Flüssiggas aus den USA

Europas Rausch, Amerikas Kater

21:16 Minuten
Eine Flamme schlägt vor glutrotem Abendhimmel auf einem Erdgasfeld in die Luft.
Deutschland sucht neue Energiequellen und findet sie vor allem in der LNG-Infrastruktur an der Golfküste der USA. © Corbis via Getty Images / Orjan F. Ellingvag
Von Nicole Markwald |
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Die Bundesregierung sieht in US-Flüssiggas einen Ausweg aus der Energieknappheit. Besonders Texas und Louisiana sind ergiebige Lieferanten. LNG-Exporte nach Europa sind 2022 sprunghaft angestiegen – mit dramatischen Folgen.
John Beard fackelt nicht lang. Kaum sitzt man in seinem gut gekühlten Pick-up-Truck, beginnt er seine kleine Führung durch Port Arthur. Die Stadt liegt im Süden von Texas, direkt am Golf von Mexiko. Janis Joplin ist ihre wohl berühmteste Tochter. Etwas über 56.000 Menschen leben hier zurzeit.
Ein Mann mit Käppi, Sonnenbrille und weißem T-Shirt steht an einem roten Zaun vor einem Schild auf dem "Restricted Area" steht.
„Nicht der Geruch von Geld, sondern der Geruch vom Tod“ – John Beard aus dem texanischen Port Arthur weiß, wie viel Leid die LNG-Raffinerien über Bewohner und Umwelt bringen.© Deutschlandradio / Nicole Markwald
Beard zeigt auf einen schnörkellosen Betonklotz, darin das Museum der Golfküste. Das Rathaus ist gleich in der Nähe, wie auch das einstige Fotostudio von Frank Trost.
“Das war sein Studio. Er hörte von dem Öl, griff sein Kameraequipment, fuhr zum Spindletop-Ölfeld und machte das weltberühmte Bild.”
Eine Gedenktafel erinnert an den Fotografen, der am 10. Januar 1901 die meterhohe Ölfontäne in einem Schwarz-Weiß-Bild festhielt. Der Ölfund nahe dem Städtchen Beaumont läutete den texanischen Ölboom ein und transformierte die Region an der Golfküste.
Kurze Zeit später wurde in Port Arthur die Texacoraffinerie gebaut. Es gibt sie noch immer, heute operiert die Anlage unter dem Namen Motiva, ist die größte Raffinerie der USA und nicht die einzige im Stadtbild von Port Arthur. Auch Total und Valero verarbeiten hier auf riesigen Geländen Öl und Gas.
Dazu kommen zwei Anlagen für den Export von Flüssiggas, Liquified Natural Gas, kurz: LNG. Erdgas wird auf weniger als minus 160 Grad Celsius heruntergekühlt. Dadurch verringert sich das Volumen um das 600-Fache.
Rohre an der Cameron LNG Exportanlage in Hackberry, Louisiana.
Die amerikanischen LNG-Ausfuhren nach Europa sind seit 2021 von 19 auf 60 Prozent gestiegen. Vier der insgesamt sieben US-Exporthäfen liegen in den Bundesstaaten Texas und Louisiana. © picture alliance / ASSOCIATED PRESS / Martha Irvine
Spezielle Tankschiffe transportieren LNG – am Zielort wird die Flüssigkeit wieder in einen gasförmigen Zustand versetzt und kann dann ins Gasnetz eingespeist werden.

