Förderin der Brücke-Künstler
Das Hamburger Museum für Kunst und Gewerbe stellt in der Ausstellung "Rosa. Eigenartig grün" das Leben und die Sammlung der Kunsthistorikerin Rosa Schapire vor, die sich von 1907 bis zu ihrem Tod auf vielfältige Weise für expressionistische Künstler einsetzte.
Kurzes schwarzes Haar, große Augen, ein durchdringender Blick - so malt Karl Schmidt-Rottluff die Kunsthistorikerin Rosa Schapire im Jahr 1909.
Einige Jahre später zeigt er sie in streng-geschnittenem Kostüm in seinem Atelier. Und 1919 – da ist Rosa Schapire Mitte 40 - hält er sie in kräftigen Blau-Grün- und Rottönen fest, wie sie in einem Stuhl sitzt und gerade von einem Buch aufschaut.
Rosa Schapire - 1874 in Russland geboren und 1954 in London gestorben - hatte als eine der ersten Frauen in Deutschland Kunstgeschichte studiert und promoviert. Doch als wäre das im Kaiserreich noch nicht skandalös genug gewesen, war sie auch die erste, die eine Lanze brach für die jungen Künstler der "Brücke”. Und die sich damit stark machte für eine Kunst, die damals lautstark verhöhnt wurde, wie es die Ausstellungsleiterin Leonie Beiersdorf skizziert:
"Die Presse hat die frühen Werke verrissen. 'Scheußlich!', 'Wahnsinnig!', 'Schauderhaft!', 'Das könnte man sich nicht antun!'. Gerade bei Karl Schmidt Rottluff hieß es dann, ob der denn Birken überhaupt malen kann, oder was das denn sein soll - also das war ein ganz vehementes, ablehnendes Echo."
Erstmals widmet sich nun eine Ausstellung Rosa Schapire, stellt ihr Leben und ihre Kunstsammlung vor. Zahlreiche Fotografien, Briefe, Bücher und Zeitschriften belegen, wie unermüdlich die in Hamburg lebende Schapire um Verständnis für die zeitgenössische Kunst warb: Sie organisierte Ausstellungen, war Mitherausgeberin von Kunstzeitschriften, hielt Vorträge, schrieb Kritiken und Aufsätze, knüpfte Kontakte zwischen Sammlern und Künstlern.
Ihren ersten öffentlichen Auftritt hatte sie 1907 auf einem Kunsthistorikerkongress in Darmstadt. Völlig unbeeindruckt von den konservativen Professoren, denen eine Frau in ihren Reihen ebenso suspekt war wie das angebliche Gekritzel der Brücke-Künstler, hielt Schapire dort ein flammendes Plädoyer für den Expressionismus. Selbst ein aufgeklärter Mann wie Aby Warburg war von diesem Verhalten pikiert.
"Aby Warburg hat dann seiner Frau gegenüber auch diesen Ausspruch getan, dass Rosa Schapire sich 'eigenartig grün' benehmen würde, dieses 'Rosenknöspchen mit Tintenfüßchen'. ... Sie fanden also dieses unkonventionelle Auftreten einer Frau, die für die zeitgenössische Kunst streitet, die alleine auftritt, die unverheiratet war, doch einigermaßen seltsam und befremdlich."
Zeitlebens hatte Rosa Schapire mit solchen Vorurteilen zu kämpfen. Und weil sie in eine Außenseiter-Rolle gedrängt wurde, dürften sie gerade auch das Unkonventionelle der jungen Kunst fasziniert haben, ihr Sich-Lösen von alten Regeln, vermutet Leonie Beiersdorf. Rosa Schapire blieb keine Einzelkämpferin, sondern mobilisierte andere Frauen, die sie als Förderinnen der Expressionisten gewinnen konnte:
"Das sind alles Akademikerinnen, die Schapire geworben hat als weitere Förderinnen der Brücke, und die dann auch als Auftraggeberinnen für die Künstler interessant wurden. Also so wie Rosa Schapire, haben auch die anderen Frauen EX LIBRIS in Auftrag gegeben, Briefpapiere, Visitenkarten, und haben so ihren beruflichen Auftritt -, zu einer Zeit, da sie noch nicht wählen durften! -, eine sehr unkonventionelle, mutige Note verliehen."
Die Künstler bedankten sich für Schapires jahrzehntelanges Engagement mit Gemälden und Grafiken, kleinen Holzreliefs, selbstentworfenen Möbeln und Schmuck – Gegenstände, die nun im Zentrum der Ausstellung stehen. In einer Vitrine sieht man selbstgemachte Ketten aus Bernstein, sowie Ringe und Broschen aus Bronze. Und auf über 70 selbstentworfenen Postkarten berichten die Künstler von ihrer aktuellen Arbeit im Atelier, oder senden Grüße aus dem Urlaub.
