Flugsicherung in Hessen

Dringend gesucht: Fluglotsen

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Ein Mitarbeiter der Deutschen Flugsicherung zeigt mit einem Stift auf einen Radar-Bildschirm Kontrollzentrum der Flugsicherung in Langen bei Frankfurt am Main.
Alles auf dem Radar: Die Fluglotsen in Langen kontrollieren den Luftraum von acht Bundesländern. © Picture Alliance / dpa / Marius Becker
Von Ludger Fittkau |
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Die Deutsche Flugsicherung hat ein Nachwuchsproblem. Der Luftverkehr nimmt zu, gleichzeitig gehen viele Kollegen in Rente. Deswegen kommt es nicht nur in der Sommerzeit zu Engpässen.
Auf rund 100 blinkenden Bildschirmen in einem Kontrollraum, der die Größe einer Turnhalle hat, bewegen sich Punkte. Sie markieren Flugzeuge, die rund um den größten deutschen Flughafen in Frankfurt am Main den Luftraum füllen.
Besucherinnen und Besucher müssen leise sein im Kontrollraum der Deutschen Flugsicherung in Langen südlich des Rhein-Main-Airports. Der erfahrene Fluglotse Daniel Klein erklärt flüsternd, welche Flugobjekte, ob Linienmaschine oder Gleitschirmflieger, auf den drei extra-breiten Bildschirmen zu sehen sind, vor dem er beim Gang durch den riesigen Raum stehen bleibt.

In Kontakt mit den Piloten

Dort sitzen Fluglotsinnen und sprechen in Mikrophone, über die sie mit den Piloten im Luftraum über Rhein-Main in Verbindung stehen:
"Die Nordsektoren von Frankfurt, also alles was im Großraum Frankfurt Richtung Norden wegfliegt, den Taunusbereich angrenzend, dann später nach Nordrhein-Westfalen. Das ist der Luftraum, den wir hier kontrollieren, hauptsächlich an- und abfliegender Verkehr von den Flughäfen Frankfurt, Köln und Düsseldorf, der hier bearbeitet wird."
An den Wänden des Kontrollraums hängen die Landesfahnen von insgesamt acht Bundesländern, deren Lufträume zumindest teilweise vom Fluglotsenzentrum im südhessischen Langen aus überwacht werden.
Die DFS Deutsche Flugsicherung in Langen ist eine GmbH des Bundes. Zusätzlich zur Zentrale in Südhessen betreibt die DFS weitere Kontrollzentren etwa in Bremen, Karlsruhe oder München. Sie ist zuständig für die Besetzung der Tower von rund 25 deutschen Flughäfen.
Dazu beschäftigt die DFS bundesweit aktuell rund 5500 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Es werden händeringend noch mehr Lotsinnen und Lotsen gesucht, da der Flugverkehr in den vergangenen Jahren stark gewachsen ist. Kristina Kelek, Sprecherin des Bundesunternehmens:
"Zum Beispiel von anderen, benachbarten Flugsicherungsorganisationen kann man im Moment erfahren: Alle in Europa sind durch die Zunahme des Flugverkehrs überrascht worden. Das heißt, an ganz vielen Stellen herrscht ein Fluglotsenmangel. Deshalb arbeitet man zusammen und versucht sich im Moment nicht die Kandidaten abzuwerben."

Fachkräftemangel verändert Beschäftigtenstruktur

Um in den Sommermonaten mögliche Engpässe beim Personal im Kontrollraum zu vermeiden, sollen die Lotsinnen und Lotsen für freiwillige Extraschichten hohe Prämien bekommen, berichtete vor wenigen Tagen der "Spiegel".
Daniel Klein arbeitet seit 21 Jahren als Fluglotse und seit einigen Jahren auch in einer Leitungsfunktion. Eine zukunftsweisende Veränderung habe er beim Personal in den vergangenen Jahren im Kontrollzentrum in Langen erlebt, erzählt er:
"Wir haben mittlerweile einen wunderbar hohen Anteil an Frauen in diesem Beruf. Als ich angefangen habe, waren das noch relativ wenige, da war das eher die Ausnahme. Wenn wir jetzt auch von der Altersstruktur schauen, sind das durchaus auch junge Damen, die hier arbeiten. Und wir sind ehrlich gesagt auch glücklich, dass wir das, was immer so propagiert wird, also die Frauenquote, hier erfüllen. Nicht weil wir uns das auferlegt haben, sondern einfach, weil der Beruf interessant ist."

Größtes Verkehrsaufkommen gibt es im September

Aber auch verantwortungsvoll. Stressresistent müsse man schon sein, so Daniel Klein. Und fähig, verschiedene Dinge gleichzeitig zu tun. Außerdem arbeiten die Lotsinnen und Lotsen in zeitlich sehr verschiedenen Schichten rund um die Uhr, in der benachbarten kommunalen Kita sind eigene Plätze für die Flugsicherung reserviert. Für den Sommerflugplan braucht man überdies mehr Personal als im Winter. Doch nicht der Beginn der Ferienzeit jetzt im Frühsommer sei das Hauptproblem, so Klein:
"Bei uns schlägt sich das gar nicht so großartig nieder. Wir bearbeiten nicht nur die sogenannten Ferienflieger, sondern auch die Linienflieger und auch die General Aviation und Business Aviation. Hauptsächlich in den Ferien nimmt dieser Flugverkehr ab. Also da, wo dann zehn Flüge nach Mallorca gehen, gehen dann halt täglich fünf Flüge weniger nach Berlin. Nicht mehr im Stundenrhythmus, sondern alle zwei Stunden. Wir haben zwar einen Anstieg im Gesamtsommer, aber die verkehrsreichsten Monate sind eigentlich immer genau nach Ende der Sommerferien, das wäre dann der September. Weil da ist sowohl noch Ferienverkehr vorhanden, als auch der komplette Geschäftsreiseverkehr wieder in vollem Gange ist."

Fluglotsen bei Flughafenbau mit einbezogen

Aktuell beschäftigt man sich bei der Deutschen Flugsicherung in Langen auch mit dem neuen Terminal 3 im Südteil des Rhein-Main-Flughafens. Dieses Terminal ist seit einigen Monaten im Bau und wird allein etwa so groß werden wie der Flughafen Tegel in Berlin. Nahezu täglich sind die Fluglotsen bereits in die Bauplanung einbezogen, erklärt Daniel Klein:
"Diese Terminals sind in bestimmten Bereichen auch relevant für Funkeinrichtungen für Anflugeinrichtungen, dass die nicht gestört werden. Das muss auch bei Bauarbeiten immer berücksichtigt werden. Sie können da nicht immer einen Kran hinstellen und bauen, weil der natürlich bestimmte Bereiche auch bei uns beeinflusst. Somit ist da ein bestimmter Prozess gegeben, der sicherstellt, dass die Bauarbeiten uns nicht an unserem Betrieb hindern."
Schließlich sind Drohnen eine aktuelle Herausforderung für die Deutsche Flugsicherung. Gesetzlich sei nicht klar geregelt, so Daniel Klein, ob seine Kolleginnen und Kollegen auch für Paketdrohnen oder künftig gar für Flugtaxis zuständig sein sollen oder nicht:
"Zum einen muss es dringend eine neue Gesetzgebung geben. Wenn man von Flugtaxis hört, das ist schön und technisch wahrscheinlich noch besser möglich. Aber wir haben zur Zeit weder Gesetze und Verfahren, die das in die Umsetzung bringen können."
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