"Das Leben war gut"

John Beard, Jahrgang 1956, ist in Port Arthur geboren und aufgewachsen. Seine Mutter stammte aus dem benachbarten Louisiana, sein Vater aus dem Osten von Texas.
“Es zog viele Leute hierher in der Hoffnung, ihr Glück und etwas Wohlstand zu finden. Die petrochemische Industrie schaffte viele Arbeitsplätze. Man verdiente mehr als auf einer Farm oder als Waldarbeiter. Das Leben war gut: Es reichte für ein Haus, ein schönes Auto, man ging zur Kirche und schickte seine Kinder aufs College”, erzählt er.
Die Raffinerien sind allgegenwärtig. Es sind große industrielle Komplexe mit Tanklagern, Rohrleitungssystemen, Fackelanlagen und den sogenannten Kolonnen, Apparaten zur thermischen Trennung von Gemischen. Nachts leuchten die Anlagen hell wie kleine Dörfer, der stete Fackelschein ist der hellste Punkt. Die Skyline von Port Arthur wird nicht von Hochhäusern oder Bürotürmen dominiert, sondern von Metallrohrsystemen und Dampfwolken.
Eine Flamme brennt am Export-Terminal Venture Global LNG in Cameron, Louisiana.
Der Anstieg des Exports von Flüssiggas verunsichert Anwohner und Naturschützer an der Golfküste, da die Region ohnehin von den Folgen des Klimawandels geplagt ist.© picture alliance / ASSOCIATED PRESS / Martha Irvine
Schon früh war John Beard klar, dass diese Industrie nicht nur Arbeitsplätze und bescheidenen Wohlstand für die Arbeiter bringt. Er sah auch, wie das Gesicht der Golfküste mehr und mehr verschandelt wurde, während das Leid für Umwelt und Bewohner stetig anwuchs.

Immer, wenn wir mal ein paar Tage woanders verbrachten, bemerkte ich diesen Geruch, sobald wir wiederkamen. Ich hielt mir die Nase zu und würgte oder hustete.

Aber mein Vater sagte immer: Junge, hör auf, die Nase zu rümpfen. Das ist der Geruch von Geld. Aber heute wissen wir Bescheid. Es ist nicht der Geruch von Geld, es ist der Geruch vom Tod.

John Beard, Umweltaktivist im texanischen Port Arthur

Fast 40 Jahre lang arbeitete John Beard selbst in der Öl- und Gasindustrie. Seit 2017 ist er im Ruhestand und setzt sich unter anderem mit seiner Organisation Community Action Network für Umweltschutz und das Wohlergehen seiner Gemeinde ein.

Extremwetter-Ereignisse an der Golfküste

Man sieht schnell: Port Arthur ist keine reiche Kleinstadt. Mini-Einkaufszentren mit Billigläden, kleine Kirchen, Barber Shops und Autowerkstätten dominieren das Stadtbild. Auch auffallend: verlassene Häuser neben komplett leeren Grundstücken oder einfache Häuschen einer ganz bestimmten Bauart.
“Dieses hier mit der weiß-braunen Verkleidung ist ein wieder hergestelltes Haus, das blaue dort. Wenn man einmal den Stil kennt, sieht man sie überall. Sie sind das Ergebnis von fünf mächtigen Hurrikans, die hier innerhalb von nur 15 Jahren angelandet sind.”
Die Golfküste in dieser Ecke der USA, im Südosten von Texas und weiter entlang im Süden Louisianas leidet. Die Zahl der Extremwetter-Ereignisse nimmt schon seit Jahren zu. Hurrikane verwüsten immer wieder diesen Landstrich, der Meeresspiegel steigt und damit die Zahl der Überflutungen. Starkregenfälle sind keine Seltenheit.
Roishetta Ozane räumte kurz nach dem Ausbruch der Corona-Pandemie innerhalb weniger Monate ihr Zuhause in der Stadt Lake Charles im benachbarten Louisiana zwei Mal. Die geschiedene sechsfache Mutter ist Aktivistin – Delta und Laura sei Dank.