Nach 1933 wurde es für Rosa Schapire schwierig in Hamburg: Die Jüdin erhielt Berufsverbot, durfte keine Vorträge mehr halten, und die Museen, die durch ihren Frauenverband zahlreiche Gemälde geschenkt bekommen hatten, verboten ihr jede weitere Kunstführung. Als die Nationalsozialisten 1935 Bilder von Schmidt-Rottluff im Museum für Kunst und Gewerbe konfiszierten, war sie die einzige, die sich dagegen wehrte und Aufklärung verlangte.
"Daraufhin wurde ihr ein Museumsverbot in beiden Häusern erteilt und sie musste sich dann öffentlich entschuldigen, und erst einige Monate später durfte sie beide Häuser wieder betreten. ... Das war eines von vielen Beispielen, wie mutig diese Frau - auch im Dritten Reich - aufgetreten ist."
Kurz vor Kriegsbeginn floh Schapire ins Londoner Exil. Ihre umfangreiche Kunstsammlung ging dabei zu großen Teilen verloren. Zwar konnte sie die Arbeiten ihres Lieblingskünstlers Schmidt-Rottluff retten - dies erklärt, weshalb er so stark in der Ausstellung vertreten ist. Den größten Teil jedoch - Möbel, Bücher, sowie umfangreiche Grafikmappen von Kirchner, Heckel, Pechstein, Grammaté und anderen - musste sie in einem Schuppen im Hamburger Freihafen einlagern. Der wurde kurz nach Kriegsbeginn von den Nationalsozialisten aufgebrochen, Schapires Besitz enteignet und öffentlich versteigert.
"Es gibt Unterlagen im Staatsarchiv, die das alles belegen, und die dann auch noch Namen geben, wo die einzelnen Posten hingegangen sind. Aber schon direkt nach Kriegsende, als Rosa Schapire Nachforschungen anstellen ließ, haben sich da doch die Spuren verloren."
So erinnert die Ausstellung nicht nur erstmals an eine ungewöhnliche und ungewöhnlich mutige Frau. Sie macht nicht nur erstmals sämtliche ihrer 240 veröffentlichten Aufsätze an Computern zugänglich. Sie zeigt auch, dass die Rückgabe enteigneten jüdischen Eigentums hierzulande nach wie vor ein ungelöstes Problem ist.
Einige Jahre später zeigt er sie in streng-geschnittenem Kostüm in seinem Atelier. Und 1919 – da ist Rosa Schapire Mitte 40 - hält er sie in kräftigen Blau-Grün- und Rottönen fest, wie sie in einem Stuhl sitzt und gerade von einem Buch aufschaut.
Rosa Schapire - 1874 in Russland geboren und 1954 in London gestorben - hatte als eine der ersten Frauen in Deutschland Kunstgeschichte studiert und promoviert. Doch als wäre das im Kaiserreich noch nicht skandalös genug gewesen, war sie auch die erste, die eine Lanze brach für die jungen Künstler der "Brücke”. Und die sich damit stark machte für eine Kunst, die damals lautstark verhöhnt wurde, wie es die Ausstellungsleiterin Leonie Beiersdorf skizziert:
"Die Presse hat die frühen Werke verrissen. 'Scheußlich!', 'Wahnsinnig!', 'Schauderhaft!', 'Das könnte man sich nicht antun!'. Gerade bei Karl Schmidt Rottluff hieß es dann, ob der denn Birken überhaupt malen kann, oder was das denn sein soll - also das war ein ganz vehementes, ablehnendes Echo."
Erstmals widmet sich nun eine Ausstellung Rosa Schapire, stellt ihr Leben und ihre Kunstsammlung vor. Zahlreiche Fotografien, Briefe, Bücher und Zeitschriften belegen, wie unermüdlich die in Hamburg lebende Schapire um Verständnis für die zeitgenössische Kunst warb: Sie organisierte Ausstellungen, war Mitherausgeberin von Kunstzeitschriften, hielt Vorträge, schrieb Kritiken und Aufsätze, knüpfte Kontakte zwischen Sammlern und Künstlern.
Ihren ersten öffentlichen Auftritt hatte sie 1907 auf einem Kunsthistorikerkongress in Darmstadt. Völlig unbeeindruckt von den konservativen Professoren, denen eine Frau in ihren Reihen ebenso suspekt war wie das angebliche Gekritzel der Brücke-Künstler, hielt Schapire dort ein flammendes Plädoyer für den Expressionismus. Selbst ein aufgeklärter Mann wie Aby Warburg war von diesem Verhalten pikiert.
