Kritik an deutscher Asylpolitik
Seit Freitag wurde auf in "Refugee Conference" in Hamburg darüber debattiert, mit welchen Problemen Flüchtlinge in Deutschland zu kämpfen haben. 2.000 Menschen kamen in die Hamburger Kulturfabrik Kampnagel - und formulierten ihre Forderungen an die Politik.
Wie können wir uns besser vernetzen, was sind unsere Forderungen und wie können wir sie am besten durchsetzen? Das war die Kernfrage, die die rund 2.000 Teilnehmer der internationalen Flüchtlingskonferenz drei Tage lang diskutiert haben. In vielen Dutzend Workshops und Podiumsdiskussionen kamen nicht etwa deutsche Expertinnen und Experten zu Wort, sondern die aus ihren Heimatländern geflohenen Menschen. Zum Beispiel die Aktivistinnen der Gruppe "Women in Exile":
"Warum ich hierher und komme und kämpfe? Uns haben sie erzählt, das Deutschland ein Ort der Freiheit ist. Männer und Frauen leben hier gleichberechtigt zusammen. Aber das ist eine männliche Sichtweise! Tut mir leid, aber so sehe ich das. Darum haben wir Frauen uns zusammengetan: Hört auf, euren Sexismus gegen uns einzusetzen! Wir sind hier und kämpfen für unsere Rechte!"
Genau darum ging es im Workshop der Gruppe "Syrians against Sexism". Frauenfeindlichkeit sei eben kein Thema, mit dem sich die geflüchteten Männer und Frauen auseinanderzusetzen haben. Sexistische Übergriffe gebe es eben auch in der deutschen Gesellschaft und es gibt sie in den Unterkünften, durch Bewohner und deutsches Wachpersonal. Der Journalist Sakhr Al-Mohammad von "Syrians against Sexism" wünscht sich deshalb, dass das Problem nicht einseitig betrachtet wird, dass Medien und Politiker das Problem weder dramatisieren noch totschweigen.
"Sexismus gibt es in jeder Gesellschaft. Aber es gibt Länder, in denen er stärker ist, zum Beispiel im Nahen Osten oder Nordafrika ist er stärker ausgeprägt als hier. Deshalb müssen wir Workshops organisieren, um den Leuten beizubringen, dass sie diesen Sexismus hier ablegen müssen. Und wir müssen uns um die geflüchteten Frauen kümmern, die damit konfrontiert sind!"
Flüchtlinge bleiben zu lange in Erstaufnahmeunterkünften
Erschwert wird eine solche Arbeit in den Flüchtlingsunterkünften aber durch das ständige Kommen und Gehen von Menschen. Stabile Strukturen, die eine Arbeit von Flüchtlingen mit Flüchtlingen braucht, lassen sich dadurch kaum etablieren. Auch für einen Austausch über dieses Thema sei die Konferenz genau der richtige Ort gewesen.
Kritik wurde vor allem an der deutschen Asylpolitik geübt: an den schleppenden Verfahren, an der Residenzpflicht, an fehlenden Integrationsangeboten, daran, nicht sofort eine Arbeit annehmen zu dürfen. Viel zu lange müssten die Menschen in den Erstaufnahmeunterkünften bleiben, ohne Kontakt zur Gesellschaft und deshalb ohne die Möglichkeit, mit der deutschen Gesellschaft überhaupt in Kontakt zu kommen.
Die deutsche Politik müsse sich auch fragen lassen, warum nicht endlich Waffenexporte in Krisenregionen gestoppt und lokale Konflikte auf diese Weise angeheizt werden. Amelie Deuflhard, die Intendantin der Kulturfabrik Kampnagel und Gastgeberin der Konferenz, hofft, dass auch durch die Tagung eine breite Debatte über die europäischen Flüchtlingspolitik in Gang kommt:
"Ich habe schon das Gefühl, dass das schon der Beginn einer Bewegung ist. Dass das Bild von Flüchtlingen, die ja nur noch in der Masse gesehen werden, in vielen Medien ja nur als Krise, als Flüchtlingskrise. Dabei sind es in Wirklichkeit Individuen, die aus Ländern kommen, die in der Krise sind. Die Krise ist in den Herkunftsländern."
Und dort müsse sich endlich etwas verändern. - Im nächsten Jahr, das wurde heute beschlossen, wird die nächste, die vierte internationale Flüchtlingskonferenz in Berlin stattfinden.