Flüchtlingshilfe
Die Neubrandenburgerin Elke Vespermann würde gerne einmal nach Ghana reisen, um zu sehen, wie es Faida Boye dort nach seiner Abschiebung ergeht. Über ihr Smartphone bleibt sie in Kontakt. © Deutschlandradio / Annabell Brockhues
Wenn aus Unterstützung eine Freundschaft wird
05:48 Minuten
Im Jahr 2015 war der Ghanaer Faida Boye einer der rund eine halbe Million Asylbewerber. Elke Vespermann half ihm: beim Deutschlernen, bei Anträgen, bei den Behörden. Zurück musste Boye trotzdem. Aber die Freundschaft der beiden besteht bis heute.
Fast eine halbe Millionen Menschen haben 2015 in Deutschland einen Asylantrag gestellt. Einer von ihnen war Faida Boye aus Ghana. Nach seiner Ankunft in Neubrandenburg hat er Deutsch gelernt, Fußball gespielt und wollte eine Ausbildung in einem Restaurant machen. Die Neubrandenburgerin Elke Vespermann hat ihm geholfen, sich in seiner neuen Heimat Mecklenburg-Vorpommern zurechtzufinden. Daraus hat sich eine enge Beziehung entwickelt, fast wie Mutter und Sohn. Doch dann wird Faida abgeschoben. Wie geht es den beiden heute?
Erinnerung an Deutschstunden
"Dieses Fenster, was rechts eingesetzt ist, das gab es früher nicht. Das war so eine lauschige Ecke. Hier haben wir ganz oft gesessen, erzählt, gelesen und gefragt", erinnert sich Elke. Sie sitzt in der McDonalds-Filiale an der B96 und zeigt auf eine Sitzecke neben dem Eingang. Es ist der zweite Corona-Winter, der Restaurantbetrieb ist eingeschränkt, es schneit. Fast fünf Jahre ist es her, dass sie hier mit Faida Deutsch gelernt hat.
Die Ortswahl war damals pragmatisch. Im Winter McDonalds, im Sommer eine Eisdiele in der Neubrandenburger Neustadt. Hier seien sie ungestört gewesen und er habe ihr aus Zeitungen vorgelesen. "Zu Anfang hat er das sicherlich nicht so gern gemacht, in der Öffentlichkeit zu lesen. Aber ich habe ihm dann gesagt: Wenn die Leute sehen, dass du so gut Deutsch lernst, glaub mir, freuen sich alle! Und es war wirklich so."
Die Ortswahl war damals pragmatisch. Im Winter McDonalds, im Sommer eine Eisdiele in der Neubrandenburger Neustadt. Hier seien sie ungestört gewesen und er habe ihr aus Zeitungen vorgelesen. "Zu Anfang hat er das sicherlich nicht so gern gemacht, in der Öffentlichkeit zu lesen. Aber ich habe ihm dann gesagt: Wenn die Leute sehen, dass du so gut Deutsch lernst, glaub mir, freuen sich alle! Und es war wirklich so."
Das Kennenlernen
Elke ist in der Nähe von Neubrandenburg aufgewachsen und arbeitet bei einer Krankenkasse. „Frau Elke“, sagt Faida zu ihr. Er stammt aus einem Dorf in Ghana und wollte schon immer in Deutschland leben. 2013 reiste er mit seiner Fußballmannschaft für ein Turnier nach Norwegen und flog nicht mehr nach Hause. Er ist 19 Jahre alt, als er in Mecklenburg-Vorpommern ankommt.
Faida und Elke lernen sich im Herbst 2015 auf dem Dokumentarfimfestival in Neubrandenburg kennen. Sie verkauft dort ehrenamtlich Karten, er hilft ihr. Zwei Tage später treffen sie sich in der Flüchtlingsunterkunft zum Deutschunterricht.
Faida und Elke lernen sich im Herbst 2015 auf dem Dokumentarfimfestival in Neubrandenburg kennen. Sie verkauft dort ehrenamtlich Karten, er hilft ihr. Zwei Tage später treffen sie sich in der Flüchtlingsunterkunft zum Deutschunterricht.
Das Leben in Neubrandenburg
"Von diesem Tag an bis heute hat sie mir sehr geholfen", sagt Faida. "An meinem Geburtstag hat sie eine kleine Feier für mich organisiert. Sie hat mir bei meinem Asylverfahren geholfen, war mit mir beim Anwalt. Ich weiß nicht, wie ich ausdrücken soll, was sie alles für mich getan hat", sagt er in einer Sprachnachricht auf Englisch - sein Hauptkommunikationsmittel.
Elke sitzt am Küchentisch. Vor ihr steht ein Teller mit selbstgebackenen Keksen, im Schoß liegt ein schwarzer Ordner. Ganz oben ein Zeitungsartikel aus dem Sportteil der Zeitung "Nordkurier": Es geht um Faidas Zukunft und seine neue Mannschaft, den Neubrandenburger FC 93. Dazu ein Foto von ihm im rot-weißen Trikot. Ansonsten abgeheftete Behördenschreiben. Mehrere Briefe von einem Neubrandenburger Gastronom, der Faida ausbilden wollte.
Die Ausreise
Doch das scheint daran zu scheitern, dass der junge Ghanaer keinen Reisepass hat. Als der neue Pass endlich da ist, erhält Boye einen Ausreisebescheid. Für eine Weile taucht er unter. Im Sommer 2017 wird er schließlich abgeschoben. Elke ist an dem Tag nicht in Neubrandenburg – sie ist auf einer Hochzeit.
Faida wünscht sich unverändert, zurückzukehren: "Wenn sich eine neue Gelegenheit ergeben sollte, in Deutschland zu leben, ergreife ich sie. Ich habe nicht das Gefühl, dass ich nach Ghana gehöre", sagt er.
Das Leben in Ghana
In der alten Heimat nimmt Boye verschiedene Gelegenheitsjobs an. Er schrotet Plastik, hilft in einer Art Baumarkt aus. Über die Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit macht er eine Bäckerlehre.
Die beiden schicken sich weiter Videos und Sprachnachrichten. "WhatsApp-Walkie-Talkie" nennt Elke das. Sie hat den Eindruck, dass Faida in Ghana gut zurechtkommt. Er hat eine eigene Backstube, eine Wohnung, eine kleine Familie. Sie will ihn in Ghana besuchen, selbst sehen, wie es ihm geht.