"Das ist der Klimawandel, es gibt ihn"

Hurrikan Laura riss 2020 unter anderem einen Teil des Daches ein. Nachdem die Wohnung mit Planen und Sperrholz halbwegs bewohnbar gemacht war, setzte Hurrikan Delta ihr Zuhause sechs Wochen später komplett unter Wasser. Ozane und ihre Kinder fanden übergangsweise ein neues Zuhause in Houston, etwas über zwei Stunden Fahrzeit von Lake Charles entfernt.
“Wir waren mitten in der Pandemie und dann zwei Hurrikans in so kurzer Zeit und wir dachten, was ist nur los mit der Welt? Verschwörungstheorien machten die Runde. Aber ich dachte, dahinter stecken keine dunklen Kräfte, das ist der Klimawandel. Es gibt ihn. Er bringt Gletscher zum Schmelzen“, sagt sie.
Ozane kümmert sich nun um Mitmenschen, die ein neues Zuhause oder Nahrungsmittel brauchen. Sie ist Direktorin des Vessel Project of Louisiana. Der Leitspruch der Organisation: sich gegen Katastrophenkapitalismus und Klimachaos zu engagieren und eine friedlichere und nachhaltigere Welt zu schaffen.

"Hier geht es nur um die Industrie"

Roishetta hat sich einen großen Pancake mit Butter und Sirup bestellt, der Duft des klassisch dazu gelieferten Schinkenstreifens zieht durchs Café. Hilfe, sagt sie, komme nicht von oben. Helfen könne man nur selbst.
“Hier in Louisiana? Geht es nur um die Industrie. Alles hängt damit zusammen und Louisiana sieht sich als Öl- und Gas-Bundesstaat wegen der Nähe zum Golf von Mexiko”, erklärt sie.
Silhouetten von Baukränen heben sich am Golden Pass LNG Terminal in Sabine Pass, Texas vor dem Abendhimmel ab.
LNG steht für "Liquified Natural Gas", also verflüssigtes Erdgas, das weltweit überall hin geliefert werden kann - auch ohne Pipeline. Hier ein Terminal in Texas. © Getty Images / The Washington Post
Die Grenze zum Nachbarn Texas ist nur wenige Minuten mit dem Auto entfernt. Bis Port Arthur dauert es gut eine Stunde. Während der Fahrt auf der Autobahn wird das Signal des Soul- und Blues-Radiosenders immer schwächer. In Texas wird auf der Frequenz Spanisch gesprochen.
Entlang des Highways fallen zwei riesige Werbetafeln auf. Eines stellt die Evolutionstheorie nach Charles Darwin infrage. Auf einer anderen Werbetafel sind die Golfküste und ein roter Vogel abgebildet. Darüber steht: “Erhaltet die Schönheit der Golfküste. Stoppt LNG”.
Es ist die Naturschutzorganisation Sierra Club, die sich hier prominent gegen den weiteren Ausbau der Flüssiggasindustrie in der Region engagiert. Eine Entwicklung, die durch Europas Abkehr von russischem Gas und Öl nun zusätzlich an Fahrt aufgenommen hat.

Methanaustritt, Wasserverschmutzung, Beben

Texas ist der jeweils größte Produzent und Verbraucher von Strom, Erdgas und Öl innerhalb der USA. Der zweitgrößte US-Bundesstaat verfügt über gut ein Drittel aller US-Erdölreserven und mehr als ein Viertel aller Erdgasreserven.
Erdgas wird in den USA zum großen Teil mit der umstrittenen Fracking-Methode gefördert. Damit lässt es sich aus undurchlässigem Gestein lösen. Allerdings kann es dabei auch zu Methan-Emissionen und Grundwasserverschmutzung kommen.
Auch eine erhöhte Erdbebengefahr ist ein Risiko. In Texas allein befinden sich 30 Prozent der gesamten Raffineriekapazität der USA. Die Region an der US-Golfküste ist das Epizentrum der Öl- und Gasproduktion und dementsprechende Politik wird in dem sehr konservativen Bundesstaat gemacht.
Bereits 2008 wurde ein erstes Terminal für Flüssiggas in Betrieb genommen, zwei Jahre später ein zweites. Die ersten Terminals wurden als Importhäfen gebaut, inzwischen dienen sie vor allem dem Export des LNG, also des heruntergekühlten Erdgases.

