Das hessische Millionengrab
Auf dem Flughafen Kassel-Calden startet derzeit ein Flugzeug pro Tag - im Winter wird es kein einziges sein. Dabei wurde der ehemalige Verkehrslandeplatz erst vor drei Jahren aufwendig zum Regionalflughafen umgebaut. Was ist schief gelaufen?
"Ich bin schon viermal von hier geflogen. Und alles war bestens. Alles war große Klasse. Der Caldener Flughafen ist eine Augenweide. Der kann sich sehen lassen in der Region."
Edi Sommer hat Recht. Der Flughafen Kassel-Calden – offiziell heißt er "Kassel Airport", aber niemand nennt ihn so – ist für Flugreisende im Grunde ein angenehmer Ort. Die Ankunft-und Abflughalle ist geprägt von einer hellen Holzdecke mit mächtigen Querbalken. Das schafft eine freundliche und warme Atmosphäre.
In die weiß getünchten Seitenwände der etwa hundert Meter langen Halle sind überdies große Fensterfronten integriert, die den Blick auf die grüne Umgebung ermöglichen. Horst und Erika Wackenreuter aus Kassel besuchen den neuen Flughafen sogar regelmäßig ohne zu fliegen:
"Wir sind öfters hier – wir sind pausenlos hier. Der ist sehr schön, schnell. Die Gastronomie ist schön, An-und Abflug, kostenlose Parkplätze, das Umfeld, alles passt. Und da sind wir sehr stolz drauf. Nur: Ich habe das Gefühl, der wird irgendwie boykottiert. Von irgendwelchen dunklen Mächten, sage ich mal."
Dunkle Mächte gegen Calden
Von dunklen Mächten, die sich gegen Calden verschworen haben, ist an diesem lichtdurchfluteten Sommermittag nichts zu spüren. Vor einer der beiden Glasfronten in der Fassade der An- und Abflughalle ist ein kleiner Spielplatz angelegt, ein mehrere Meter hohes Holzflugzeug im üppigen Sandkasten ist hier die Hauptattraktion.
Auf den hölzernen Rumpf hat jemand in schwarzer Schrift "Kassel-Airlines" geschrieben. Das Bistro gleich gegenüber heißt "Up & Away". Zwischen der Theke und dem Kinderspielplatz sind auf einer sonnigen Terrasse Tische und Stühle aufgestellt.
Außengastronomie und Spielplatz - eigentlich ein tolles Angebot für Familien, die auf den nächsten Ferien-Flieger warten. Wie Birsen und Mahmut Bal aus Kaufungen bei Kassel, die nach Antalya fliegen wollen:
"Ich habe mich sehr gefreut, dass ich von hier fliegen kann. Wegen der Kinder. Dann mussten wir nur 14 Kilometer von Kaufungen bis hier her fahren. Das ist ein Highlight für uns."
"Das Schöne dabei ist, mit Kindern: Ist nicht so voll, ist überschaubar. Dann natürlich 400 oder 500 Euro günstiger als Hannover."
… sagt Necab Beyran, Gastwirt aus Osterode am Harz mit türkischen Wurzeln, der ebenfalls auf das Flugzeug in den sonnigen Süden wartet.
Der Flug nach Antalya bleibt jedoch der einzige an diesem Tag. An den nächsten Tagen sieht es nicht anders aus. Jeweils ein Flug pro Tag im Wechsel nach Antalya oder Mallorca ist auf den elektronischen Anzeigetafeln angekündigt. Im Winter wird es auch diesen einen täglichen Passagierflug in die südlichen Touristenhochbürgen nicht mehr geben. Bei einigen Passagieren hat sich das schon rumgesprochen:
"Ja, sehr schade. Dann müssen wir wieder weit weg fahren. Nach Frankfurt wieder."
"Wenn Angebot und die Nachfrage nicht mehr stimmt, dann hat es keinen Sinn mehr. Es muss ja bezahlt werden, das sehen wir auch ein."
Im Winter kein regulärer Flugplan
Dass es mangels Nachfrage im nächsten Winter keinen regulären Flugplan in Calden mehr geben wird, facht einen schon lange schwelenden Konflikt in der schwarz-grünen Regierungskoalition in Hessen neu an. Denn es ist das Land, das für die Kosten des Neubaus des Flughafens Kassel-Calden in der Nähe eines bereits vorhandenen Verkehrslandeplatzes maßgeblich aufkommen muss.
