Klänge wie ein weicher Waldboden
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Die Geburt ihrer Kinder habe sie über Vieles neu nachdenken lassen, sagt Folkmusikerin Rachael Dadd. Auf dem neuen Album "Flux" beschäftigt sie sich ebenso poetisch wie kritisch mit Fortschrittsglaube, Flüchtlingselend und der Macht der Natur.
"Brauchen wir nicht alle die "anderen", mit denen wir uns verbinden? Andere, die wir beschützen?" Mit diesen rhetorischen Fragen beginnt das neue Album von Rachael Dadd. Und auch, wenn es nicht explizit ausgesprochen wird: "Flux" ist ein Album der Mutterschaft. Auf eine freie und eher diskrete Art und Weise, erzählt es von den Sorgen, Freuden und Fragen einer Mutter, die plötzlich Verantwortung hat, in und für eine Welt, in der ihre Kinder aufwachsen werden.
"Wir sind alle so besessen vom Fortschritt, wollen immer nur weiter, weiter, weiter. Ich habe das Gefühl, die Leute sind blind geworden für das Wesentliche und setzen völlig falsche Prioritäten, was ihre Werte angeht."
Rachael Dadd hatte gerade ihren ersten Sohn geboren, als die Flüchtlingskrise in Europa ihren Zenit erreichte. Die Bilder in den Medien, schutzlos ausgelieferte junge Familien mit Babys und Kleinkindern, erschütterten die junge Mutter und spiegelten auf schmerzliche Weise auch ihre eigenen Probleme wider.
Zermürbender Kampf ums Bleiberecht für ihren Mann
Ihr japanischer Mann und Vater des Kindes bekam zunächst kein Aufenthaltsvisum in England, es folgten zermürbende Kämpfe um das Zertifikat und damit um die Zukunft ihrer eigenen Kinder: Was wäre, wenn auch ich meine Heimat verlassen müsste? Wenn meine Kinder nicht in dem Land aufwachsen könnten, das mich geprägt hat? Wenn ich ihre und "meine Wurzeln abschneiden" müsste, wie es in dem Song "Cut My Roots" heißt.
Immerhin: "In unseren Herzen können wir frei sein", singt Rachael Dadd, wissend, dass das allein nicht reicht. Musik! Da kommt sie der Sache mit der "echten" Freiheit schon näher. Und der heilenden Macht der Gemeinschaft.
"Ich zapfe das kollektive Gewissen an"
Wo Menschen, gleich welcher Herkunft und Prägung, zusammenkommen, um sich durch Musik zu verbinden, wächst die Hoffnung, sich auch in anderen Bereichen als schützende sowie schutzbedürftige Einheit zu begreifen. Stichworte: Klima und Natur.
"Auf meinem Album zapfe ich unser kollektives Gewissen an. Und das verändert sich gerade. Wir wenden uns wieder der Natur zu, weg von der menschengemachten Welt. Es ist wie eine Welle, die losgeht und immer weiter schwappt und das gibt mir Hoffnung."
Auch die Geburt des zweiten Sohnes bringt, bei aller Freude, einige Komplikationen mit sich. Rachael Dadd ist nach einem komplizierten Kaiserschnitt physisch eingeschränkt und sehnt sich verstärkt nach einer positiven Kraft "von außen". In elf eigenwilligen Songs zwischen akustischer Minimal Music, traditionellem Folk und so etwas wie Kinderzimmer-Jazz beamt sie sich deshalb in unbekannte, märchenhafte Länder.
Beschützende Mutter Natur
Malt zarte Landschaften mit ihrer luftigen Stimme und fängt mit den Fingerspitzen den Rhythmus der ziehenden Wolken ein. Ein wenig entrückt klingt das und doch auch körperlich, nach genau dem braunen weichen Waldboden, der ihr im Alltag Halt gegeben hat.
"Ich konnte in den Wald in der Nähe meines Hauses gehen und habe mich dort so aufgehoben gefühlt. Verbunden mit etwas Größerem, beschützt, so als ob sich jemand um mich kümmert und mir vergibt, für all die Male, wenn ich grausam bin."
Die Mutter Natur, die ihre Tiere beschützt. Und diese Tiere wiederum sind selbst Mütter. Im Song "Animal", dem bewegendsten des Albums, schimmert jene Dankbarkeit durch, die Rachael Dadds Musik ihre innere Stärke gibt. Eine Akzeptanz der eigenen Grenzen angesichts der höheren Wahrheit, dass nichts jemals stillsteht, dass auch schwierige Zeiten immer in "Flux" sind. Die Natur kann uns so viel geben, betont sie. Und dass die meisten Menschen genau das vergessen hätten: Wo sie herkommen, wenn alles anfängt und wohin sie gehen, wenn alles einmal zu Ende ist.