"Aby Warburg hat dann seiner Frau gegenüber auch diesen Ausspruch getan, dass Rosa Schapire sich 'eigenartig grün' benehmen würde, dieses 'Rosenknöspchen mit Tintenfüßchen'. ... Sie fanden also dieses unkonventionelle Auftreten einer Frau, die für die zeitgenössische Kunst streitet, die alleine auftritt, die unverheiratet war, doch einigermaßen seltsam und befremdlich."
Zeitlebens hatte Rosa Schapire mit solchen Vorurteilen zu kämpfen. Und weil sie in eine Außenseiter-Rolle gedrängt wurde, dürften sie gerade auch das Unkonventionelle der jungen Kunst fasziniert haben, ihr Sich-Lösen von alten Regeln, vermutet Leonie Beiersdorf. Rosa Schapire blieb keine Einzelkämpferin, sondern mobilisierte andere Frauen, die sie als Förderinnen der Expressionisten gewinnen konnte:
"Das sind alles Akademikerinnen, die Schapire geworben hat als weitere Förderinnen der Brücke, und die dann auch als Auftraggeberinnen für die Künstler interessant wurden. Also so wie Rosa Schapire, haben auch die anderen Frauen EX LIBRIS in Auftrag gegeben, Briefpapiere, Visitenkarten, und haben so ihren beruflichen Auftritt -, zu einer Zeit, da sie noch nicht wählen durften! -, eine sehr unkonventionelle, mutige Note verliehen."
Die Künstler bedankten sich für Schapires jahrzehntelanges Engagement mit Gemälden und Grafiken, kleinen Holzreliefs, selbstentworfenen Möbeln und Schmuck – Gegenstände, die nun im Zentrum der Ausstellung stehen. In einer Vitrine sieht man selbstgemachte Ketten aus Bernstein, sowie Ringe und Broschen aus Bronze. Und auf über 70 selbstentworfenen Postkarten berichten die Künstler von ihrer aktuellen Arbeit im Atelier, oder senden Grüße aus dem Urlaub.
Nach 1933 wurde es für Rosa Schapire schwierig in Hamburg: Die Jüdin erhielt Berufsverbot, durfte keine Vorträge mehr halten, und die Museen, die durch ihren Frauenverband zahlreiche Gemälde geschenkt bekommen hatten, verboten ihr jede weitere Kunstführung. Als die Nationalsozialisten 1935 Bilder von Schmidt-Rottluff im Museum für Kunst und Gewerbe konfiszierten, war sie die einzige, die sich dagegen wehrte und Aufklärung verlangte.
"Daraufhin wurde ihr ein Museumsverbot in beiden Häusern erteilt und sie musste sich dann öffentlich entschuldigen, und erst einige Monate später durfte sie beide Häuser wieder betreten. ... Das war eines von vielen Beispielen, wie mutig diese Frau - auch im Dritten Reich - aufgetreten ist."
Kurz vor Kriegsbeginn floh Schapire ins Londoner Exil. Ihre umfangreiche Kunstsammlung ging dabei zu großen Teilen verloren. Zwar konnte sie die Arbeiten ihres Lieblingskünstlers Schmidt-Rottluff retten - dies erklärt, weshalb er so stark in der Ausstellung vertreten ist. Den größten Teil jedoch - Möbel, Bücher, sowie umfangreiche Grafikmappen von Kirchner, Heckel, Pechstein, Grammaté und anderen - musste sie in einem Schuppen im Hamburger Freihafen einlagern. Der wurde kurz nach Kriegsbeginn von den Nationalsozialisten aufgebrochen, Schapires Besitz enteignet und öffentlich versteigert.
"Es gibt Unterlagen im Staatsarchiv, die das alles belegen, und die dann auch noch Namen geben, wo die einzelnen Posten hingegangen sind. Aber schon direkt nach Kriegsende, als Rosa Schapire Nachforschungen anstellen ließ, haben sich da doch die Spuren verloren."
So erinnert die Ausstellung nicht nur erstmals an eine ungewöhnliche und ungewöhnlich mutige Frau. Sie macht nicht nur erstmals sämtliche ihrer 240 veröffentlichten Aufsätze an Computern zugänglich. Sie zeigt auch, dass die Rückgabe enteigneten jüdischen Eigentums hierzulande nach wie vor ein ungelöstes Problem ist.