Flüchtlingsdrama an der EU-Ostgrenze

Das Dilemma zwischen Humanität und Erpressbarkeit

53:41 Minuten
Vier Flüchtlinge, alle in dicke Winterjacken gehüllt, sitzen draußen auf dem Boden, hinter ihnen befinden sich Bäume.
An der Grenze zwischen Polen und Belarus haben Flüchtlinge bei Temperaturen unter null Grad im Freien übernachtet. Inzwischen sollen sie nach Angaben des belarussischen Grenzschutzes in ein nahegelegenes Logistikzentrum gebracht worden sein. © picture alliance / dpa / BelTA / TASS / Leonid Shcheglov
Moderation: Birgit Kolkmann · 19.11.2021
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Ein Flüchtlingsdrama, das politisch gewollt ist? Immer noch kampieren Geflüchtete bei Eiseskälte an der Grenze zwischen Polen und Belarus. Die EU wirft dem belarussischen Machthaber Lukaschenko vor, die Menschen gezielt geschleust zu haben.
Statt übers Meer kommen die Geflüchteten durch den Wald: ein neuerliches Flüchtlingsdrama an der Außengrenze der EU, nun derjenigen zwischen dem EU-Mitglied Polen und dem autoritär regierten Belarus.
Offenkundig sind die Menschen überwiegend aus dem Nahen Osten gezielt nach Belarus gebracht worden, um sie dort an die Grenzen zu Polen und Litauen zu schicken. Die EU wirft dem Minsker Machthaber Alexander Lukaschenko darum staatlich organisiertes Schleppertum vor, als Rache für die Sanktionen, die Brüssel wegen der Unterdrückung der Opposition in Belarus verhängt hat.

Eine Mauer an der EU-Ostgrenze

Polen hat die Grenze mit einem Großaufgebot an Sicherheitskräften abgeriegelt, die Geflüchtete nach Belarus zurücktreiben, wenn sie versuchen, die Sperren zu durchbrechen. Tausende sind im Niemandsland gestrandet, frieren bei Minustemperaturen, es hat Tote gegeben. Mittlerweile stellt Belarus wohl zumindest für einen Teil der Menschen Unterkünfte bereit. Und Polen plant, eine 180 km lange Sperranlage an seiner Ostgrenze zu bauen – eine Mauer.
Was ist vom harten Vorgehen Polens zu halten? Sollte die EU solidarisch sein mit Warschau, das die EU-Grenze absichert? Wie kann den Menschen geholfen werden, die anscheinend Schachfiguren in einem zynischen Spiel des belarussischen Diktators sind? Sollten die EU-Länder sie aufnehmen?
Ist es richtig, dass die geschäftsführende Bundeskanzlerin mit Lukaschenko telefoniert – oder wertet sie damit den international nicht anerkannten Herrscher auf? Gibt Angela Merkel, gibt die EU Erpressung nach, wenn im Namen der Humanität eine Lösung des Dramas in den Wäldern gesucht wird?

Die Misere europäischer Migrations- und Asylpolitik

Rächt sich nun einmal mehr, dass die Europäische Union sich zu keiner gemeinsamen Migrations- und Asylpolitik zusammenraufen kann? Wie sollte so eine Politik aussehen, die human, rechtskonform und nachhaltig ist?
Und welche Rolle spielt bei alldem Russland, dessen Präsident Wladimir Putin seine schützende Hand über den belarussischen Diktator Alexander Lukaschenko hält?

Es diskutieren:
Prof. Klaus Bachmann, Politologe und Historiker, SWPS-Universität Warschau
Helga Schmidt, ARD-Korrespondentin in Brüssel
David Kipp, Migrationsforscher, Stiftung Wissenschaft und Politik Berlin
Björn Blaschke, ARD-Korrespondent in Kairo

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