Exporte nach Europa sprunghaft angestiegen

Nach Informationen der US-Energie-Regulierungsbehörde Federal Energy Regulatory Commission FERC liegen vier der insgesamt sieben bestehenden Exporthäfen in Texas und Louisiana. Kurzer Rückblick: 2010 exportierten die USA 1,5 Milliarden Kubikmeter Flüssiggas. 2020 – zehn Jahre später waren es 61,4 Milliarden Kubikmeter. Exporte nach Europa sind zuletzt sprunghaft angestiegen.
Waren es im Sommer 2021 gerade mal 19 Prozent, stieg der Anteil der amerikanischen Flüssiggasausfuhren über den Atlantik ein Jahr später auf 60 Prozent. Ein Papier der Regulierungsbehörde FERC vom April zeigt die Expansionspläne. Jeweils ein zusätzlicher Exporthafen für Texas und Louisiana sind bereits im Bau, insgesamt zehn weitere sind für diese Küstenregion genehmigt, aber noch nicht komplett finanziert.
Ein junger Mann mit gelbem Hemd und Jeans steht - die Hände in den Taschen - vor dem Eingang eines Gebäudes.
„Port Arthur LNG wird vier bis fünf Mal mehr Schadstoffe ausstoßen als andere Anlagen“, sagt Colin Cox, Anwalt für Umweltrecht in Texas.© Deutschlandradio / Nicole Markwald
Ein Projekt: Port Arthur LNG, geplant vom Energieinfrastrukturunternehmen Sempra Energy mit Sitz in Kalifornien. Ein Thema, mit dem sich Colin Cox bestens auskennt.
“Mein Name ist Colin Cox, ich bin Anwalt beim Environmental Integrity Project. Wir sind ein Nonprofit, teils Kanzlei, teils Forschung. Wir schreiben Berichte und sind eine Art Aufpasser”, stellt er sich vor.

"Schadstoffe landen in der Gemeinde"

Colin Cox und seine Kollegen wurden involviert, als klar war, dass Sempra mit dem geplanten LNG-Hafen die Umwelt stärker belasten will als nötig, erzählt er.
“Es gibt andere Flüssiggasanlagen, die bereits bestehen mit besserer Schadstoffkontrolle. Nach aktuellen Plänen von Sempra wird Port Arthur LNG vier bis fünf Mal mehr Schadstoffe ausstoßen als andere Anlagen und diese Schadstoffe landen in der Gemeinde.”
Der Grund? Es ist billiger, sagt Cox. Es ist besser für ihren Reingewinn, die billigste Lösung zu wählen, mit der sie davonkommen.
“But but it's cheaper, right, it's better for their bottom line to do the cheapest option they can get away with.”

Bürgerbewegung wehrt sich gegen Bauerlaubnis

Seit 2020 wehren sich die Anwälte stellvertretend für die Bürgerbewegung Port Arthur Community Action Network gegen die Bauerlaubnis in der bisherigen Form.
Im Mai gab es einen ersten Fortschritt vom State Office of Administrative Hearings. Diese Behörde wird in solchen Konflikten eingeschaltet. Und sie entschied, dass der Schadstoffausstoss des geplanten Flüssiggashafens verringert und eine bessere Schadstoffkontrolle installiert werden soll.
Erfolg auf ganzer Linie? Noch nicht. Denn so einfach macht die texanische Gesetzgebung es nicht. Der Fall wanderte weiter zu TCEQ. Das ist die Texas Commission on Environmental Quality, die texanische Umweltbehörde. Diese hat bei einer Versammlung im September anklingen lassen, dass sie eine bessere Schadstoffkontrolle, wie von Beard gefordert, für „zu teuer“ hält.
Die Behörde hat sich also auf die Seite des Unternehmens gestellt. Die Anwälte der Bürgerbewegung haben Einspruch eingelegt, das Verfahren läuft also weiter.