Im Unterschied zum Verkehrslandeplatz erlaubt ein sogenannter "bedarfsorientierter Regionalflughafen" einen kommerziellen Regelbetrieb mit großen Passagier- oder Frachtmaschinen.
Karin Müller kommt aus Kassel und ist Sprecherin für Mobilität und Verkehr in der Landtagsfraktion der Grünen.
"Wir haben von Anfang an gesagt, es bedarf keines Neubaus eines Regionalflughafens. Sondern der Bedarf, der da ist für die Geschäftsflieger, und es gab immer zwei Frachtflüge die Nacht, kann man auch über den bestehenden abdeckt, wenn man ihn saniert. Das war aber damals nicht gewollt, es sollte halt die große Lösung sein. Und dafür brauchte man halt den Neubau eines neuen Regionalflughafens. Und im Planfeststellungsverfahren wurde das ja auch begründet, mit den Zuschüssen des Landes zu dem Flughafen. Dass eben Passagierflugzeuge starten und landen könnten und deswegen auch die neue Start- und Landebahn. Also, der Bedarf wurde ja wesentlich höher prognostiziert und die volkswirtschaftlichen Effekte, als wir das prognostiziert haben."
Seit vielen Jahren begleitet Karin Müller die Entwicklung des Flugbetriebs vor den Toren ihrer Heimatstadt kritisch. Ihre Partei hatte schon vor 15 Jahren die Pläne für Kassel-Calden abgelehnt. Vor allem die Bau-Kosten für den neuen Flughafen ärgern die Landtagsabgeordnete nach wie vor gewaltig:
"Insgesamt haben wir gesagt, das ist ein Millionengrab und das hat sich dann ja leider bestätigt!"
Bevor der neue Flughafen 2013 eröffnet wurde, seien noch Kosten von rund 150 Millionen Euro genannt worden, erinnert sich die grüne Verkehrsexpertin. Inzwischen haben sich Bau- und Betriebskosten beinahe verdoppelt:
"Wir haben ja 2001 ein Gutachten in Auftrag gegeben, beim Professor Bossel, der schon damals prognostiziert hat, dass der Flughafen 250 Millionen Euro mindestens kosten würde. Damit sind wir dann bestätigt worden, wir sind jetzt bei 281 Millionen Euro. Ohne die Kosten, die der RP trägt für Sicherungskosten und so weiter. Ja, und die Zuschüsse jährlich muss man ja auch noch dazu rechnen."
Dimensionen des "neuen Nürburgrings"
Damit erreichen die Kosten für den Flughafen Kassel-Calden die Dimensionen des sogenannten "neuen Nürburgrings", einem grandios gescheiterten Infrastrukturprojekt in der Eifel, das maßgeblich der ehemalige rheinland-pfälzische Ministerpräsident Kurt Beck (SPD) zu verantworten hat. Im Falle von Kassel-Calden war es Becks langjähriger hessischer CDU-Amtskollege Roland Koch, der mit dem Großprojekt Flughafenneubau ebenfalls ein ehemals strukturschwaches Gebiet aufwerten wollte.
"Jetzt ist Kassel, ist die nordhessische Region in der Mitte nicht nur Deutschlands, sondern ganz Europas. Und daraus können wir Vorteile ziehen. Diese Chance muss weiterentwickelt werden, im Tourismus, in der Logistik. Und ich glaube, diese nordhessische Region wird in eine andere Liga aufsteigen."
Die warnenden Stimmen drangen nicht durch. Etwa die des Airline-Verbandes Barig, in dem bundesweit rund 100 deutsche und internationale Fluggesellschaften organisiert sind. Barig- Generalsekretär Michael Hoppe hatte schon bei der Einweihung von Calden befürchtet, dass das Projekt keinen Erfolg haben wird:
"Wir haben natürlich viele, viele Jahre, sogar Jahrzehnte inzwischen Erfahrung in diesem Geschäft. Und wir können an dieser Stelle auch ganz klar sagen, wo wir glauben, hier landen wir jetzt einen Erfolgscoup, oder hier wird es sehr, sehr schwierig, die Dinge zu bewegen. Letzteres haben wir damals gesagt und sagen wir auch heute."
