Flüchtlingsdrama bei Aleppo

"Die Türkei spielt das im Moment recht geschickt"

Tausende syrische Flüchtlinge warten an der Grenze zur Türkei.
Tausende Menschen sind vor den Kämpfen in Aleppo an die syrisch-türkische Grenze geflohen. © AFP / Bulent Kilic
Guido Steinberg im Gespräch mit Anke Schaefer und Christopher Ricke |
Zehntausende Flüchtlinge harren derzeit an der syrisch-türkischen Grenze aus und werden von der Türkei versorgt. Bisher hat sich die türkische Regierung aber geweigert, die Grenze zu öffnen. Dahinter steckt Kalkül, meint der Nahost-Experte Guido Steinberg.
Nach dem Willen der EU soll die Türkei die Zehntausendenden Flüchtlinge, die derzeit an der syrisch-türkischen Grenze festsitzen, ins Land lassen, aber gleichzeitig dafür sorgen, dass diese nicht nach Europa weiterreisen. Diesen Gefallen tut der türkische Präsident der EU bisher nicht.
"Die Türkei spielt das im Moment recht geschickt", sagt der Nahostexperte Guido Steinberg von der Stiftung Wissenschaft und Politik.
"Sie sorgt dafür, dass diese Bilder von der Grenze in der ganzen Welt gezeigt werden vom Leid der Syrer. Gleichzeitig lässt sie die Grenze zur Ägäis offen und behauptet – fälschlicherweise – dass sie diese Grenze nicht besser kontrollieren kann", kritisiert Steinberg. "Damit gelingt es ihr, den mittlerweile zweiten Besuch der Bundeskanzlerin innerhalb von kurzer Zeit zu erzwingen, Hilfszusagen in Milliardenhöhe, und vielleicht kommen ja auch noch politische Zugeständnisse hinzu."
Heikler, aber alternativloser Türkei-Besuch der Kanzlerin
Dieser Besuch sei wegen der innenpolitischen Lage der Türkei "heikel", räumt Steinberg ein. Dennoch sei die Türkei ein Partner, auf den man setzen müsse.
"Deutschland ist absolut darauf angewiesen, dass die Türkei die Flüchtlinge daran hindert, noch einmal in so großer Zahl Richtung Europa zu strömen, wie das letztes Jahr geschehen ist. Wenn das nicht gelingt, werden dieses Jahr wieder mindestens eine Million Flüchtlinge Richtung Deutschland ziehen."
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