei ergreifen. So ne Sachen haben sie uns beigebracht."
Die interkulturelle Schulung ist ein Tagesseminar. Es soll die Mitarbeiter für den Umgang mit den geflüchteten Menschen aus den verschiedenen Kulturen, meistens aus islamischen Ländern, sensibilisieren. Es sind Zusatzqualifikationen. Die allgemeine Schulung bieten die Industrie- und Handelskammern an. Sie dauert drei Monate und endet mit der Sachkundeprüfung, sagt Michael Baumann, von der Berliner Niederlassung der Rheinischen Sicherheitsdienste.
"Was dann noch hinzukommt, ist das Deeskalationstraining. Aber dann kommt die spezielle Schulung im Umgang mit den verschiedenen Ethnien. Und das machen wir in der Regel in der Firma unabhängig von der IHK."
Gute Chancen mit Arabisch und Farsi
Ismail Hamza bringt durch seine Arabischkenntnisse eine weitere Qualifikation mit, die sich andere weder in einem dreimonatigen Lehrgang der IHK, noch durch ein Tagesseminar aneignen können: Und wer Arabisch, Farsi oder andere Sprachen beherrscht, sagt Baumann, habe sehr gute Chancen. Der Markt sei zurzeit wie ausgefegt. Vor allem fehlten Frauen in diesem Job. Ismail Hamza übernimmt aber wegen seiner sprachlichen Qualifikation mehr Aufgaben, als er müsste.
"Ich kann mich mit den Flüchtlingen unterhalten. Die verstehen mich, ich verstehe die. Die erzählen mir dann ihre Probleme, was die haben. Dann versuche ich teilweise, ihre Probleme zu lösen, ob’s Verkehrsmittel, wie sie von A nach B fahren. Oder wenn sie private Probleme haben, versuchen wir eine Lösung zu finden."
Interkulturelle Kompetenz, arabische Sprachkenntnisse – das alles sei wichtig. Aber Freundlichkeit und starke Nerven, das seien die wichtigsten Fähigkeiten, die ein Security-Mitarbeiter brauche, sagt Berthold Appel. Er erinnert sich an Schlägereien zwischen Flüchtlingen und Sicherheitspersonal auf dem Gelände der Berliner Erstaufnahmestelle, LaGeSo.
"Da haben gute Nerven gefehlt. Das kann Ihnen beim Lehrgang keiner vermitteln. Deswegen sage ich, ich mache freundlich, aber bestimmt. Und das klappt immer. Beim LaGeSo selber bin ich nicht bei gewesen, aber ich kann mir gut vorstellen, dass ein Wort das andere... Und dann geht es hoch."
Während Appel noch erzählt, kommt die Leiterin der Notunterkunft herein und kündigt an, dass neue Bewohner unterwegs seien.
Leiterin: "Hallo, Hamza, wir kriegen heute 25 Neuzugänge. Wir müssen die Betten herrichten."
Hamza: "Familie oder ledig? /Wir kriegen zwölf Frauen und Rest Männer.
Appel: "Da müssen wir auch 25 Matratzen rausholen, Zahnbürsten, Zahnpasta. Dann mache ich zwei Kartons fertig."
Hamza: "Familie oder ledig? /Wir kriegen zwölf Frauen und Rest Männer.
Appel: "Da müssen wir auch 25 Matratzen rausholen, Zahnbürsten, Zahnpasta. Dann mache ich zwei Kartons fertig."
Das alles gehört eigentlich nicht zu den Aufgaben der Sicherheitsleute, aber Hamza und Appel packen gerne mit an, sagen sie, und sie machen sich auf den Weg ins Lager.