Auch Yvonne Ziegler sieht kaum Entwicklungsperspektiven für den chronisch defizitären Flughafen Kassel-Calden. Yvonne Ziegler ist Professorin für Betriebswirtschaft mit besonderem Schwerpunkt Luftverkehrsmanagement an der Fachhochschule Frankfurt. Neben Calden haben auch andere Regionalflughäfen rein ökonomisch betrachtet keine Zukunft, lautet die Prognose der Expertin:
"Also, ich denke, der Trend zeigt zumindest, dass nicht alle überleben werden. Es tun sich ja doch viele schwer leider Gottes. Lübeck, Zweibrücken. Durch die Schuldenbremse, die ja viele Länder verabschiedet haben, sind natürlich auch die Länder unter Druck zu schauen, welche Verlustbringer sie im Haushalt haben und sich zu überlegen, was sie damit machen. Am Ende ist es schon eine politische Entscheidung zu sagen, dieser Flughafen ist mir das auch wert."
Roland Koch: "Der gehört dazu - und wird gebaut"
Roland Koch war es das wert. Obwohl ihm schon vor zehn Jahren klar war, dass der Flughafen eine sehr kostspielige Sache für die Steuerzahler werden würde. Bei einer CDU-Veranstaltung in Calden ging er damals in die Offensive:
"Wir geben für ihn einen beträchtlichen Betrag aus. Aber wir geben natürlich viel mehr aus für Schienen, viel mehr aus für Straßen, übrigens auch viel mehr aus für Kultureinrichtungen. Aber all das wird nicht funktionieren, wenn diese nordhessische Region nicht in wenigen Minuten durch einen kleinen, leistungsfähigen Flughafen erreichbar ist. Der gehört auch dazu, und deshalb wird er gebaut."
Heute müssen andere die Folgen dieser Entscheidung tragen. Thomas Schäfer ist jemand, der einmal einer der Nachfolger Roland Kochs im Amt des hessischen Ministerpräsidenten werden könnte. Der amtierende hessische CDU-Finanzminister gilt vielen als potentieller Nachfolger, wenn irgendwann Ministerpräsident Volker Bouffier aus dem Amt scheiden wird. Doch aktuell muss Thomas Schäfer als Aufsichtsratschef des Flughafens Kassel-Calden gewissermaßen die Suppe auslöffeln, die ihm Roland Koch vorgesetzt hat. Dazu gehören aktuell rund sechs Millionen Euro Betriebskostenzuschüsse pro Jahr:
"Man muss mit den Herausforderungen umgehen, die man vorfindet. Das gilt für mich als jemand, der Aufsichtsratsvorsitzender geworden ist, als die Entscheidung zum Bau gefallen war, und gerade die Baumaßnahmen begonnen haben. Nur das gilt genauso für einen Koalitionspartner, der später hinzutritt, dass nicht nur alles neu ist, sondern gelegentlich manches vorher begonnen wurde, mit dem man dann umgehen muss. Aber das schaffen wir im partnerschaftlichen Dialog mit unserem Koalitionspartner bisher, glaube ich, ganz ordentlich."
Doch in Sachen Kassel-Calden droht nun der Ärger mit dem grünen Koalitionspartner. Denn im Koalitionsvertrag wurde vereinbart, 2017 kommt Calden auf den Prüfstand. Karin Müller von der grünen Landtagsfraktion kritisiert auch die SPD in Nordhessen, die wie die CDU nach wie vor an dem Projekt festhalten will. Ihre Bilanz drei Jahre nach der Eröffnung des neuen Flughafens falle negativ aus, bekräftigt die Kasseler Landtagsabgeordnete:
"Also Fazit-mäßig finde ich es, ob man jetzt für oder gegen den Flughafen ist, wirklich ein Trauerspiel, weil er viel Steuergeld gekostet hat und die Region sagt ja auch: Wir freuen uns, dass dieser Flughafen jetzt da ist, wir würden auch gerne fliegen. Aber es gibt kein Angebot."
Regionalflughafen oder Verkehrslandeplatz?
Deshalb konnten 2015 auch nur rund 65.000 Passagiere den Flughafen nutzen - nur ein Zehntel der Passagiermenge, mit der in der Planungsphase des neuen Airports gerechnet wurde. Der seit mehr als einem halben Jahrhundert existierende, nur 70 Kilometer entfernte Flughafen Paderborn-Lippstadt hatte 2015 über 770.000 Passagiere.
