Flüchtlingskrise

"Frankreich ist nicht in derselben Lage wie Deutschland"

Frankreichs Präsident François Hollande bei seiner Pressekonferenz am 7. September 2015 in Paris
Frankreichs Präsident François Hollande bei seiner Pressekonferenz am 7. September 2015 in Paris © dpa / picture alliance / Reuters Pool / Philippe Wojazer
Von Ursula Welter |
François Hollande hat angekündigt, dass sein Land in den nächsten zwei Jahren 24.000 Flüchtlinge aufnehmen will. Frankreichs Präsident steht innenpolitisch unter dem Druck der Rechtsextremen und von Umfragen, die Deutschlands Kurs in der Flüchtlingspolitik ablehnen.
Glauben Sie, fragte der französische Staatspräsident die fragenden Journalisten, glauben Sie, dass man bei einer Frage wie dieser seine Entscheidung von Umfragen abhängig machen sollte?
Nein, gab François Hollande selbst die Antwort.
Obwohl sich auch in Frankreich immer mehr Initiativen zur Unterstützung von Flüchtlingen bilden, steht der Staatspräsident unter Druck. Eine knappe Mehrheit der Franzosen möchte nicht, dass Frankreich wie Deutschland handelt. Der extreme Front National punktet mit der These: Einwanderung sei eine Last und keine Chance. Und Parteichefin Marine le Pen liegt in Umfragen zu den Präsidentschaftswahlen vor François Hollande.
"Frankreich ist nicht in derselben Lage wie Deutschland", unterstrich der Staatspräsident deshalb auch in seiner heutigen Pressekonferenz. Die Zahl der anerkannten Asylbewerber in Frankreich werde für 2015 bei etwa 60.000 liegen.
Von den 120.000 Flüchtlingen, die die EU-Kommission in den kommenden zwei Jahren auf die Länder Europas verteilen wolle, werde Frankreich 24.000 Menschen übernehmen.
Das Wort "Flüchtlingsquoten" halte er weiterhin für falsch, sagte François Hollande, das klinge, als greife das Grundrecht auf Asylrecht oberhalb einer bestimmten Ziffer nicht mehr. Ihm gehe es um einen "verbindlichen, dauerhaften Mechanismus". Jedes EU-Land müsse Zusagen machen und diese dann auch einhalten.
Paris kommt es darauf an, dass die Auffangzentren im Süden Europas zügig ausgebaut werden, dort müsse gelten: Asylrecht für die einen, Begleitung zurück in die Ursprungsländer für die anderen, die aus ökonomischen Gründen nach Europa kommen.
Frankreich will auch die Ursprungs- und Transitländer besser einbinden, für November lädt François Hollande zu einer "Internationalen Konferenz" nach Paris ein, auch da soll es um Auffanglager gehen, in denen die Aussicht auf Asyl in Europa geprüft werden soll.
Militärisches Handeln gegen den IS
Weil die Flüchtlingsströme und der Bürgerkrieg in Syrien für Frankreich zwei Seiten ein und derselben Medaille sind, will Paris nun auch militärisch handeln. Frankreich geht im Irak bereits gegen Stellungen der IS-Terrormilizen vor, ab morgen sollen dieselben Streitkräfte auch Aufklärungsflüge über Syrien starten.
Die französischen Militärs und Geheimdienste wollen in Syrien mehr Informationen sammeln, um dem Terror, der sich, wie die jüngsten Attentate gezeigt haben, von Syrien aus auch gegen Frankreich richtet, zu begegnen. Je nach Erkenntnis, so François Hollande, sei Frankreich dann auch zu Luftangriffen bereit. Den Einsatz von Bodentruppen schloss der französische Präsident aus.
François Hollande stellte heute klar, dass ein Übergang zu demokratischen Verhältnissen in Syrien mit der gemäßigten Opposition und Teilen des syrischen Regimes ohne Baschar al-Assad ausgehandelt werden müsse. Das werde Paris auch der Führung im Iran und in Moskau vorschlagen. Auch Russland sei an einer Lösung in Syrien gelegen, sagte François Hollande und streckte Vladimir Putin dann eine versöhnende Hand entgegen, als er über einen anderen Konfliktherd sprach: die Ukraine. Es habe dort Fortschritte im Friedensprozess gegeben.
Er sieht die Entwicklung in der Ukraine auf gutem Weg. Er will noch vor der UN-Vollversammlung Ende September die Spitzen der ukrainischen Führung, die deutsche Kanzlerin und den russischen Präsidenten Putin im Rahmen des "Normandie-Formats" nach Paris zu einer Bestandsaufnahme einladen. Und wenn der Prozess erfolgreich ist, sagte François Hollande, werde er für die Aufhebung der Sanktionen gegen Russland plädieren.
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