"Regulieren im Sinne der Industrie"

Eine Umweltbehörde, deren Entscheidungen nicht unbedingt im Interesse der Umwelt gefällt werden?
“Es ist schwierig in Texas und Louisiana, an der Golfküste. TCEQ sieht seine Mission darin, wirtschaftliche Entwicklung zu fördern und die öffentliche Gesundheit zu schützen. Die Behörde neigt aber mehr in Richtung der Wirtschaft. Sie wollen nichts tun, was Wachstum ausbremst. Sie regulieren stark im Sinne der Industrie.”
Die Industrie – das ist die Öl- und Gasindustrie. Die Umweltorganisation Earthworks hat herausgefunden, dass über acht Prozent der texanischen Bevölkerung, das sind rund 2,3 Millionen Menschen, so nah an Öl- und Gasbohrungen sowie den dazugehörigen Verarbeitungsanlagen leben, dass Gesundheitsschäden nicht ausgeschlossen werden können.

Neurodermitis, Asthma, Krebs

Roishetta Ozane, die sechsfache Mutter, erzählt.

Drei meiner Kinder haben Neurodermitis. Zwei meiner Kinder haben Asthma – und das ist neu, keiner in unserer Familie hatte bisher Atemwegserkrankungen.

Roishetta Ozane, Mutter

Auch John Beard in Port Arthur berichtet von vermehrten Krankheitsfällen. “Man weiß ja nicht, was vor der eigenen Haustür wirklich passiert. Manche Grundstücke grenzen direkt an die petrochemischen Anlagen. Es kann nicht gesund sein. Port Arthur hat die doppelte Zahl von Krebserkrankungen, aber auch von Herz-, Lungen- und Nierenerkrankungen.”
Port Arthur in Texas, wo John Beard wohnt oder Lake Charles in Louisiana, wo Roishetta Ozane aktiv ist, sind arme Gemeinden. Die Arbeitslosenrate ist hoch, das Bildungsniveau niedrig. Etwas über 40 Prozent der Bewohner sind schwarz, fast ein Drittel aller Bewohner leben an oder unter der Armutsgrenze. Zahlen, die unter anderem das Resultat jahrzehntelanger Benachteiligung und Vernachlässigung sind.

LNG bringt nicht mehr Arbeitsplätze

Auch wenn die Flüssiggasindustrie in der Region wächst, bedeutet das nicht automatisch mehr Arbeitsplätze für die Einheimischen. Sie fallen auf, die vielen Trucks an Hotels und Motels, deren Nummernschilder verraten, dass die Fahrer eben nicht aus Texas selbst stammen.
Auch die Wohnmobil-Campingplätze sind voll: Hier lebt ein Teil der Arbeiter, die mit Zeitverträgen für die Unternehmen tätig sind. 
Ein Mann mit weißem Haar, kurzärmligem hellblauem Hemd und Jeans steht am Starnd.
„Flüssiggas aus den USA ist nicht die Lösung“, sagt John Allaire, Ex-Ingenieur bei den Ölkonzernen BP und Amoco.© Deutschlandradio / Nicole Markwald
John Allaire hat als Ingenieur über 30 Jahre lang unter anderem für die Ölkonzerne BP und Amoco gearbeitet. Inzwischen lebt er auf seinem Stück Land direkt am Wasser in Holly Beach, Louisiana. “Cajun Riviera” steht auf dem Ortseingangsschild.
Unmittelbare Nachbarn hat Allaire keine, er ist umgeben von bewaldeten Sandrücken, Feucht- und Sumpfgebieten. Gute drei Kilometer Land entlang der Küste gehören ihm. In seinem Garten wachsen Tomaten, Gurken und Paprikas, er jagt Wildschweine und hin und wieder auch Krokodile.