Dennoch will der hessische CDU-Finanzminister Thomas Schäfer den Regionalflughafen Kassel-Calden mit aktuell 128 Beschäftigten im nächsten Jahr nicht zu einem kleineren Verkehrslandeplatz herunterstufen, wie es etwa die oppositionelle Linkspartei im hessischen Landtag schon lange fordert. Der Aufsichtsratschef des Flughafens begründet das so:
"Ja, man kann bestimmte Größenordnungen von Flugzeugen nur noch mit aufwändigen Sondergenehmigungsverfahren abwickeln. Deshalb: Ich wehre mich so ein bisschen gegen die Frage: Regionalflughafen ist das allein-seligmachende oder der Verkehrslandeplatz. Am Ende haben diese Begrifflichkeiten dienende Funktion. Wir müssen jetzt ermitteln, welche Bedarfe gibt es für die Zukunft, welche Anforderungen auch vor Ort, die wir befriedigen müssen, die eben nicht nur in der möglichen Perspektive von ein paar Jahren sind, sondern wo ganz konkret gesagt wird, mit diesem Maschinen wollen wir in diesem Zeitraum so fliegen. Und das ist die Frage, wie das Kind heißt, eher eine Folge festgestellter Bedarfe und nicht umgekehrt."
Mit einer Herabstufung des Regionalflughafens Kassel-Calden zum Verkehrslandeplatz ließe sich womöglich der Millionen-Zuschuss aus den öffentlichen Kassen reduzieren. Etwa dadurch, dass Personal für die Abfertigung von großen Passagiermaschinen oder von Frachtflügen nach einem regulären Flugplan eingespart werden könnte. Doch damit würde man die kommerziellen Entwicklungsperspektiven des Flughafens Kassel-Calden endgültig kappen, glaubt Flughafen-Geschäftsführer Ralf Schustereder:
"Letztendlich schneidet sie uns da in Feldern ein, die eigentlich das Interessante für den Regionalflughafen waren. Sie sehen, dass wir dann schwerpunktmäßig im kommerziellen Passagierflugverkehr nur noch einschränkend tätig sein können. Auch der kommerzielle Frachtverkehr. Und das heißt, dass wir uns beim Hauptaugenmerk, wozu der Flughafen mal aufgesetzt war, uns zurückschneiden."
Außerdem soll der Flughafen Keimzelle für ein auf die Luftfahrt ausgerichtetes Gewerbegebiet drum herum sein, das bei einer Rückstufung gefährdet wäre, glaubt der Geschäftsführer von Kassel-Calden:
"Definitiv. Weil sie haben zwar Firmen hier, die sind angesiedelt, die kommen dann auch mit der Infrastruktur zurecht. Aber wenn es nicht ein Flughafen-bezogenes Gewerbegebiet ist, dann würde es an der Autobahn viel mehr Sinn machen. Dann wäre es fehl am Platze."
Bitte um mehr Geduld
Ralf Schustereder bittet die Politik um mehr Geduld. Außerdem weist er darauf hin, dass viele Touristen-Destinationen im Mittelmehrraum durch Terror und Bürgerkriegsszenarien aktuell viel weniger nachgefragt seien als früher:
"Bei uns trifft es nochmal zusätzlich das Thema, weil wir selbstverständlich dann auch Zielgebiete haben, die momentan kritisch sind. Mit der Türkei, mit Ägypten. Der ganze nordafrikanische Bereich ist da ja auch von betroffen."
"In der Türkei herrschen kriegerische Auseinandersetzungen, das schreckt die Leute ein bisschen ab. Aber der Antalya-Flug wird gut angenommen. In Ägypten sind Auseinandersetzungen, die sind auch kriegerisch. Und in Tunesien und in Libyen. Da hat man die Flüge ein bisschen zurückgenommen, weil die Menschen Angst haben, sie würden vom Himmel geholt."
