Niederländer kritisieren "sanfte Reaktion" gegenüber Russland
In Eindhoven sind heute die ersten Opfer des Flugzeugabsturzes in der Ukraine eingetroffen. Wie der niederländische Historiker Hanco Jürgens sagt, hätten viele Niederländer eine härtere Reaktion gegenüber Russland erwartet.
Die Niederlande trauern. Am Mittwoch sind die ersten Todesopfer des Flugzeugabsturzes in der Ost-Ukraine in ihre Heimat übergeführt worden. Wie ARD-Korrespondent Ralf Lachmann berichtet, warteten das niederländische Königspaar, Regierungschef Mark Rutte und zahlreiche Angehörige auf dem Flughafen Eindhoven, als am Nachmittag ein Transportflugzeug die ersten Särge mit den sterblichen Überresten aus Charkow brachte. Kurz danach folgte eine australische Maschine. Beide waren am Morgen mit insgesamt 40 Särgen an Bord im ukrainischen Charkow gestartet.
Viele Niederländer kritisieren "sanfte Reaktion" gegenüber Russland
Wie der niederländische Historiker Hanco Jürgens sagt, beherrscht das Thema in den Niederlanden seit Tagen alle Medien. Die Zeremonie auf dem Flughafen von Eindhoven sei "sehr ergreifend" gewesen, sagte Jürgens am Mittwoch im Deutschlandradio Kultur. Allerdings sieht der Wissenschaftler auch die Gefahr einer "Instrumentalisierung", bei der sich das Königshaus und die niederländischen Politiker in Form einer "Puppenschau" präsentieren würden.
Andererseits sei die Überführung der Toten Bestandteil eines internationalen Konflikts. In diesem Zusammenhang hätten viele Niederländer in den vergangenen Tagen Kritik geübt wegen der "sanften Reaktion" von Ministerpräsident Rutte und Bundeskanzlerin Merkel. "In den Zeitungen liest man jetzt sehr viel und oft, dass man härter reagieren sollte gegenüber Russland", sagte der Historiker. Allerdings seien die Niederlande zu klein, um innerhalb Europas großen Einfluss auszuüben - und es gebe auch "ziemlich intensive" wirtschaftliche Beziehungen zu Russland, so dass man die niederländischen Interessen auch schützen möchte - "also, das ist ein sehr großes Dilemma".
Schweigeminute für die Toten
Mit einer Schweigeminute gedachten die über 1300 versammelten Menschen, allen voran König Willem-Alexander und Königin Máxima, der Opfer. Nach der Landung der beiden Maschinen spielte ein Trompeter auf dem Rollfeld den letzten Gruß. Das war auch das Signal für eine landesweite Schweigeminute. Von Groningen bis Maastricht stand das öffentliche Leben weitgehend still. Züge und Busse stoppten, der Luftraum war für rund 15 Minuten gesperrt. In Geschäften und Supermärkten wurde die Arbeit eingestellt.