Statt der Bäume die Fackelanlage

Doch zu seiner Linken blickt der dreifache Vater auf die Flüssiggasanlage von Produzent Venture Global. Expansionspläne, die das Werk an seine Grundstücksgrenze bringen würden, liegen bereits vor.
Allaire zeigt auf eine Reihe Bäume: “Dort bis zu den Bäumen, all das soll bebaut werden. Wo die Bäume stehen, wird die Fackelanlage sein.“
Allaire hat Reporter der „Washington Post“ und „New York Times“ herumgeführt, er schreibt Briefe an Zeitungen, hat Unterstützung vom Naturschutzbund Sierra Club.
Er sagt, hier werde einzigartige Natur zerstört, nur um die Industrie fossiler Energieträger zu fördern. Dabei sei es überfällig, sich davon abzuwenden, stattdessen erneuerbare Energien zu fördern. 

Ich verstehe, dass Deutschland in der Klemme steckt, und ganz Europa. Aber Flüssiggas aus den USA ist nicht die Lösung.

John Allaire, Ingenieur

Er entdeckt einen Stelzenläufer, sieht einen Nachtfalken, wenig später eine Aztekenmöwe. In einigen Wochen kommen Tausende Zugvögel vorbei, erzählt er. Fast handtellergroß sind die Muscheln, die an seinem Küstenabschnitt angespült werden.
Luftaufnahme einer LNG-Lageranlage mit angrenzendem Schifffahrtskanal.
In LNG zu investieren heißt auch, sich für die Energieerzeugung auf weitere Jahrzehnte an einen fossilen Energieträger zu binden.© imago images / VWPics / Matthew D. White
Die Terminals, die für den Export von Flüssiggas bereits existieren oder geplant sind, wird es auf Jahrzehnte hinaus geben. Sie erfordern Investitionen in Milliardenhöhe. Das soll sich rentieren. Aber sie greifen eben auch stark in die Natur einer ohnehin gebeutelten Region ein.

Sie reden davon, dass Flüssiggas so viel sauberer ist. Klar, es ist sauberer als Kohle. Aber Gas geht verloren, am Förderkopf, bei den Kompressionsstationen, zu den Pipelines – bis zu 10 Prozent gehen verloren und steigt in die Atmosphäre. Und Methan ist 30-mal so schädlich für die Ozonschicht wie Kohlendioxid.

John Allaire

Bereits 2019 veröffentlichte die Nichtregierungsorganisation Global Energy Monitor einen Bericht, der vor den Gefahren des Treibhausgases bei der Förderung und dem Transport von Flüssiggas warnte.

Schäden so gering wie möglich halten

Die USA haben Australien und Katar als größter Exporteur von LNG überholt. Und alles deutet darauf hin, dass die Kapazitäten erhöht werden. Auch, weil der Bedarf in Europa mit dem Ausbruch des Krieges in der Ukraine so stark gestiegen ist. Und so ist der Krieg Russlands auch für Mensch und Natur an der US-Golfküste zu spüren.
Letztlich, sagt Anwalt Colin Cox in Austin, geht es aktuell darum, die Schäden so gering wie möglich zu halten.

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Niemand sagt, dass diese Anlagen dicht machen sollen oder wegziehen sollen. Jeder versteht, dass das unmöglich ist, obwohl es besser für die Gesundheit aller wäre. Es geht einfach nur darum, dass sie sich an Gesetze halten.

Sie an das Gesetz zur Reinhaltung der Luft zu erinnern, wenn sie den Grad ihrer umweltbelastenden Emissionen erhöhen wollen. Sie zu zwingen, den betrieblichen Auflagen zu folgen. Es ist das Minimum, was wir erwarten können.

Colin Cox, Anwalt für Umweltrecht

Die Sendung ist eine Wiederholung vom 13. September 2022.

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