Calden-Fan Edi Sommer hofft wie die Flughafen-Geschäftsführung auf künftig wieder bessere Zeiten für den Mittelmeer-Flugtourismus. Er appelliert an seine Nachbarn in der Region, den Flughafen endlich anzunehmen und ihn nicht nur schlechtzureden:
"Die Leute müssen hier hin gehen und müssen buchen! Das ist das einzige: Buchen und nochmal buchen! Nicht immer nur sagen: Och, das ist nix! Das macht man nicht. Man soll doch nicht das eigene Nest beschmutzen!"
Flughafen-Geschäftsführer Ralf Schustereder sieht das ähnlich:
"Der Flughafen war sicherlich sehr umstritten auch schon im Bau. Ist sehr ambivalent wahrgenommen, auch in der Presse und macht für uns die Sache nicht einfacher, die Überzeugungsarbeit zu leisten. Aber es ist wie so oft und was ich auch in Kassel gehört habe: In den Anfängen war der ICE-Bahnhof auch ein Projekt, was nicht willkommen war. Heute kann keiner an dem ICE-Bahnhof vorbei und er ist das Maß der Dinge."
Schlecht ans öffentliche Verkehrsnetz angebunden
Der ICE-Bahnhof Kassel-Wilhelmshöhe an der Schnellbahnstrecke Würzburg-Hannover steht aber auch dafür, dass Kassel längst ohne den neuen Flughafen bestens in alle Richtungen angebunden ist. Auch die Flughäfen in Hannover oder Frankfurt am Main lassen sich vom ICE-Bahnhof bequem erreichen. Der rund zehn Kilometer vor den Toren der Stadt gelegene Flughafen Kassel-Calden ist hingegen nicht besonders gut ans öffentliche Verkehrsnetz angebunden, stellt die grüne Verkehrsexpertin Karin Müller fest:
"Ja, man muss ja von Calden auch erst wieder nach Kassel kommen. Er ist zwar angebunden mit einer Buslinie 100. Die fährt jede Stunde mal hin. Aber wenn man in der Zwischenzeit weg will, muss man mit dem Bus nach Fürstenwalde und dann mit der Regio-Bahn nach Kassel. Also, da ist man schon eine Weile unterwegs. So schnell bin ich fast in Hannover oder Frankfurt mit der Bahn."
Flughafen-Geschäftsführer Ralf Schustereder räumt ein: Regionalflughäfen, die schlechter ans Schienennetz angebunden sind als Kassel, haben es viel leichter, auch innerdeutsche Flüge zu füllen. Etwa der nahegelegene nordrhein-westfälische Regionalflughafen Paderborn, der zehnmal höhere Passagierzahlen hat als Calden:
"Das sehen sie auch hier an Paderborn. Paderborn hat keine ICE- Anbindung. Und kann sich damit sogar innerdeutschen Luftverkehr generieren."
Von Kassel aus fährt man hingegen einfach mit dem ICE, wenn man nach Berlin, Hamburg oder München will.
"Wir trinken hier gerne Kaffee"
Kurz nach dem letzten Aufruf zum Flug nach Antalya wird es merklich ruhiger in der An-und Abflughalle des Flughafens Kassel-Calden. Die Reisenden sind abgefertigt, die drei Mitarbeiter der Fluggesellschaft Germania am Check-In sind verschwunden. Noch einmal wird der einzige Flug des Tages angekündigt, der in einer dreiviertel Stunde losgehen soll.
Um 14.15 Uhr bin ich der letzte Gast an einem der Bistrotische in der Halle. Auch die Terrasse vor dem Spielplatz ist bis auf ein älteres Ehepaar nun leer. Ihre Namen wollen die beiden nicht nennen, doch sie verraten, dass sie den Flughafen als Ausflugsort nutzen:
"Weil wir gerne hier her gehen, wir trinken gerne Kaffee und essen gerne ein Stück Kuchen, angenehme Atmosphäre hier."
Dieses Vergnügen hält die grüne Landtagsabgeordnete Karin Müller jedoch für zu teuer bezahlt:
"Er ist ja mittlerweile Ausflugsort, da geht man hin zum Schnitzelessen oder zum Stachelbeertorte-Essen. Aber dafür ist zu viel Geld ausgegeben worden und das ist schon bitter, dass man das nicht, bevor man gebaut hat, erkannt hat. Und dass dann wirklich alle in der Region, vor allem auch die Sozialdemokraten, gesagt haben: Egal, wie teuer der Flughafen jetzt wird, wir wollen ihn."