Flüchtlingsrouten

Neues Nadelöhr Slowenien

Flüchtlinge warten in Petisovci/Slowenien auf die Möglichkeit, ihre Reise fortzusetzen.
Flüchtlinge warten in Petisovci/Slowenien auf die Möglichkeit, ihre Reise fortzusetzen. © dpa / picture alliance / Georgi Licovski
Von Ralf Borchard |
Nachdem Ungarn seine Grenzen dicht gemacht hat, versuchen die Flüchtlinge über Slowenien nach Österreich zu gelangen. Slowenien allerdings will nur 2.500 Flüchtlinge pro Tag passieren lassen. Das entlastet zwar Österreich, doch gehen die Flüchtlingszahlen nicht zurück.
Das neue Nadelöhr heißt Slowenien. Die slowenische Regierung hat angekündigt, pro Tag maximal 2.500 Flüchtlinge einreisen zu lassen. Der Staatssekretär im slowenischen Innenministerium, Bostajn Sefic, spricht sogar von nur 1.500 Flüchtlingen, die pro Tag weiter nach Österreich transportiert werden sollen:
"Die Republik Österreich hat uns deutlich gemacht, dass sie angesichts der Überfüllung und der Gesamtsituation dort in keinem Fall mehr als 1.500 Migranten täglich aufnehmen können", so Sefic zur Begründung.
Was Österreich und in der Folge Deutschland vorübergehend entlastet, setzt Kroatien, Serbien und Mazedonien um so mehr unter Druck. Diese Länder entlang der aktuellen Balkanroute befürchten einen wachsenden Flüchtlings-Rückstau. Melita Sunjic arbeitet für das UN-Flüchtlingshilfswerk UNHCR an der slowenisch-österreichischen Grenze:
"Die Gefahr ist, dass dann stromaufwärts sozusagen, in den Ländern, die die Flüchtlinge vorher durchqueren, sich so Flaschenhälse bilden."
Andrang hier im Niemandsland
Schon am Wochenende warteten etwa an der serbisch-kroatischen Grenze Tausende Flüchtlinge vergeblich auf ihre Weiterreise. Jelena Molonjic, UNHCR-Helferin in der serbischen Grenzstadt Sid sagt:
"Die Busse haben hier in einer Schlange auf die Weiterfahrt gewartet. Viele Menschen sind dann aus den Bussen ausgestiegen und zu Fuß weiter Richtung Grenze. Auf kroatischer Seite ist das Camp in Opatovac ebenfalls voll. Das heißt, wir haben momentan einen ziemlichen Andrang hier im Niemandsland zwischen den beiden Grenzen."
Soldaten bauen einen Zaun an der kroatisch-ungarischen Grenze
Soldaten bauen einen Zaun an der kroatisch-ungarischen Grenze© dpa/picture-alliance/ Tamas Soki
Auch Louisa Vinton, UN-Koordinatorin in Mazedonien, betont, dass sich die Balkan-Länder als reine Durchgangsländer verstehen und nicht auf die Unterbringung von Zehntausenden Flüchtlingen vorbereitet sind. In den vergangenen Wochen haben pro Tag jeweils zwischen 5.000 und 10.000 Flüchtlinge die Grenzen von Griechenland nach Mazedonien und weiter nach Serbien und Kroatien passiert.
"Unsere Sorge hier ist: Es gibt keine Anzeichen, dass diese Zahlen zurückgehen", so Vinton. Nach den Worten der UN-Koordinatorin wächst die Verzweiflung vieler Menschen eher, etwa in den Kriegsgebieten in Syrien. Auch die Bemühungen Deutschlands und der EU, die Türkei zu mehr Kooperation zu bewegen, brauchen Zeit, sagt sie.
Und falls Länder wie Kroatien, Serbien oder Mazedonien dem Beispiel Ungarns folgen und Grenzzäune bauen, wird das den Flüchtlingsstrom nach ihren Worten ebenfalls nicht stoppen.
"Flüchtlinge werden immer alternative Routen finden, egal was passiert. Das ist eine Realität, der Europa ins Auge blicken muss. Es ist viel besser, diese Realität zu akzeptieren und das Ganze zivilisiert und menschlich zu gestalten, als den Preis, den diese Menschen zu bezahlen haben, immer weiter zu erhöhen, sie etwa hier auf dem Balkan auf Alternativrouten durch Kosovo, Bosnien oder Montenegro zu zwingen. Das wären viel schwierigere Routen, um ihr Ziel zu erreichen."
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