Flüchtlingskinder auf Lesbos

"Wer jetzt helfen kann, der hilft"

07:40 Minuten
Eine Mutter mit ihren beiden Kindern in einem Flüchtlingslager auf der griechischen Insel Lesbos. Sie stehen vor einem Zelt, die Kinder sind barfuß.
Eine Mutter mit ihren beiden Kindern in einem Flüchtlingslager auf der griechischen Insel Lesbos © dpa/Angelos Tzortzinis
Friedrich Küppersbusch im Gespräch mit Anke Schaefer |
Audio herunterladen
Für die Flüchtlingskinder auf Lesbos soll eine europäische Lösung gefunden werden. Man solle die "kleine Hilfe" nicht zum "Monstrum" aufbauschen, meint Friedrich Küppersbusch. Wir müssen entscheiden, wem wir helfen, betont Tübingens Oberbürgermeister Boris Palmer.
Die prekären und unmenschlichen Lebensbedingungen von minderjährigen Flüchtlingskindern auf den griechischen Inseln sollen von Deutschland nicht im nationalen Alleingang geklärt werden. Das hat gestern der Bundestag beschlossen.
Friedrich Küppersbusch Journalist in der ARD-Talkshow maischberger. die woche am 18.12.2019 in Berlin *** Friedrich Küppersbusch Journalist in the ARD talk show maischberger die woche on 18 12 2019 in Berlin
Friedrich Küppersbusch: Wer jetzt helfen kann, sollte dies tun.© imago images / Müller-Stauffenberg
In einem Antrag hatten die Grünen unter anderem gefordert, 5000 besonders schutzbedürftige Menschen, darunter unbegleitete Minderjährige, aus den griechischen Lagern nach Deutschland zu holen. Der Antrag wurde mit 495 Gegenstimmen abgelehnt. Zugleich hatten sich etliche Kommunen zur Aufnahme von Flüchtlingen bereiterklärt.
Luxemburgs Außenministers Jean Asselborn versucht unterdessen, einen europäischen Verteilmechanismus in Gang zu setzen. Jedes europäische Land solle pro einer halben Million Einwohner zehn Kinder oder Jugendliche aufnehmen.

"Und dann wird ein Monstrum gebaut"

In unserem Programm mahnt der Journalist Friedrich Küppersbusch, die Situation nicht zu einem "Monstrum" aufzubauschen.
"Natürlich ist diese Debatte schwierig", sagt er. Oft werde argumentiert: Ja, aber dann kommen ja noch mehr Flüchtlinge. "Und dann wird ein Monstrum gebaut, in der Theorie. Und wegen der Gefahr dieses vermeintlichen Monstrums macht man nicht mal die kleine Hilfe", so Küppersbusch.
Wer jetzt helfen könne, solle dies tun. "Ich muss in dem Moment nicht die Verantwortung für eine globale Weltpolitik übernehmen, sondern einem Menschen helfen", betont Küppersbusch.
(huc)

Boris Palmer: Wir müssen entscheiden, wem wir helfen

Wenn der Bund seiner Stadt Tübingen Flüchtlinge zuweise, werde man sie selbstverständlich aufnehmen, sagt der Oberbürgermeister und Grünen-Politiker Boris Palmer zur aktuellen Lage auf den griechischen Inseln. Dies bedürfe keiner Angebote einzelner Städte, denn es gehe im Kern um eine deutsche und europäische und um keine kommunale Entscheidung.
Ein Mann mit grauen Haaren und kurzem Bart.
Tübingens Oberbürgermeister Boris Palmer: Es sollten nicht der Zufall, der Geldbeutel oder der Wagemut entscheiden.© picture alliance / dpa / Sebastian Gollnow
Man habe es jedoch mit einem Dilemma zu tun: "Egal, was wir tun, wir werden nie genug tun können." Es würden fast vier Millionen Flüchtlinge aus Syrien im Grenzgebiet zur Türkei und in der Türkei leben. "Es schlägt ja niemand vor, denen allen zu helfen, also werden wir auswählen müssen." Man könne also nur wenigen helfen. "Und es wäre richtig, dass wir entscheiden, wer die Hilfe bekommt, und nicht der Zufall oder der Geldbeutel oder der Wagemut."

Nicht "im Alleingang die Probleme lösen"

Auch in anderen Regionen wie in Afrika gäbe es Krisensituationen, die im Moment nicht weniger schlimm seien, auch wenn die Bilder nicht im Fernsehen gezeigt würden, sagt Palmer. Er findet es nun wichtig, "die Bedürftigen zu identifizieren und nach dem Asylstatus zu fragen". Denjenigen, die die Hilfe am dringendsten benötigten, solle geholfen werden. Gleichzeitig dürfe Deutschland nicht versuchen, "im Alleingang die Probleme zu lösen", sondern zusammen mit europäischen Partnern in einer "Koalition der Willigen".
"Europa ist auch ein Wert, den es zu verteidigen gilt. Wenn wir nicht mehr helfen können, weil zu viele Regierungen rechtspopulistisch übernommen werden, weil Rechtsstaat und Demokratie in Europa in Gefahr geraten, weil die Menschen nicht mehr bereit sind, die Flüchtlingshilfe mitzutragen, dann ist eben auch nichts gewonnen", sagt Palmer. Das Gespräch können Sie hier hören:
(sed)
Mehr zum Thema