Americana Troubadour

Mary Gauthier muss sich in Interviews meistens als erstes über ihre Homosexualität, dann über ihr Leben auf der Straße und ihre frühere Alkoholsucht auslassen. Erst dann darf sie über ihre Musik sprechen. Wie aus einem Guss sei ihr Leben mit ihren Songs verbunden, stellten die Kritiker fest.

Es ist immer wieder der Schmerz der Trennung, den Mary Gauthier zum Thema macht. Das war für sie, seitdem sie Musik macht, eine Art Ventil, ihren eigenen Schmerz zu verarbeiten. Denn wenn man einer Songwriterin Lebenserfahrung nachsagen kann, dann Mary Gauthier. Es sind allerdings eher die Dinge, über die man nicht so gerne spricht: über die Kindheit bei Adoptiveltern in einem kleinen Nest in Louisiana, das spätere Leben auf der Straße, nachdem sie mit 15 ihr erstes Auto geknackt hatte, weil sie es zuhause nicht mehr aushielt. Über Alkohol, Gefängnis, die Einsamkeit einer gesellschaftlich Isolierten.

Die Musik war ein Rettungsanker, eine eigene Welt, in der Gauthier selbst die Regeln aufstellt. Sie verkaufte ihr Cajun-Restaurant und veröffentlichte ihr erstes Album, das Vergleiche mit Townes van Zandt nach sich zog. Den Finger auf die Wunde legen, diesem Prinzip ist sie treu geblieben. Die musikalischen Wurzeln des Country und Folk sind ihr wichtig. Möglicherweise verwirrt die Vielfalt auf diesem Album, wenn Gauthier ihren großen musikalischen Bogen schlägt, der sich unter dem Begriff Americana zusammenfassen lässt.

Ihre dunkle und doch fragile Stimme gewährt einen tiefen Einblick in die Seele dieser Frau, die die gnadenlosen Abgründe ebenso kennt wie die zarten Triebe der Hoffnung. Und dieses Aufkeimen von Hoffnung schafft Mary Gauthier mit jedem ihrer Songs. Es steckt soviel Trost und Beistand in ihren Worten, dass man beim Hören sofort einen heilsamen Prozess spürt, von was auch immer.