Hochwasser und Hitzewellen
Hochwasser in Norddeutschland, Hitzewellen in Berlin und neue lästige Insektenarten in der Natur: In Berlin wurde eine Studie vorgestellt, die zeigt, wo der Klimawandel Deutschland besonders weh tun wird. Bezeichnenderweise heißt sie "Vulnerabilitätsstudie".
Um höchstens zwei Grad Celsius darf die globale Mitteltemperatur in diesem Jahrhundert steigen, warnen die Wissenschaftler – und mit dem Wunsch, dieses so genannte Zwei-Grad-Ziel verbindlich festzulegen und die weltweiten CO2-Emissionen zu reduzieren, will auch die Bundesumweltministerin nun nach Paris fahren, zur Klimakonferenz der Vereinten Nationen. Barbara Hendricks reist übrigens ganz klimafreundlich – auf der Schiene:
"Ich werde mit der deutschen Delegation am Samstag mit dem Zug nach Paris fahren. Und in der kommenden Woche habe ich dann die Freude und Ehre, dem Deutschen Bundestag in einer Regierungserklärung die Position der Bundesregierung ausführlich darzulegen."
So kündigte die SPD-Politikerin heute Vormittag im Bundestag an. Die internationale UN-Konferenz ist das eine, doch welche, schon jetzt absehbaren Folgen wird der Klimawandel eigentlich bei uns haben? Gravierende, heißt es aus dem Bundesumweltministerium. Die Bevölkerung wird immer älter, die Sommerzeiten immer heißer. Paul Becker, Vizepräsident des Deutschen Wetterdienstes, fordert ein Umdenken gerade mit Blick auf deutsche Großstädte und Ballungsgebiete. Und er erinnert an die Hitzetoten in Frankreich vor über zehn Jahren:
"Wer ein bisschen zurückdenkt, 2003 in Paris – dann weiß man, was da passieren kann. Das Gesundheitssystem wird sich also ändern müssen. Aber wir werden uns sicherlich auch ganz neue Gedanken machen müssen. Sowas wie Nachbarschaftshilfe und all sowas. Da besteht richtig Handlungsbedarf. Ich sag immer, da rasen zwei Züge aufeinander zu: Der eine Zug heißt Klimawandel mit seinen immer mehr werdenden extrem heißen Tagen, und das andere ist die demographische Entwicklung."
Die Stadtplanung muss den Klimawandel mitbedenken
Vor allem ältere Menschen werden also unter dem Klimawandel leiden. Stadt- und Entwicklungsplaner müssen deshalb den Klimawandel verstärkt mitbedenken, sagt der Wetter-Experte Becker: Mehr Schatten, mehr Grünflächen, mehr begrünte Dächer könnten eine Maßnahme sein.
All das ist das Ergebnis der so genannten Vulnerabilitäts-Analyse, die heute im Bundesumweltministerium vorgestellt wurde. Sie beschreibt, wie verletzlich Deutschland gegenüber dem Klimawandel ist: Hochwasser in Norddeutschland, sowie Hitzewellen in Berlin und im Rheintal werden laut der Analyse zunehmen. Gesundheitliche Folgen entstehen aber auch durch Veränderungen im Pflanzen- und Tierbereich, sagt Maria Krautzberger, Präsidentin des Umweltbundesamtes:
"Sie kennen das Beispiel der Tigermücke, die im Rheingraben schon identifiziert haben. Krankheitserreger wie Zecken oder Nager, die sich ausbreiten, beziehungsweise Ambrosia. Der Klimawandel begünstigt einfach das Eindringen solcher Arten, und letztlich ist das auch eine Folge der Globalisierung."
Im Auftrag der Bundesregierung haben unter anderem 16 Bundesbehörden an der Studie mitgearbeitet. Gesundheit, Verkehr, Stadtwesen und vieles mehr: Unterm Strich gibt es kaum einen Bereich, der in Deutschland nicht vom Klimawandel betroffen sein wird. Doch reichen die Gegenmaßnahmen aus? Nein sagt, Anton Hofreiter, Fraktionschef der Grünen im Bundestag:
"Wenn man die Zahlen ernst nimmt, muss man leider feststellen, dass die Bundesregierung dabei ist, die Klimaschutzziele für Deutschland zu verfehlen, und das wäre ein fatales Zeichen direkt vor der Weltklimakonferenz."
Sagte Hofreiter unserem Programm erst vor wenigen Tagen. Mithilfe der Energiewende will die Bundesregierung zwar gegensteuern, doch ob die deutschen Klimaschutzziele rechtzeitig erreicht werden, daran haben nicht wenige Experten in durchaus Zweifel.